
1. Strafzettel & Mahnung
Je nach Bundesland unterscheidet sich das Vorgehen. In Sachsen beispielsweise klemmt lediglich der Hinweis hinter dem Scheibenwischer, dass die Zahlungsaufforderung, das so genannte Verwarngeld, dem Halter des Wagens per Post zugestellt wird. In Berlin ist der Strafzettel direkt an die Zahlungsaufforderung gekoppelt.
Sollte der Zettel nun wegwehen, der Halter ihn verlieren oder er geklaut worden sein, besteht aber kein Grund zur Panik: Per Post verschickt die zuständige Behörde nach Ablauf der ersten Frist ein Anhörung mit der Möglichkeit der Zahlung des Verwarngeldes; diese zunächst ohne zusätzliche Mahngebühr. Hier kann man sich - statt zu bezahlen - zum Sachverhalt äußern, wenn man meint, dass der Vorwurf unberechtigt ist.
Wer als Halter aber nur einwenden will, dass er selber nicht der Fahrer war, sollte die Sinnhaftigkeit dieses Schritts erst mal überprüfen. Denn wenn die Behörde den Fahrer nicht ermitteln kann, stellt sie zwar das Verfahren ein, der Halter erhält jedoch einen Bescheid über ca. 20 Euro für die Verwaltungskosten, den so genannten Kostenbescheid. Ist das Verwarngeld also geringer, ergibt es keinen Sinn zu leugnen, dass man nicht der Fahrer war. Zumindest dann nicht, wenn man den eigentlichen Fahrer nicht benennen kann.
Sollte sich der Halter des Fahrzeugs allerdings nicht gerührt haben, verschickt die zuständige Verwaltungsbehörde den Bußgeldbescheid.
2. Bußgeldbescheid
Hält die Behörde den Halter für den Fahrer oder kann sie den Fahrer ermitteln und wird auf den Verwarngeldbescheid nicht reagiert, erlässt die Behörde einen in einem gelben Umschlag verschickten Bußgeldbescheid. Es sind drei Reaktionen möglich:
Man bezahlt. Die zu begleichende Summe ist nun höher als der Strafzettel. Wenn man aber bezahlt, hat sich der Fall erledigt – außer man ist latenter Strafzettelsammler.
Man erhebt Einspruch. Innerhalb von zwei Wochen muss der Einspruch des Fahrzeughalters bei der zuständigen Bußgeldbehörde eingegangen sein. „Wenn man etwa selber nicht der Fahrer war, sollte dann auf jeden Fall Einspruch eingelegt werden“, sagt Christian Janeczek, Fachanwalt für Verkehrsrecht und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Und das auch dann, wenn man nicht wisse, wer gefahren sei. Das passiere etwa bei Dienstwagen ohne Fahrtenbuch.
Die Behörde entscheidet dann, inwieweit sie den Angaben glaubt beziehungsweise ob es Anhaltspunkte gibt, die dem widersprechen. Sollte es keine anderweitigen Beweise geben, wird das Verfahren eingestellt. Zahlen muss der Halter allerdings trotzdem: den bereits erwähnten Kostenbescheid. Lesen Sie unter 3 b) was passiert, sollte die Behörde das Verfahren nicht einstellen.
Man erhebt keinen Einspruch, zahlt aber auch nicht. Lässt man die Frist verstreichen, zahlt aber auch nicht, könnte bald die heimische Klingel ertönen...
3. Amtsgericht oder Gerichtsvollzieher
a) Gerichtsvollzieher
... Denn dann schaut unter Umständen der Gerichtsvollzieher vorbei und prüft, ob nicht gezahlt werden will oder nicht gezahlt werden kann. „Sollte die betroffene Person wirklich nicht zahlen können, muss sie eine eidesstattliche Versicherung darüber abgeben. Dann würde sie der Zahlpflicht entbunden werden, wenn nichts pfändbares vorhanden ist“, erklärt Rechtsanwalt Janeczek. Wer dagegen in der Lage sei zu zahlen, sich aber beharrlich weigere, würden ganz andere Folgen drohen, weiß der Fachanwalt für Verkehrsrecht: der Knast (Punkt 4).
b) Amtsgericht
Sollte die Bußgeldbehörde den erhobenen Einspruch dagegen nicht anerkennen, treffen sich die Streitparteien vor Gericht wieder. Hier muss der Amtsrichter entscheiden, ob er sich davon überzeugen kann, dass der Halter auch derjenige war, der das Fahrzeug abgestellt hat. Christian Janeczek: „Im Normalfall stellt der Richter das Verfahren hier ein. Meist ist es schwierig zu beweisen, dass der Halter auch der Fahrer war.“ Ausnahmen habe es in der Vergangenheit gleichwohl gegeben, bei hochexklusiven Fahrzeugen wie Oldtimern. „Bei diesen ist es nach häufiger Ansicht bei Gericht unwahrscheinlich, dass sie verliehen werden und der Halter nicht auch der Fahrer ist“, so Janeczek.
So der Richter dem Halter aber nicht glaubt und ihn zur Zahlung verurteilt, bleibt diesem nichts anderes übrig als den Betrag zu entrichten. Die Möglichkeit einer Rechtsbeschwerde besteht dann nur in sehr seltenen Ausnahmefällen. Ist das Urteil rechtskräftig, wird ebenso vollstreckt, wie ein Bußgeldbescheid.
4. Knast: die Erzwingungshaft
Für den, der sich beharrlich der Zahlung verweigert – auch wenn er dazu die Mittel hat und trotzdem bei ihm nicht vollstreckbar ist – sieht das Bußgeldverfahren eine spezielle Haftstrafe vor: die Erzwingungshaft. „Natürlich ist es ein exotischer Fall, dass jemand lieber hinter Gitter sitzt als den in der Regel vergleichsweise geringen Betrag zu bezahlen“, weiß Verkehrsrechtsexperte Janeczek. Nichtsdestotrotz ist das schon vorgekommen.
Wie lange eine Person diese Art der Haft antreten muss, richtet sich nach dem Einzelfall. Laut Ordnungswidrigkeitengesetz (§ 96) kann das bis zu sechs Wochen sein, bei Mehrfachvergehen sogar bis zu drei Monate, bei der geringen Höhe des Bußeldes in diesem Fall kann man aber eher von einem Zeitraum zwischen einem und 14 Tagen ausgehen. Diese Form der Haft kann jederzeit abgebrochen werden: wenn der Betroffene den geforderten Geldbetrag bezahlt. Aber selbst wenn er das nicht tut, entbindet die Haft nicht von der Zahlungspflicht. Denn die Erzwingungshaft ist dafür da, um den Willen des Betroffenen zu brechen.
- Datum
- Aktualisiert am
- 07.12.2018
- Autor
- ndm/red