Wer bei einer beruflichen Tagung zu tief ins Glas schaut und deswegen stürzt, muss dies als Arbeitsunfall anerkannt bekommen. Dieser Ansicht ist das Sozialgericht Heilbronn in einer am Montag (7. Juli) veröffentlichten Entscheidung. Kläger war in dem Fall ein 58 Jahre alter Betriebsrat eines internationalen Konzerns mit Sitz in der Region Stuttgart.
Im April 2010 hatte in einem Hotel eine dreitägige Betriebsräte-Versammlung stattgefunden. Diese dauerte am ersten Abend bis gegen 19.30 Uhr. Mit einem Blutalkoholspiegel von 1,99 Promille stürzte der Kläger in der Nacht im Treppenhaus des Tagungshotels. Er kam mit Kopf- und Lungenverletzungen bewusstlos in die Notaufnahme. Danach war er längere Zeit arbeitsunfähig.
Die Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall ab: Der Kläger habe sich zum Unfallzeitpunkt in alkoholisiertem Zustand befunden und nicht bewiesen, dass er dabei einer betrieblichen Tätigkeit nachgegangen sei. Der Kläger gab an, sich nicht mehr an den Unfallhergang erinnern zu können. Es sei auf der Tagung üblich, auch beim abendlichen geselligen Zusammensein unter Kollegen über betriebliche Belange zu sprechen.
Das Sozialgericht Heilbronn verpflichtete die Berufsgenossenschaft ETEM (Energie, Textil, Elektro, Medienerzeugnisse) nun, den Sturz auf der Tagung als Arbeitsunfall anzuerkennen. Beim geselligen Beisammensein sei auch Dienstliches besprochen worden. Im Übrigen habe sich der Arbeitsunfall auf dem Rückweg zum Hotelzimmer ereignet.
Dieser „Arbeitsweg“ sei hier selbst dann unfallversichert, wenn der Kläger im Hotel nach „Ende des offiziellen Teils“ nur private Gespräche geführt hätte. Denn bei beruflichen Tagungen sei regelmäßig eine klare Trennung zwischen privaten und betrieblichen Belangen nicht möglich. Der Versicherungsschutz sei auch nicht durch den Alkoholkonsum entfallen.
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