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Analphabet hat keinen Anspruch auf famili­en­ge­richt­lichen Betreuer

(DAV). Menschen mit geistigen oder körper­lichen Behinde­rungen haben ebenso wie solche mit psychischen Erkran­kungen oft Probleme, ihre Angele­gen­heiten zu regeln. Daher sieht das Famili­enrecht vor, dass Betroffenen ein Betreuer zur Seite gestellt wird. Dies kann auf Antrag der Personen selbst geschehen oder aber durch andere.

Personen, die nicht lesen oder schreiben können, bleibt diese Möglichkeit verwehrt. Analpha­be­tismus ist keine geistige Behinderung, so dass Betroffene keinen Anspruch auf eine Betreuung haben. Dies hat das Landgericht Kleve entschieden, wie die Arbeits­ge­mein­schaft Famili­enrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) mitteilt.

Der Fall

Ein Analphabet wünschte eine Betreuung. Er könne seine Angele­gen­heiten nicht sachgerecht selbst erledigen. Dadurch befürchte er Nachteile, vor allem im Verhältnis zu seiner geschiedenen Frau. Sobald die Trennung endgültig geregelt sei und er eine neue Wohnung gefunden habe, wolle er lesen und schreiben lernen. Der Mann ist weder geistig noch körperlich behindert.

Keine Betreuung für Analphabeten

Sowohl das Amts- als auch das Landgericht haben den Antrag des Betroffenen abgelehnt. Um einer Betreuung zuzustimmen, müsse eine psychische Krankheit oder eine körperliche, geistige oder seelische Behinderung vorliegen, die es dem Betroffenen unmöglich mache, seine Angele­gen­heiten selbst zu besorgen. „Analpha­be­tismus ist aber weder ein angeborenes noch ein erworbenes Intelli­genz­defizit“, begründete das Gericht seine Entscheidung. Das Nicht-Erlernen des Lesens und Schreibens sei kein Anzeichen einer geistigen Behinderung. Der Hausarzt des Mannes habe ausdrücklich abgelehnt, geistige Defizite zu attestieren. Dies zeige auch der Umstand, dass der Mann selbst plane, einen Alphabe­ti­sie­rungskurs zu besuchen.

Etwa die Hälfte der Weltbe­völ­kerung seien Analphabeten. Probleme im Geschäfts- und Rechts­verkehr habe der Gesetzgeber durchaus gesehen. Dafür habe er weitere Möglich­keiten geschaffen. So könnten beispielsweise Analphabeten statt Unterschrift ein notariell beglau­bigtes Handzeichen setzen.

Landgericht Kleve am 7. März 2013 (AZ: 4 T 29/13)

Quelle: www.dav-famili­enrecht.de

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