Anwältin/Anwalt suchen!

Merkzettel

Es befinden sich noch keine Anwälte in Ihrer Merkliste.

Tipps&Urteile

Abbruchkante auf Radweg – abhilfe­be­dürftige Gefahren­stelle

(red/dpa). Welcher abendliche Radfahrer hat sich nicht schon einmal über schlecht gesicherte Radwege geärgert. Doch wie weit geht die Verkehr­si­che­rungs­pflicht des für den Radweg Verant­wort­lichen eigentlich? Gehört eine fünf Zentimeter hohe Betonab­bruchkante dazu?

Eine solche Kante muss gesichert werden, entschied das Oberlan­des­gericht Hamm, wie die Arbeits­ge­mein­schaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) berichtet.

Ein Radfahrer fuhr abends auf einem für Fahrräder frei gegebenen, unbeleuchteten Uferweg. An einer fünf Zentimeter hohen, in Fahrtrichtung schräg verlau­fenden Betonkante glitt sein Vorderrad ab, und er stürzte. Bei dem Sturz zog sich der Fahrer eine Fraktur des linken Knies, eine Finger­ver­renkung sowie Prellungen an der linken Hand zu. Er klagte auf materiellen Schadens­ersatz in Höhe von rund 3.300 Euro und auf Schmer­zensgeld in der Größen­ordnung bis 6.500 Euro.

Verkehrs­si­che­rungs­pflicht beachten

Vor Gericht hatte der Mann mindestens teilweise Erfolg. Die für die Instand­haltung in diesem Abschnitt Verant­wort­lichen – die Stadt sowie der dort ansässige Bootsverein – hätten ihre Verkehrs­si­che­rungs­pflicht verletzt.

Der hinzuge­zogene Gutacher hatte dazu erläutert: An der Stelle der Abbruchkante wechsele die aus gestampfter Erde bestehende Oberfläche des Uferweges in einen Betonbelag. Wenn der Übergang passiert sei, sei der Radweg mindestens für einen geübten Radfahrer gut befahrbar. Die Abbruchkante zu Beginn der Betonfläche könne allerdings den Sturz mit einem Fahrrad herbei­führen, wenn das Vorderrad in einem so ungünstigen Winkel auf die Kante treffe, dass es daran abgleite und dadurch das Fahrrad instabil oder der Gerade­auslauf unmöglich werde. Der Fahrer müsse daher an dieser Stelle besonders aufmerksam sein. Das werde ihm bei Dunkelheit durch die fehlende Beleuchtung des Weges erschwert. Die Abbruchkante sei dann im Halogen­schein­wer­ferlicht erst aus zehn Metern Entfernung zu erkennen.

Die Betonkante stelle daher „abhilfe­be­dürftige Gefahren­stelle“ dar, so die Richter. Sie müsse beseitigt werden, mindestens aber müsse in ausrei­chendem Abstand davor gewarnt werden. 

Schild ‚Benutzung auf eigene Gefahr’ ist zu wenig

Es reiche jedoch nicht aus, dass im Verlauf des Weges ein Schild darauf hinweise, dass die Benutzung des Weges auf eigene Gefahr erfolge. Dieser Hinweis sei zu pauschal, um den Benutzer für die konkrete Gefahr im Bereich der Bootstreppe zu sensibi­li­sieren und vor ihr zu warnen. 

Teilschuld des Radfahrers

Allerdings habe der Radfahrer die den Sichtver­hält­nissen angepasste Geschwin­digkeit überschritten: Angesichts des unbeleuchteten Weges hätte er in der Dunkelheit das Sichtfahrgebot beachten müssen. Daher trage der Fahrrad­fahrer  eine Mitschuld von 50 Prozent.

Das Sichtfahrgebot erfülle nur dann seinen Zweck, wenn der Radfahrer die vor ihm liegende Strecke stets aufmerksam beobachte. Lenke ihn die Umgebung ab oder müsse er besonders aufmerksam fahren, weil er den Weg – wie hier – zum ersten Mal befahre, habe er seine Geschwin­digkeit noch weiter zu reduzieren. 

Oberlan­des­gericht Hamm am 29. August 2014 (AZ: 9 U 78/13)

Rechts­gebiete
Verkehrsrecht Verkehrs­ver­si­che­rungsrecht Verkehrs­ver­wal­tungsrecht

Zurück