Dies ist dann ein Fall eines „So-Nicht-Unfalls“. Das hat das Oberlandesgericht OLG Hamm entschieden, wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt (AZ: 9 U 53/13).
Gericht: So nicht!
Zwei Autofahrer hatten in der Hagener Innenstadt einen Unfall, der von der Polizei aufgenommen wurde. Der eine Fahrer verlangte rund 8.800 Euro Schadensersatz. In Übereinstimmung schilderten beide den Unfall so, dass das Fahrzeug der späteren Beklagten beim Linksabbiegen zu weit nach rechts auf die vom Kläger befahrene rechte Fahrspur geraten, dabei gegen die vordere linke Seite des anderen Fahrzeug gestoßen und dann an dessen linker Fahrzeugseite entlang geschrammt sei.
Ebenso wie das Landgericht holte das OLG ein verkehrsunfallanalytisches Sachverständigengutachten ein und wies die Klage aufgrund dieses Gutachtens ab. Am Unfalltage sei es zwar zu einer Kollision der beteiligten Fahrzeuge gekommen. Der vom Kläger geschilderte Unfallverlauf werde von den am Unfallgeschehen beteiligten Parteien und von Zeugen bestätigt und stimme auch mit den in der polizeilichen Unfallanzeige festgehalten Angaben überein. Allerdings könnten die Schäden am Fahrzeug des Klägers gar nicht oder zumindest zum Teil nicht durch diesen Unfall entstanden sein.
Kein Schadensersatz bei falschen Angaben zum Unfall
Der Sachverständige habe zwar die Schadensspuren an beiden Fahrzeugen einander zuordnen können. Er habe allerdings auch festgestellt, dass die Schäden nicht bei dem vorgetragenen Unfallgeschehen hätten entstehen können: Vielmehr habe das Fahrzeug des Klägers gestanden und sei nicht bewegt worden, als es beschädigt worden sei. Der Mann habe daher keinen Anspruch auf Schadensersatz. Es gebe keinen Schaden, der dem vorgetragenen Unfallgeschehen zuzuordnen sei.
Nach Verkehrsunfall: Falsche Angaben können berichtigt werden
Wer nach einem Verkehrsunfall gegenüber der Kaskoversicherung falsche Angaben macht, riskiert den Versicherungsschutz. Berichtigt man seine zunächst gemachten Angaben allerdings gegenüber der Versicherung, bleibt der Versicherungsschutz bestehen. Denn dann liegt keine so genannte Obliegenheitsverletzung gegenüber der Versicherung vor, so das OLG Köln am 28. Juni 2016 (AZ: 9 U 4/16). Die Korrektur falscher Angaben gegenüber der Versicherung kann auch durch die Vorlage eines Gutachtens geschehen, erläutert die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht.
Der Fall: Falsche Angaben nach zweieinhalb Monaten mit Gutachten korrigiert
Der Betroffene hatte einen Wildunfall und wollte den Schaden an seinem Auto von seiner Kaskoversicherung ersetzt bekommen. Im Unfallfragebogen gab er an: „reparierte Vorschäden: mehrere; unreparierte Vorschäden: keine“. Die Versicherung fragte nach, um welche Vorschäden es sich handele. Darauf antwortete der Mann nicht.
Zweieinhalb Monate nach dem Unfall – noch vor der Schadensregulierung – überließ er der Versicherung das Gutachten eines Sachverständigen. Das Gutachten führte einen unreparierten Vorschaden an der Motorhaube aus. Die Versicherung zahlte daraufhin nicht. Der Mann klagte, scheiterte jedoch vor dem Landgericht. Die Begründung: arglistige Obliegenheitsverletzung wegen der Falschangaben zu den Vorschäden.
Nach einem Verkehrsunfall: Ansprüche mit Hilfe eines Anwalts durchsetzen
Der Mann ließ aber nicht locker und legte mithilfe seines Anwalts Berufung ein. Es kommt immer wieder vor, dass die Gerichte der ersten Instanz von der nächsten Instanz korrigiert werden. Ob man als Betroffener hierauf gute Aussichten hat, kann ein DAV-Verkehrsrechtsanwalt erläutern. Die passende Rechtsanwältin oder den passenden Anwalt in der Nähe finden Sie in der Anwaltssuche.
In diesem Fall wurde die Hartnäckigkeit des Klägers belohnt: Der Mann bekam vor dem OLG Recht. Es liege keine Obliegenheitsverletzung vor, da der Mann rechtzeitig seine Angaben gegenüber der Kaskoversicherung korrigiert habe.
Gericht: Keine Kürzung der Versicherungsleistungen, wenn Angaben rechtzeitig korrigiert werden
Selbst bei einer vorsätzlichen Verletzung der Aufklärungsverpflichtung gegenüber der Versicherung komme es nicht zu einer Kürzung der Versicherungsleistung, wenn die Angaben nicht kausal seien. Mithilfe eines Anwalts kann man darauf hinweisen, dass der Sachverhalt dem Versicherer vor der Schadensregulierung bekannt war. Denn dann hat die Versicherung den Schaden nicht aufgrund der Falschangabe reguliert, sondern aufgrund des richtigen Sachverhalts.
So war es auch hier. Zwar hatte der Mann unrichtige Angaben gegenüber der Versicherung gemacht. Letztlich war aber der Vorschaden an der Motorhaube seines Autos in dem übersandten Gutachten erwähnt. Die Versicherung kannte somit den Sachverhalt komplett. Sie konnte sich daher nicht mehr auf die Falschangaben des Mannes berufen.
Eine zweite Möglichkeit ist, dass der Betroffene den Vorschaden nicht kannte. Im hier vorliegenden Fall hatte der Mann aufgeführt, den Schaden an der Motorhaube seines Autos nicht zu kennen, da dieser nicht mit bloßem Auge erkennbar war. Darauf kam es aber letztlich nicht mehr an. Durch das Gutachten kannte die Versicherung noch vor der Schadensregulierung den Vorschaden an dem Wagen.
Quelle: www.verkehrsrecht.de
- Datum
- Aktualisiert am
- 06.04.2017
- Autor
- red/dav