Arbeitszeugnis: Wann haben Arbeitnehmer einen Anspruch?
Grundsätzlich hat jeder Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis beendet wird, einen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 109 Gewerbeordnung (GewO). Darin heißt es in Absatz 1: „Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken.“ Dazu erklärt Rechtsanwältin Christine Meichsner, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV): „Auch Arbeitnehmer in einem kurzen Arbeitsverhältnis können – zumindest ein einfaches- Zeugnis verlangen. Und ganz wichtig: Arbeitnehmer müssen aktiv um das Zeugnis bitten.“
Arbeitszeugnis: Wie muss es geschrieben sein?
Interessanter wird es bei der Ausformulierung des Textes – hier schreibt das Gesetz vor, das Zeugnis müsse „klar und verständlich“ formuliert sein (GewO, § 109, Abs. 2). Das bedeutet konkret, dass keine Fachtermini, doppeldeutigen Formulierungen, versteckten Botschaften oder Übertreibungen verwendet werden. Ebenfalls interessant: die schriftliche Bewertung der Arbeitsleistung darf keine negativen Bewertungen enthalten, oder gar einen traurigen Smiley, wie Sie hier nachlesen können.
Arbeitszeugnis: Formulierungen vergleichbar mit Schulnoten
Wer seinen Job beendet hat, wünscht sich verständlicherweise eine gute Bewertung seines Arbeitgebers für zukünftige Bewerbungen. Was eine „gute“ Bewertung ist, hat sich in Form von standardisierten Formulierungen über die Zeit etabliert und wurde von Gerichten in unterschiedlicher Rechtsprechung bestätigt. Formulierungen innerhalb des Zeugnisses wie „stets zur Zufriedenheit“ können daher synonym mit einer benoteten Einstufung gewertet werden. Das stellt ebenfalls eine Vergleichbarkeit der Arbeitszeugnisse her.
Urteil bestätigt Einstufung von Formulierungen im Arbeitszeugnis
Das Landesarbeitsgericht Rostock hat in einem aktuellen Urteil (Az.: 5 Sa 108/23) die Bedeutung von Formulierungen in Arbeitszeugnissen genauer unter die Lupe genommen. Die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet über den Fall. Im Zentrum des Rechtsstreits stand die Frage, ob die Bewertung "stets zu unserer Zufriedenheit" für einen Schulbegleiter ausreichend ist oder ob eine Verbesserung auf "stets zu unserer vollen Zufriedenheit" gerechtfertigt wäre. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass der Arbeitnehmer die Beweislast dafür trägt, dass seine Leistungen tatsächlich überdurchschnittlich waren. Es wies die Klage ab.
Arbeitszeugnis: Das bedeuten die Formulierungen
Die folgenden Formulierungen sollen zeigen, mit welchen Noten die Aussagen gleichgesetzt werden können:
- Note 1 (Sehr gut): „Stets/jederzeit/immer zu unserer vollsten Zufriedenheit“
- Note 2 (Gut): „Stets zu unserer vollen Zufriedenheit“
- Note 3 (Befriedigend): „Stets zu unserer Zufriedenheit“ oder „Zu unserer vollen Zufriedenheit“
- Note 4 (Ausreichend): „Zu unserer Zufriedenheit“
- Note 5 (Mangelhaft): „Insgesamt zu unserer Zufriedenheit“
- Note 6 (Ungenügend): „Hat sich bemüht“
(Arbeitszeugnis: „Stets zur Zufriedenheit“ kann zu wenig sein.)
Verbesserung Arbeitszeugnis: Arbeitnehmer muss Leistung begründen
Wer eine Bewertung verlangt, die besser ist, als befriedigend, muss vor Gericht darlegen können, warum er eine bessere Bewertung verdient hat. Das ist oft gar nicht so einfach, denn oft fehlen konkrete Belege wie positive Kundenfeedbacks oder herausragende Projekte. Kann der Arbeitnehmer eine überdurchschnittliche Bewertung nicht beweisen, gilt die durchschnittliche Bewertung (Note 3, befriedigend). „Gibt es ein Zwischenzeugnis, das besser war, kann ein Indiz für die Richtigkeit dieser Beurteilung bestehen und der Arbeitgeber muss Tatsachen vorlegen, die eine schlechtere Bewertung als im Zwischenzeugnis rechtfertigen“, erklärt Rechtsanwältin Meichsner. „Je kürzer der zeitliche Abstand zwischen Zwischen- und Endzeugnis ist, umso größer ist diese Indizwirkung.“
Zeugnis: Versteckte Hinweise auf negative Leistungsbeurteilung
Es gibt durchaus auch Leistungsbewertungen, die von zukünftigen Arbeitgebern negativ gelesen werden könnten. Beispiele dafür wären unter anderem:
- "Durch seine Kontaktfreudigkeit trug er wesentlich zur Verbesserung des Betriebsklimas bei." (Kann auch gedeutet werden: Er hielt seine Kollegen durch Schwatzhaftigkeit von der Arbeit ab. Oder sogar: Er neigte zu übermäßigem Alkoholkonsum).
- "Er zeigte stets Einfühlungsvermögen für die Belange seiner Mitarbeiter." (Kann auch gedeutet werden: Er konnte als Führungskraft die Interessen des Unternehmens nicht durchsetzen. Bis hin zu: Er suchte sexuelle Kontakte zu Mitarbeitern).
(Arbeitszeugnis: Erwähnung von Elternzeit und Mutterschutz.)
Wie bekomme ich ein besseres Arbeitszeugnis?
- Ein Arbeitnehmer, der nachweisen möchte, dass er besser bewertet werden sollte, kann seine Argumentation auf verschiedene Weise untermauern. Hier sind die wichtigsten Möglichkeiten, wie ein solcher Nachweis erbracht werden kann:
- Dokumentation der Arbeitsleistung: Der Arbeitnehmer sollte seine Arbeitsleistung umfassend dokumentieren. Dies kann in Form von Berichten, Projektdokumentationen, Zielvereinbarungen und deren Erfüllung erfolgen.
- Erfolge und erreichte Ziele: Der Nachweis von erreichten oder übertroffenen Zielen kann ein starkes Argument sein.
- Qualitätsnachweise: Wenn regelmäßig in guter Qualität gearbeitet wurde, können Fehlerfreiheit, Innovationsvorschläge oder Effizienzsteigerungen dokumentiert werden.
- Projekte und Verantwortlichkeiten: Hervorhebung von zusätzlichen Verantwortungsbereichen oder erfolgreichen Projekten, die über die normalen Aufgaben hinausgehen.
- Feedback und Beurteilungen
- Berufliche Qualifikationen: Ein weiteres Argument für eine bessere Beurteilung sind Zusatzqualifikationen oder Weiterbildungen, die der Mitarbeiter erworben hat. Diese können ihn für höherwertige Aufgaben qualifizieren und damit eine höhere Bewertung rechtfertigen.
Besseres Arbeitszeugnis: Anspruch von Anwälten prüfen lassen
Sie fühlen sich durch Ihre Leistungsbeurteilung benachteiligt? Die Formulierungen im Zeugnis empfinden Sie als ungerechtfertigt? Dann macht es Sinn, sich professionellen Rechtsbeistand zu suchen. Anwältinnen und Anwälte mit Schwerpunkt Arbeitsrecht helfen Ihnen, zu prüfen, ob Sie einen Anspruch auf ein besseres Arbeitszeugnis haben. Zu finden in unserer Anwaltssuche.
- Datum
- Aktualisiert am
- 22.11.2024
- Autor
- red/dav