Die Pflicht zum Schadensersatz ergibt sich aus § 280 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), wie der Bundesgerichtshof nun in einer Entscheidung vom 10.06.2015 (VIII ZR 99/14) erneut bestätigt hat.
Dem unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständigen VIII. Zivilsenat lag dabei folgender Sachverhalt zur Entscheidung vor: Der Kläger mietete im April 2008 eine Wohnung in Koblenz an. Dieser Mietvertrag wurde später von dem Vermieter mit der Begründung gekündigt, die Wohnung werde für den neuen Hausmeister benötigt. Das akzeptierte der Kläger nicht und ließ sich auf Räumung verklagen. Vor dem Amtsgericht obsiegte er in erster Instanz, in der Berufung vor dem Landgericht schlossen Mieter und Vermieter dann einen Räumungsvergleich, in dem sich der Mieter verpflichtete, die Wohnung bis spätestens zum 31.12.2011 zu räumen.
Der klagende Mieter zog also aus - aber nicht der neue Hausmeister bezog die Wohnung, sondern eine Familie. Der nunmehr ehemalige Mieter verlangte daraufhin den Ersatz seiner Umzugskosten und die Mehrkosten, die ihm durch die höhere Miete für die neue Wohnung entstanden waren, außerdem den Ersatz der Prozesskosten des Räumungsrechtsstreits. Vor Amts- und Landgericht unterlag er mit seiner Klage und verfolgte nun mit seiner Revision sein Klagebegehren weiter.
BGH entscheidet über vorgetäuschten Eigenbedarf
Der BGH gab dem Kläger Recht: Es sei davon auszugehen, dass der Vermieter im Falle der Vortäuschung von Eigenbedarf, wie auch sonst bei einer schuldhaften unberechtigten Kündigung dem Mieter zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet sei. Zieht der Mieter aber nicht aufgrund der Eigenbedarfskündigung aus, sondern nach einem Räumungsvergleich, kommt es darauf an, ob dieser Vergleich den Zurechnungszusammenhang zwischen dem vorgetäuschten Eigenbedarf und dem geltend gemachten Schaden unterbrochen hat. Dass sei nur dann der Fall, wenn mit dem Vergleich auch etwaige Ansprüche des Mieters wegen eines nur vorgetäuschten Bedarfs hätten abgegolten werden sollen. Das sei hier dem Wortlaut des Vergleichs aber nicht zu entnehmen gewesen und habe auch nicht stillschweigend angenommen werden können.
Der BGH hat deshalb die Entscheidung aufgehoben und an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dieses muss nun klären, ob der mit der Kündigung behauptete Eigenbedarf nur vorgetäuscht war.
Fazit:
Streiten sich Vermieter und Mieter über die Berechtigung einer Eigenbedarfskündigung, einigen sie sich vor Gericht häufig vergleichsweise und vereinbaren, dass dem Mieter noch eine Räumungsfrist gewährt wird, er dann aber ausziehen muss. Wird dann der behauptete Eigenbedarf nicht umgesetzt, steht der Vorwurf der Täuschung schnell im Raum. Schadensersatz kann der Mieter dann verlangen, wenn er aufgrund des vorgetäuschten Eigenbedafs ausgezogen ist. Der Vermieter wird in diesen Fällen regelmäßig einwenden, dass der Auszug nicht auf der Kündigung beruhte, sondern auf dem vor Gericht geschlossenen Räumungsvergleich. Dann fehlt es aber an dem notwendigen Zurechnungszusammenhang zwischen Eigenbedarfskündigung und Schaden.
Der BGH hat nun herausgearbeitet, dass in solchen Fällen der Zurechnungszusammenhang nur fehlt, wenn dem Räumungsvergleich zu entnehmen ist, dass mit ihm auch etwaige Ansprüche wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs abgegolten sein sollten. In Kenntnis dieser Entscheidung sollten Vermieter nun also versuchen, eine entsprechende, klarstellende Formulierung in den Räumungsvergleich mit aufzunehmen. In der Regel werden sich Mieter einen solchen Verzicht aber etwas kosten lassen.
- Datum
- Aktualisiert am
- 23.07.2015
- Autor
- Andreas Schwartmann