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Mietrecht

Mietpreis­bremse: Das können Sie gegen zu hohe Mieten tun.

Wenn sich Mieter nicht wehren, steigen die Mieten weiter. © Quelle: DAV

Sie wurde eingeführt, um explodierende Mieten einzudämmen, doch immer mehr Untersu­chungen zeigen: Die Mietpreis­bremse funktioniert nicht. Vor allem, weil viele Mieter ihr geltendes Recht nicht einfordern. Die Deutsche Anwalt­auskunft erklärt, wie Sie sich am Besten gegen Wucher­mieten wehren.

2015 sollten die Mieter in Deutschlands gefrag­testen Großstädten eine wirksame Waffe gegen Mietwucher bereit gestellt bekommen. Das Gesetz schreibt vor, dass die Miete in Kommunen mit angespannten Wohnungs­märkten bei Neuver­mie­tungen die "ortsübliche Vergleichsmiete" um nicht mehr als zehn Prozent übersteigen soll. Doch die Maßnahme bleibt weitgehend wirkungslos.

Seit dem 1. Juni 2015 gilt auch in Berlin eine Mietpreis­bremse. Doch Studien zeigen: Die Mieten in der Hauptstadt steigen trotzdem kräftig weiter. Im Schnitt sind sie um 31 Prozent höher als zulässig. Das hat das private Forschungs­in­stitut „Regio Kontext“ in einer für den Berliner Mietverein durchge­führten Untersuchung festge­stellt. Umfragen des Deutschen Anwalt­vereins hatten Anfang des Jahres ähnliche Ergebnisse festge­stellt.

Immerhin gibt es in der Rechts­sprechung einen ersten kleinen Lichtblick: Das Landgericht Berlin-Lichtenberg hat Ende September 2016 eine Entscheidung zugunsten einer Mieterin gefällt, die mit Hilfe der Mietpreis­bremse gegen ihren Vermieter geklagt hatte. Damit hatte sie vor Gericht Erfolg und erhielt zu viel gezahlte Miete wieder zurück. Doch das ist deutsch­landweit der bisher einzige bekannte Fall, in dem erfolgreich mithilfe der Mietpreis­bremse geklagt wurde.

Mietpreis­bremse: Was erlaubt die aktuelle Rechtslage?

Stehen Mieter dem Mietwucher momentan hilflos gegenüber? Keinesfalls, wie Beate Heilmann, Rechts­an­wältin aus Berlin von der Arbeits­ge­mein­schaft Mietrecht und Immobilien im Deutschen Anwalt­verein (DAV) weiß: „Wenn ich mich dazu entschlossen habe, das durchzu­setzen, habe ich mit der aktuellen Rechtslage das Handwerkszeug.“

Die Mieter könnten also klagen – sie tun es nur nicht. Woran liegt das? Mietrechts­expertin Beate Heilmann geht von mehreren Ursachen aus: Zu einen würden gerade in den Innenstädten die überteuerten Wohnungen oft von Besser­ver­die­nenden bezogen. Diese müssten dem Vermieter meistens Nachweise erbringen, dass sie sich die Wohnung auch zweifelsfrei leisten können. Etwa mit Hilfe eines Gehalts­nach­weises, der besagt, dass die Monatsmiete nur circa ein Drittel des Monatslohns ausmacht. Andernfalls würden Zuschläge für solche Wohnungen gar nicht erst gegeben.

Heilmann vermutet: „Bei diesen Mietern ist einfach der finanzielle Druck nicht so groß, um wirklich nachzu­rechnen.“ Der Schmerz hält sich also in Grenzen und die Freude, überhaupt eine neue Wohnung gefunden zu haben, tröstet darüber hinweg. Man findet sich mit dem hohen Mietpreis ab.

Ganz wesentlich für die fehlende Klagebe­reit­schaft: Die meisten Mieter wollen es sich nicht gleich von Anfang an mit dem Vermieter verscherzen. Zumal der gute Willen des Vermieters auch an anderer Stelle benötigt wird. Etwa bei der Genehmigung für Umbauten. Ein Kampf vor Gericht um die Miethöhe zerstört das gute Verhältnis schnell.

Besteht ein Anspruch? Die Beweis­pflicht liegt beim Mieter

Doch auch, wenn der Wille zu Kampf und Klage da ist, lauern Tücken. Wie soll der Mieter überhaupt beweisen, dass die Miete überhöht ist? Für gerichtliche Verfahren wegen Rückfor­de­rungen von zu viel gezahlter Miete ist der Mieter voll darlegungs- und beweis­pflichtig. Und das ist nicht durch einen Blick in den örtlichen Mietspiegel gelöst. Denn die erweisen sich in der Praxis als enorm unzuver­lässig. Allein in Berlin wurde der Mietspiegel bereits zweimal von Gerichten gekippt, weil bei der Erstellung schwere Fehler unterlaufen waren.

Den Anspruch, vom Vermieter die Höhe der Vormiete zu erfahren, haben Mieter bereits. Aber wie soll der Mieter ermitteln, ob seine Miete ortsüblich ist, wenn der Mietspiegel dazu keine verlässliche Angabe liefert? Hinzu kommt: Vor allem in den Großstädten werden immer mehr Wohnungen möbliert vermietet. Für die Möbel dürfen die Vermieter zwar einen Aufschlag verlangen. Wie hoch dieser sein darf, ist aber für Mieter schwer zu berechnen. Ob mit oder ohne Möbel: Häufig bleibt nur die Feststellung über das Gutachten eines Sachver­ständigen.

Außerge­richtliche Sachver­stän­di­gen­gut­achten: Nur im Extremfall sinnvoll

Möchte ein Mieter außerge­richtlich die Einschätzung eines Sachver­ständigen einholen, muss er das selbst bezahlen. Die Kosten für ein Gutachten belaufen sich auf etwa zweieinhalb tausend Euro. Und die bekommt man auch dann nicht zurück­er­stattet, wenn man den Prozess gewinnt. Zumindest nicht, wenn das Gutachten außerge­richtlich bestellt wurde.

Ein enormer Kosten­beitrag, der sich eventuell gar nicht auszahlt. Denn die Erfahrung zeigt, laut Rechts­expertin Heilmann: „Sachver­ständige legen in der Regel immer höhere Werte an, als die Mietspiegel.“

Im Zweifelsfall riskiert der Mieter also, den Prozess zu verlieren und nicht nur diese Kosten bezahlen zu müssen, sondern auch die für das Gutachten. Oder die Herabstufung der Miete ist am Ende so gering, dass die Kosten-Nutzen Rechnung nicht aufgeht. Bei einer Erlassung von 20 Euro Monatsmiete müsste man lange in der Wohnung bleiben, bis sich das Gutachten verrechnet hat.

Mietrechts­expertin Heilmann rät daher, nur im äußersten Fall außerge­richtlich ein Sachver­stän­di­gen­gut­achten einzuholen: „Wer feststellt, dass seine Miete um 500 Euro zu hoch liegt, der kann darüber nachdenken.“ Viele Richter würden sich in der Rechtsprechung auch nicht auf die Mietspiegel, sondern Gutachten verlassen. Daher würde das Gericht häufig selbst einen Sachver­ständigen zu Rate ziehen. Bestellt ihn das Gericht, werden die Kosten dafür zu den Prozess­kosten dazu gezählt. Und die trägt am Schluss der Verlierer des Prozesses.

Zu hohe Miete: Wann sollte ich zum Anwalt gehen?

Wer bereits wütend mit dem Mietvertrag in der Hand die Nummer seines Vermieters wählt, sollte zunächst Rat beim Anwalt einholen. Warum, erklärt Rechts­an­wältin Beate Heilmann: „Ein Anwalt wird im Zweifelsfall genau rechnen und dann notfalls sagen: Das lohnt sich nicht. Mag sein, dass man am Ende acht Euro pro Monat zurück­bekommt, aber ob es sich dafür lohnt, das gute Verhältnis mit dem Vermieter zu ruinieren, ist fraglich.“ Vom vorschnellen Kontakt zum Vermieter sei abzuraten, um das Verhältnis nicht voreilig zu vergiften. Ein Experte für Mietrecht kann in der Situation auch als Vermittler agieren.

Für ein erstes Beratungs­ge­spräch beim Anwalt ist es sinnvoll, den Mietvertrag mitzubringen. Außerdem sollten Mieter verlässliche Informa­tionen zu Lage und Ausstattung der Wohnung parat haben. Im Folgenden sollte dann der Anwalt entscheiden, inwieweit von weiteren Auskunfts­rechten Gebrauch gemacht wird.

Fazit: Mieter können sich bereits jetzt gegen zu hohe Preise wehren

Wer berech­tigten Grund hat anzunehmen, dass seine Miete zu hoch ist, der braucht nicht auf eine Gesetzes­reform zu warten. Die Möglich­keiten, juristisch gegen Mietwucher vorzugehen, existieren, sie werden nur zu wenig genutzt. Mieter sollten sich allerdings der Risiken bewusst sein, behutsam vorgehen und ihren Anspruch soweit wie möglich überprüfen. Dann wird auch das gute Verhältnis zum Vermieter nicht unnötig riskiert.

Datum
Aktualisiert am
06.10.2016
Autor
psu
Bewertungen
5307
Themen
Miete Mietmin­derung Mietpreis­bremse Mietstreit Wohnung

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