Wie muss man seinen Internetanschluss schützen?
Wer verhindern möchte, unverschuldet ins Fadenkreuz der Musik- und Filmindustrie zu geraten, sollte seinen Internetanschluss immer gegen fremde Zugriffe schützen. Dabei empfiehlt es sich, zunächst die Sicherheitseinstellungen seines WLANs zu überprüfen. Wer sein Netz nicht ausreichend schützt und es damit Fremden ermöglicht, sich einzuwählen und Rechtsverletzungen zu begehen, kann mithaften.
Zum Sichern des Netzes reicht es in der Regel aus, bei der Einrichtung des WLANs eine Verschlüsselung einzurichten und den Router mit einem Passwort zu schützen. Allerdings muss das Passwort ausreichend lang und die Verschlüsselungsmethode bei der Einrichtung auf dem aktuellen Stand der Technik sein – die Standard-Einstellungen des Herstellers reichen nicht aus. Das geht aus der "Sommer unseres Lebens"-Entscheidung des Bundesgerichtshof (BGH) von 2010 hervor (AZ: I ZR 121/08 ). Derzeit sollte mindestens der „WPA-2“-Standard aktiviert sein. Eine einfache „WEP“-Verschlüsselung gilt nicht als ausreichend.
Ist ein Router allerdings von Werk mit einem individuellen Schlüssel aus 16 Ziffern nach gängigem Standard (WPA2) gesichert, können sich Internetnutzer darauf verlassen. Wird ihr WLAN gehackt, haften sie nicht. Das hat der BGH am 24. November 2016 entschieden. Ohne Anhaltspunkte für eine Sicherheitslücke ist niemand verpflichtet, einen solchen Schlüssel zu ändern.
Im zugrundeliegenden Fall sollte eine Frau wegen verletzter Urheberrechte rund 750 Euro an eine Filmfirma zahlen, weil ein Unbekannter über ihren Anschluss einen Actionfilm illegal in einer Tauschbörse angeboten hatte. Der WLAN-Anschluss war nach WPA2-Standard gesichert. Wegen Fehlern bei der Generierung war die Kombination leicht zu knacken - aber das stellte sich erst viel später heraus. Die Frau trifft deshalb laut BGH keine Schuld. (AZ: I ZR 220/15)
Die Bundesregierung hatte eigentlich beschlossen, die Störerhaftung für offene WLAN-Netzwerke ganz abzuschaffen. Noch ist diese Regelung aber nicht in Kraft.
Filesharing über Familienanschluss: haften Eltern?
Am 30. März 2017 verhandelte der Bundesgerichtshof (BGH) den Fall einer Münchener Familie. Eines der volljährigen Kinder hatte ein Album der Sängerin Rihanna in einer illegalen Tauschbörse hochgeladen. Deshalb verlangte die Plattenfirma von den Eltern Schadenersatz und Abmahnkosten, insgesamt mehr als 3.500 Euro. Dagegen wehren sich die Eltern vor dem BGH.
Sie gaben an, dass sie an dem fraglichen Abend lange Besuch hatten. Die Kinder hätten in der Zeit alle von ihren Zimmern aus über eigene Geräte Zugang zum Familien-WLAN. Sie wüssten sogar, wer von ihren Kindern das Album hochgeladen habe, wollten den Namen aber nicht nennen. Die Münchner Vorinstanzen hatten geurteilt, dass die Eltern in diesem Fall den Schaden selbst zahlen müssen. Der BGH bestätigte dies. Rechtlich gesehen muss ein Anschlussinhaber schlüssig erklären können, warum nicht er selbst, dafür aber ein anderer als Täter infrage kommt. Dieser sogenannten sekundären Darlegungslast seien die Eltern nicht nachgekommen, da sie den Namen des Kindes nicht nennen wollten. Sie müssen nun das Geld zahlen. (Quelle: dpa).
Muss ich haften, wenn Gäste meinen Computer für Filesharing nutzen?
Der BGH musste im Mai 2016 gleich über mehrere Fälle entscheiden, in denen es um den illegalen Tausch von geschützte Werken im Internet geht. Die Beklagten waren jeweils im Auftrag der Musik- und Filmindustrie abgemahnt worden, weil von ihren Internetanaschlüssen Werke in Tauschbörsen zugänglich gemacht worden waren. Die Nutzer sollten Abmahnkosten und teilweise auch Schadensersatz zahlen.
Mit besonderem Interesse war die Entscheidung des BGH zu einem Fall erwartet worden, in dem eine Frau ihrer Nichte und deren Freund aus Australien bei einem Besuch den PC-Zugang erlaubt hatte. Die beiden hatten vom Internetanschluss der Tante einen Film über eine Tauschbörse hochgeladen, woraufhin die Tante abgemahnt wurde.
Bisher war die Rechtsprechung davon ausgegangen, dass Anschlussinhaber ihre Gäste und Mitbewohner zwar nicht immer überwachen können, sie aber zumindest über die rechtlich korrekte Nutzung des Anschlusses belehren müssen.
Der BGH hat diese Einschätzung im Mai 2016 verworfen: Wer WG-Bewohnern oder Gästen den Zugang zum Internet am eigenen PC erlaubt, muss nicht automatisch dafür haften, wenn diese illegal Filme, Spiele oder Musik hochladen, so die Karlsruher Richter. Auch eine Belehrung ist nicht notwendig. Ohne konkrete Anhaltspunkte für eine rechtswidrige Nutzung sei eine solche Belehrung für volljährige Gäste oder WG-Mitglieder „nicht zumutbar“, entschied der BGH (AZ: I ZR 86/15).
Warum das nicht für die eigenen Kinder gilt und weitere wichtige rechtliche Informationen zum Filesharing haben wir für im Anschluss Sie zusammengefasst:
Was kann ich tun, um bei Filesharing durch Gäste nicht haften zu müssen?
Häufig nutzen mehrere Personen gemeinsam einen Internetanschluss, zum Beispiel in der Familie oder in einer Wohngemeinschaft. Bei einem illegalen Download lässt sich der Verantwortliche oft nur schwer ermitteln. Die Abmahnung erreicht dann zunächst den Inhaber des Internetanschlusses. „Auch wenn dieser nicht Täter der Urheberrechtsverletzung ist, kommt eine sogenannte 'Störerhaftung' in Betracht, nach der ein Anschlussinhaber dafür sorgen muss, dass sein Internetzugang nicht für illegale Aktivitäten genutzt wird“, sagt der Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz Carsten Kiefer.
Zudem treffen den Anschlussinhaber Prüfungs- und Belehrungspflichten. Das heißt, er muss in einem zumutbaren Rahmen persönlich dafür Sorge tragen, dass sein Netz nicht illegal genutzt wird. Und er muss Nutzer darauf hinweisen, dass sie über seinen Anschluss keine Rechtsverletzungen begehen dürfen.
Diese Verantwortung des Anschlussinhabers wurde durch mehrere Gerichtsurteile aber immer weiter eingeschränkt – zunächst innerhalb der Familie und dann auch für Gäste.
Illegale Downloads: Müssen Eltern für ihre Kinder haften?
Eltern können für illegale Downloads ihrer minderjährigen Kinder haftbar gemacht werden – allerdings nur, wenn sie die Kinder nicht aufklären. Das geht aus dem sogenannten Morpheus-Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 2012 hervor (AZ: I ZR 74/12).
Sind die Kinder volljährig, trifft die Eltern nach einer anderen BGH-Entscheidung hingegen keine besondere Aufklärungspflicht (AZ: I ZR 169/12). Der Internetanschluss werde den Angehörigen in so einem Fall aufgrund der familiären Verbundenheit überlassen. In einer Familie herrsche ein besonderes Vertrauen und Volljährige trügen bereits Eigenverantwortung. Eine Aufklärung muss erst erfolgen, wenn die Eltern konkrete Anhaltspunkte dafür haben, dass ihr Kind bereits an derartigen Tauschbörsen teilnimmt oder dort künftig aktiv werden will. Auch wenn der Ehepartner eine Urheberrechtsverletzung begeht, haftet der Anschlussinhaber nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln nicht automatisch (AZ: 6 U 239/11).
Höchstrichterlich ungeklärt war bisher die Frage, wie die Haftung für Personen außerhalb der Familie aussieht – also zum Beispiel, wenn ein WG-Mitbewohner oder ein Freund des Anschlussinhabers illegales Filesharing betreibt. In der Entscheidung vom Mai 2016 der BGH in dieser Frage Klarheit geschaffen: Einem Anschlussinhaber kann nicht zugemutet werden, dass er jeden Gast und Mitbewohner belehrt – solange es keine Anhaltspunkte für eine illegale Nutzung gibt.
Was kostet ein illegaler Download?
Neben der Haftung bei illegalen Downloads ist auch die Frage umstritten, welche Kosten dem Verursacher auferlegt werden dürfen. Beim Schadensersatz fallen die einzelnen Gerichtsentscheidungen sehr unterschiedlich aus. „Manche Gerichte gehen bei einem Musikstück von einem Lizenzschaden von 200-300 Euro aus, andere von 10-20 Euro“, sagt Rechtsanwalt Carsten Kiefer.
Auch die Höhe Abmahnkosten, die das Unternehmen für seine Ermittlungen und rechtlichen Bemühungen gelten machen darf, ist umstritten. „Der Gesetzgeber hat die Abmahnkosten zwischenzeitlich zwar durch eine Gesetzesänderung gedeckelt, das gilt allerdings nur für außergerichtliche Fälle. Zudem sind noch viele alte Fälle offen, für die diese Regelung nicht gilt“, so Rechtsanwalt Kiefer.
Der Bundesgerichtshof hat im Rahmen seiner Entscheidungen zumindest festgelegt, dass es nicht zulässig ist, pauschal das Doppelte des anzunehmenden Lizenzschadens als Gegenstandswert anzusetzen.
- Datum
- Aktualisiert am
- 30.03.2017
- Autor
- pst/red/dpa