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Berufskrankheit

Meniskus­schaden für Profihand­baller als Berufs­krankheit anerkannt

Sozialversicherungspflicht: Gilt sie auch für Sportler in Vereinen? © Quelle: Werner/gettyimages.de

Die Anerkennung einer Erkrankung als Berufs­krankheit bringt für die Betroffenen Vorteile. Sie stehen unter dem Schutz der gesetz­lichen Unfall­ver­si­cherung. An den Nachweis werden daher hohe Anforde­rungen gestellt. Bei Profisportlern stellt sich die Frage, ob deren Tätigkeit mit der Belastung „normaler“ Arbeit­nehmer verglichen werden dürfen.

Ein Innenme­nis­kus­schaden im Kniegelenk eines Profihand­ball­sportlers ist eine Berufs­krankheit (Ziff. 2102 der Anl. 1 der BKV). Rechts­an­wältin Babette Christophers aus der Arbeits­ge­mein­schaft Medizinrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) informiert über die Entscheidung des Landes­so­zi­al­ge­richts Baden-Württemberg vom 19. März 2021(AZ: L 8 U 1828/19). Zur Definition von Berufs­krank­heiten erläutert die Fachan­wältin für Medizinrecht, dass Berufs­krank­heiten als Krankheiten zu verstehen sind, „die durch Rechts­ver­ordnung mit Zustimmung des Bundesrates in der Berufs­krank­heiten-Verordnung (BKV) definiert sind und die Versicherte infolge einer den Versiche­rungs­schutz begrün­denden Tätigkeit erleiden. Diese Definition ist im Gesetz in § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII festgelegt.“

Nachweis einer Berufs­krankheit – Berufs­ge­nos­sen­schaft muss anerkennen

Für die Anerkennung von Meniskus­schäden nach einer mehrjährigen andauernden oder häufig wieder­keh­renden, die Kniegelenke überdurch­schnittlich belastenden Tätigkeit als Berufs­krankheit kommt es auf die Umstände an. Im Allgemeinen gilt, wie Christophers erklärt, dass „der Verdacht auf Vorliegen einer Berufs­krankheit dem Unfall­ver­si­che­rungs­träger, also der Berufs­ge­nos­sen­schaft, gemeldet werden muss. Zu dieser ‚Anzeige bei Verdacht einer Berufs­krankheit‘ sind Ärztinnen und Ärzte sowie Arbeitgeber und Arbeit­ge­be­rinnen gesetzlich verpflichtet. Auch die Kranken­kassen sollen entspre­chende Hinweise an den Unfall­ver­si­che­rungs­träger geben. Natürlich können Versicherte ihre Erkrankung auch selbst bei Ihrer Berufs­ge­nos­sen­schaft oder Unfallkasse melden.“ Nach Eingang der Meldung nimmt der Unfall­ver­si­che­rungs­träger Kontakt mit dem Versicherten auf, um den Sachverhalt zu ermitteln. Dazu führt die Anwältin aus Münster weiter aus: „Dabei werden sowohl die Kranken­ge­schichte als auch die Arbeits­vor­ge­schichte geklärt. Eine Arbeits­platz­be­sich­tigung und Messungen von Belastungen am Arbeitsplatz können zur Klärung beitragen. In einigen Fällen werden auch die Präven­ti­ons­dienste der Versiche­rungs­träger eingeschaltet, um Ermitt­lungen anzustellen. Gegebe­nenfalls kann ein fachärzt­liches Gutachten durch unabhängige Sachver­ständige erforderlich sein. Das Ergebnis der Prüfung wird dem Versicherten durch Bescheid mitgeteilt, gegen den er Widerspruch einlegen kann.“

So muss das Erschei­nungsbild der Tätigkeit durch überdurch­schnittliche Meniskus­be­las­tungen geprägt sein. Hierfür bedarf es bei einem Profisportler weder einer bestimmten in Stunden zu berech­nenden Mindestein­wir­kungsdauer noch einer prozen­tualen Mindest­be­lastung. Beim Handballsport werden die Kniegelenke durch schnelle Richtungs­än­de­rungen bei hohem Tempo, häufig auch mit unkontrol­liertem Aufkommen auf dem Hallenboden bei Sprung­würfen, überdurch­schnittlich belastet.

Urteil: Meniskus­schaden als Berufs­krankheit

In dem Falle hatte die Berufs­ge­nos­sen­schaft eine Mindestein­wir­kungsdauer von 3.200 Stunden für zwei Jahre angesetzt. Nach Auffassung des Gerichts entbehrte dies sowohl einer gesetz­lichen als auch einer wissen­schaft­lichen Grundlage. Christophers kommentiert das Urteil abschließend wie folgt: „Die Rechtsprechung hat deutlich gemacht (Urteil des LSG Baden-Württemberg von 19.3.2021, Az. L 8 U 1828/19 und Hessisches LSG vom 30.09.2013, L 9 U 214/09), dass es nicht zulässig ist, die Zeitdauer des Spiel- und Trainings­be­triebes eines Profisportlers mit der achtstündigen Arbeits­schicht sonstiger Arbeit­nehmer in Relation zu setzen. Es muss zum Vorliegen einer Berufs­krankheit geprüft werden, ob der ausgeübte Profisport im Hinblick auf die geltend gemachte Berufs­krankheit eine Vollzeit­be­lastung darstellt.“

Die Berufs­ge­nos­sen­schaft musste den Innenme­nis­kus­schaden als Berufs­krankheit anerkennen. In der ersten Instanz beim Sozial­gericht Reutlingen hatte noch die Berufs­ge­nos­sen­schaft Recht bekommen. Erst beim Landes­so­zi­al­gericht konnte sich der Handballer, unterstützt von einem Rechts­anwalt, mit seinen Ansprüchen durchsetzen. Passende Rechts­be­ratung findet man in der Anwaltssuche.

Mehr zum Thema Sport und Versicherung finden Sie in diesem Beitrag.

Datum
Aktualisiert am
30.07.2021
Autor
red/dav
Bewertungen
423
Themen
Berufs­un­fä­higkeit Sport Versicherung

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