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Pflegeberufe

Rufbereit­schaft: Vergütung und Ruhezeiten

Rufbereitschaft Vergütung: Was steht Ihnen zu?

Der Stand-by-Modus kann krank machen: Wer in Rufbereit­schaft arbeitet, muss für seinen Arbeitgeber jederzeit erreichbar sein. Für manche Arbeit­nehmer bedeutet das eine starke Einschränkung ihrer Freizeit. Welche Ruhezeiten der Gesetzgeber als Ausgleich vorsieht, wie die Vergütung geregelt ist und ob man die Rufbereit­schaft auch ablehnen kann erklären wir in einem Überblick.

Auch wenn die auf den Schutz von Arbeit­nehmern abgestellten Gesetze nicht immer mit der Berufs­praxis in Einklang zu bringen sind: Das Arbeits­zeit­gesetz und der Tarifvertrag für den Öffent­lichen Dienst schreiben maximale Arbeits­stunden oder etwa die Ruhezeiten für Arbeit­nehmer genau vor. Wer den Eindruck hat, dass sein Arbeitgeber diese Schranken überschreitet, kann sich darauf beziehen:

Was unter Rufbereit­schaft zu verstehen ist

Vom Gesetzgeber ist festgelegt, dass ein Arbeit­nehmer in seiner Freizeit eigentlich nicht erreichbar sein muss. Lässt sich ein Arbeit­nehmer nun freiwillig auf die Rufbereit­schaft ein, verpflichtet er sich, trotz rechtlichem Anspruch außerhalb seiner Arbeitszeit auf Abruf verfügbar zu sein.

Maximale Arbeitszeit innerhalb der Rufbereit­schaft

Per defini­tionem und laut Gesetz dürfen Arbeit­nehmer in Deutschland grundsätzlich nicht länger als 8 Stunden pro Werktag arbeiten. Arbeits­zeiten bis zu 10 Stunden am Tag können aber gestattet sein, wenn der Arbeitgeber im Anschluss für einen Ausgleich sorgt – und zwar innerhalb des kommenden Kalender­monats. Mit einer Genehmigung des jeweiligen Landes­ge­sund­heitsamts sind in der ambulanten Pflege zum Beispiel aber auch Arbeits­zeiten bis zu 12 Stunden zulässig.

Spezialfall Rufbereit­schaft: Nun wird die Rufbereit­schaft arbeits­rechtlich solange als Ruhezeit gewertet, bis es zu einem Einsatz kommt. Insofern kann die Rufbereit­schaft auch unmittelbar an den Arbeitstag anknüpfen und trotzdem insgesamt nicht die zulässige, maximale Arbeitszeit überschreiten. Als Arbeitszeit würde die Rufbereit­schaft nur gewertet, wenn es zu einem Einsatz käme. Die Unterbrechung von der Ruhezeit wäre in einem solchen Fall dann zulässig, wenn sie maximal die Hälfte der Ruhezeit beträgt und der Arbeitgeber für einen Ausgleich des Einsatzes (inklusive Fahrtzeit) sorgen würde.

Ruhezeiten für Arbeit­nehmer in der Rufbereit­schaft

Nach einem Arbeitstag schreibt der Gesetzgeber in der Regel eine Ruhepause von mindestens 11 Stunden zwischen den Arbeits­ein­sätzen vor. In Pflege­berufen oder Kranken­häusern ist eine Verkürzung auf 10 Stunden Ruhepause zulässig. Allerdings gilt hier auch wieder das Prinzip: Ausgleich muss sein. Wer in der einen Ruhepause nur 10 Stunden aussetzen durfte, darf die verlorene Stunde bei einer Ruhezeit der darauf folgenden vier Woche draufschlagen und dann 12 Stunden ruhen.

Wer wiederum in der Rufbereit­schaft seine Ruhezeit für einen Einsatz unterbricht, hat im Anschluss einen Anspruch darauf, die volle Ruhezeit von 11 Stunden anzuhängen.

Vergütungs­regeln für die Rufbereit­schaft

Rufbereit­schaft ohne Einsatz: Der Arbeitgeber muss die Rufbereit­schaft gesondert zur eigent­lichen Arbeitszeit vergüten. Denkbar ist zum Beispiel eine Pauschale für die Rufbereit­schaft.

Rufbereit­schaft mit Einsatz: Wird als Arbeitszeit entgolten. Wer Mehr- oder Nachtarbeit leistet oder an Sonn- und Feiertagen eingesetzt wird, hat darüber hinaus Anspruch auf Zuschläge. Den Lohn für einen Einsatz in der Rufbereit­schaft muss der Arbeitgeber übrigens zusätzlich zur Pauschale zahlen.

Arbeitgeber sind nicht verpflichtet, sich auf eine Rufbereit­schaft einzulassen

Die Rufbereit­schaft ist grundsätzlich freiwillig. Arbeit­nehmer sind nur dann dazu verpflichtet, wenn Sie sich vertraglich an diese Option gebunden haben. Arbeitgeber dürfen im Umkehr­schluss frei entscheiden, wen sie unter den Freiwilligen zur Rufbereit­schaft heranziehen – solange die Auswahl nicht willkürlich oder diskri­mi­nierend geschieht.

Rufbereit­schaft, Arbeits­be­reit­schaft, Bereit­schafts­dienst – was ist der Unterschied?

Wer Bereit­schafts­dienst hat, muss nicht unbedingt am Arbeitsplatz aufhalten, allerdings an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort. Das ist in der Regel direkt am Arbeitsplatz oder in der Nähe. Arbeit­nehmer in Bereit­schafts­dienst müssen nur arbeiten, wenn sie dazu aufgefordert werden. Andernfalls dürfen sie zum Beispiel auch schlafen. Das betrifft Ärzte, die nachts im Krankenhaus schlafen und sich bei Bedarf um Patienten kümmern. Bereit­schafts­dienst gilt als Arbeitszeit.

Im Gegensatz dazu müssen Arbeit­nehmer in Arbeits­be­reit­schaft aufmerksam und wach sein, um bei Bedarf die Arbeit aufzunehmen. Sie müssen am Arbeitsplatz anwesend sein und auch ohne Auffor­derung tätig werden. In Arbeits­be­reit­schaft ist zum Beispiel ein Rettungs­sa­nitäter zwischen zwei Einsätzen oder ein Fernfahrer beim Be- und Entladen des Lkw.

Nur acht Minuten bis zum Einsatz: EuGH geht von Arbeitszeit aus

Müssen die Arbeit­nehmer dabei innerhalb kürzester Zeit für die Arbeit zur Verfügung stehen, zählt die Zeit als Arbeitszeit. Das hat der Europäische Gerichtshof kürzlich entschieden (Urteil vom 21. Februar 2018, AZ: C-518/15). Geklagt hatte ein Reserve­feu­er­wehrmann aus Belgien. Er hatte jeden Monat eine Woche lang Bereit­schaft. Während dieser Zeit musste er sich bereit­halten, um im Notfall innerhalb von acht Minuten auf der Feuerwache erscheinen zu können. Er wohnte in der Nähe der Feuerwache und musste sich in seinen Bereit­schafts­zeiten dort aufhalten. Bezahlt wurde er allerdings nur für tatsächliche Einsätze. Dagegen klagte er.

Der EuGH entschied zu seinen Gunsten. Dass er in so kurzer Zeit einsatz­bereit sein und sich während der Bereit­schaft in der Nähe der Woche aufhalten musste, schränke seine Freizeit­ge­staltung erheblich ein. Die sogenannte passive Rufbereit­schaft, für die der Arbeitgeber dem Arbeit­nehmer vorgibt, wo er sich aufhalten muss und wie schnell er am Arbeitsplatz sein muss, gelte als Arbeitszeit im Sinne der EU-Arbeitszeit-Richtlinie, zumindest in diesem Fall. Ob und wie viel Geld der Feuerwehrmann nun erhält, hat der EuGH allerdings nicht geklärt. Das ist Sache des Mitglieds­staats, in diesem Fall Belgien.

Urteil in NRW: Feuerwehrmann erhält keinen Freizeit­aus­gleich für Rufbereit­schaft

Ein Feuerwehrmann aus Rheine berief sich auf das obige Urteil des EuGH. Er wollte erstreiten, dass sein Bereit­schaftszeit als volle Arbeitszeit angerechnet wird. Er forderte von der Stadt Rheine ca. 5.600 Stunden Freizeit­aus­gleich oder eine alternative Zahlung von 10.000 Euro. Seine Klage scheiterte allerdings vor dem Verwal­tungs­gericht Münster.

Die Entscheidung begründete das Gericht folgen­dermaßen: Dem Beamten sei während seiner Bereit­schaftszeit nicht vorgeschrieben worden war, wo er sich aufzuhalten habe. Außerdem habe er seinen Dienstwagen auch privat nutzen dürfen.

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Datum
Aktualisiert am
08.06.2018
Autor
kgl
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Themen
Arbeit Arbeit­nehmer Arbeitsplatz Krankenhaus Pflege

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