Viele Arbeitnehmer wünschen sich mehr Urlaub, wie eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov zeigt. Besonders Arbeitnehmer zwischen 18 und 34 Jahren sind mit der Anzahl ihrer jährlichen Urlaubstage unzufrieden, Zweidrittel von ihnen wollen mehr freie Tage.
Urlaubsanspruch & Arbeitnehmer: Wie viele Tage Urlaub steht Arbeitnehmern mindestens zu?
Nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) stehen Arbeitnehmern bei einer sechstägigen Arbeitswoche mindestens 24 Tage Urlaub im Jahr zu. Bei einer 5-Tage-Woche sind es 20 Tage.
Der Mindesturlaub hängt also von der Anzahl der Arbeitstage ab, die ein Arbeitnehmer pro Woche arbeitet. Wer vier Tage in der Woche arbeitet, hat also nur mindestens 16 Tage Urlaub im Jahr.
Bei Jugendlichen und Schwerbehinderten kann der Mindesturlaub höher liegen.
Wie viel Urlaub steht Arbeitnehmern pro Jahr zu?
Arbeitnehmer haben hierzulande im Durchschnitt 30 bezahlte Urlaubstage im Kalenderjahr, ihre genaue Anzahl kann je nach Branche und Arbeitsvertrag variieren.
Arbeitnehmer haben in der Regel also mehr Urlaub, als ihnen gesetzlich mindestens zusteht (siehe oben). Das liegt daran, dass es Arbeitgebern frei steht, Arbeitnehmern mehr Urlaubstage als die gesetzlich vorgeschriebenen zuzugestehen und dies im Arbeitsvertrag zu fixieren.
Weniger Urlaub als der Mindesturlaubsanspruch vorsieht: erlaubt?
Nein. Weniger Urlaub als der gesetzlich mindestens vorgeschriebene dürfen Arbeitgeber den Angestellten in ihrem Unternehmen nicht gewähren.
Arbeitnehmer: Wann kann man den ganzen Jahresurlaub nehmen?
„Wenn ein Arbeitnehmer in einem Unternehmen zu arbeiten beginnt, steht ihm für jeden vollen Monat, den er dort tätig ist, ein Zwölftel des Jahresurlaubs zu“, sagt der Wiesbadener Rechtsanwalt Jakob T. Lange von der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Bei einem Urlaubsanspruch von 24 Tagen sind das zwei Tage im Monat.
Nach sechs Monaten, der sogenannten Wartezeit, kann der Arbeitnehmer - zumindest theoretisch - seinen gesamten Jahresurlaub nehmen.
Arbeitnehmer: Urlaub und Jobwechsel - welche Regeln gelten?
Wenn ein Arbeitnehmer bei einem anderen Arbeitgeber zu arbeiten beginnt, kann sich die Frage stellen, wie viel Urlaub ihm bei seinem „alten“ und bei seinem neuen Arbeitgeber zustehen.
Die Urlaubsregeln bei Beginn eines neuen Arbeitsverhältnisses lassen sich anhand einiger Beispiele verdeutlichen:
Beispiel 1: Ein Arbeitnehmer beendet sein Arbeitsverhältnis bei einem Unternehmen zum 31. Mai und beginnt am 1. Juni in einer anderen Firma an zu arbeiten. In diesem Fall hat der Arbeitnehmer bei seinem „alten“ Arbeitgeber einen Urlaubsanspruch von 5/12 seines Jahresurlaubes.
Bei seinem neuen Arbeitgeber erwirbt er einen anteiligen Urlaubsanspruch. Dieser beträgt 1/12 des Jahresurlaubs für jeden ganzen Monat, in dem er dort tätig ist.
Nach einer Wartezeit von mindestens sechs Monaten kann der Arbeitnehmer zumindest theoretisch seinen ganzen Jahresurlaub nehmen. Von diesem muss er aber die freien Tage abziehen, die er bereits bei seinem „alten“ Arbeitgeber genommen hat.
Neues Arbeitsverhältnis: Jobwechsel nach Erwerb des ganzen Urlaubsanspruchs
Rechtlich kompliziert kann es werden, wenn ein Arbeitnehmer bei einem neuen Arbeitgeber tätig wird, nachdem er im vorherigen Unternehmen bereits den vollen Urlaubsanspruch erworben hat. Hier sind zwei Szenarien denkbar:
Beispiel 2: Ein Arbeitnehmer beginnt ab dem 1. September in einem neuen Arbeitsverhältnis. Da er bereits sechs Monate bei seinem „alten“ Arbeitgeber tätig war, hat er dort einen Anspruch auf seinen kompletten Jahresurlaub erworben. Von den ihm zustehenden 30 Tagen Urlaub hat der Arbeitnehmer beim vorherigen Arbeitgeber nur 20 Tage aufgebraucht, zehn Tage hat er also noch übrig.
Diese zehn Tage konnte der Arbeitnehmer beim „alten“ Arbeitgeber nicht nehmen, ausbezahlt worden sind sie ihm auch nicht. „In solchen Fällen hat der Arbeitnehmer beim neuen Arbeitgeber Anspruch auf anteiligen Urlaub“, sagt Rechtsanwalt Jakob T. Lange. „Das aber nur dann, wenn dieser mehr als 20 Urlaubstage im Jahr gewährt.“
Wie viele von seinen verbleibenden Urlaubstagen ein Arbeitnehmer nach einem Jobwechsel nehmen darf, hängt von der Anzahl der jährlichen Urlaubstage ab, die der neue Arbeitgeber vertraglich zusichert. Im beschriebenen Fall könnten sich die freien Tage also reduzieren, wenn der neue Chef weniger Urlaub gewährt als der frühere Arbeitgeber.
Um einem neuen Arbeitgeber nachzuweisen, wie viele Tage Urlaub man noch hat, kann man seinem neuen Chef eine Urlaubsbescheinigung vorlegen, wenn dieser Auskunft über den genommenen oder bereits abgegoltenen Urlaub verlangt. Der frühere Arbeitgeber ist verpflichtet, eine solche Bescheinigung auszustellen, wenn der Arbeitnehmer dies möchte. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden (AZ: 9 AZR 295/13).
Arbeitnehmer und Urlaubsanspruch: Doppelte Ansprüche auf Jahresurlaub nach Jobwechsel?
Beispiel 3: Ein Arbeitnehmer wechselt zum 1. September in eine neue Firma. Beim „alten“ Arbeitgeber, bei dem er wegen der erfüllten Wartezeit von sechs Monaten Anspruch auf seinen ganzen Jahresurlaub erworben hat, hat er seinen gesamten Urlaub aufgebraucht. In diesem Fall hat der Arbeitnehmer keinen bezahlten Urlaub beim neuen Arbeitgeber. Ein Urlaubsanspruch steht ihm grundsätzlich erst mit Beginn des neuen Kalenderjahres zu.
Diese Regeln ergeben sich aus dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Dieses sieht vor, dass Arbeitnehmer nur einmal im Kalenderjahr einen Jahresurlaub nehmen können, es schließt doppelte Urlaubsansprüche aus. Eine Ausnahme besteht dann, wenn der neue Arbeitgeber mehr Urlaub als der vorherige Chef anbietet. Dann kann dem Arbeitnehmer ein anteiliger Urlaubsanspruch zustehen, obwohl er den Jahresurlaub bei seinem vorherigen Arbeitgeber vollständig genommen hat.
Lesen Sie weiter, bis wann Arbeitnehmer ihren Resturlaub nehmen sollten.
- Datum
- Aktualisiert am
- 01.11.2022
- Autor
- ime