Was ist ein Haushaltsführungsschaden?
Der Haushaltsführungsschaden ist keine persönliche Tollpatschigkeit im Umgang mit Gebrauchsgegenständen zuhause. Der Begriff entstammt dem Schadensersatzrecht und bezeichnet die Tatsache, dass der Haushalt nichtmehr so geführt werden kann, wie es zuvor der Fall war. Das geschieht zum Beispiel, wenn ein Verkehrsunfall eine Körperverletzung zur Folge hat. Mit gebrochenem Arm lässt sich Wäsche nicht gut aufhängen, ein gebrochener Fuß erschwert den Lebensmitteleinkauf. Diese und weitere notwendigen Tätigkeiten werden durch die körperliche Beeinträchtigung erschwert, es kommt zu einem „Schaden“ für das Führen des eigenen Haushalts. „Business as usual“ ist während der Genesung nicht möglich. Dafür haben Betroffene einen Anspruch auf finanziellen Ausgleich - sie können einen „Haushaltsführungsschaden“ geltend machen.
Zum Führen eines Haushaltes gehören:
- Planung und Organisation
- Betreuung von Familienmitgliedern
- Einkauf von Lebensmitteln sowie deren Zubereitung (Kochen)
- Reinigung der Wohnung
- Wäsche waschen
- Reparaturen
- Gartenarbeit
Gesetzlich verankert ist der Haushaltsführungsschaden im Bürgerlichen Gesetzbuch. Dort heißt es unter
§ 843, Abs. 1: „Wird infolge einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit die Erwerbsfähigkeit des Verletzten aufgehoben oder gemindert oder tritt eine Vermehrung seiner Bedürfnisse ein, so ist dem Verletzten durch Entrichtung einer Geldrente Schadensersatz zu leisten.“
Durch die Verletzung bei einem Verkehrsunfall vermehren sich die Bedürfnisse für Betroffene. Wer keinen Haushalt führen kann, braucht vermehrt Hilfe, um einen Haushalt zu führen.
Wie berechnet man die Höhe des Haushaltsführungsschadens?
Zunächst muss man wissen, dass neben dem Schadensersatz und Schmerzensgeld überhaupt ein Anspruch auf Entschädigung für die Haushaltsführung besteht. Nur Betroffene können einen Anspruch geltend machen. Der Haushaltsführungsschaden wird bei der KFZ-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers angemeldet. Entweder werden die Kosten für eine notwendige Haushaltshilfe ersetzt, oder man lässt ihn sich als fiktiven Schaden auszahlen. Da oft Freunde oder andere Familienmitglieder einspringen, oder man selbst weniger macht, muss fiktiv geschätzt werden, welche Entschädigungshöhe angemessen ist.
Wie das Oberlandesgericht Jena am 13. April 2022 entschied (AZ: 2 U 1250/20), hat die geschädigte Person Anspruch auf den Nettolohn einer Ersatzkraft. Dafür werden vereinfacht 30% vom Brutto-Gehalt einer Haushaltshilfe abgezogen, bei der Lohnhöhe orientiert sich das Gericht an dem gesetzlichen Mindestlohn.
Tipp: In jedem Fall ist es sinnvoll, mögliche Ansprüche mit einer Anwältin oder einem Anwalt zu klären, um angemessene Entschädigung einfordern zu können.
Können Haustiere im Haushaltsführungsschaden geltend gemacht werden?
Dass ein Haustier ein Familienmitglied ist, steht für Viele außer Frage. Nach dieser Logik würde dann auch die Betreuung (beispielsweise eines Hundes) zu den Aufgaben im Haushalt gehören. Führt die Unfallverletzung dazu, dass man seine animalischen Freunde vernachlässigen muss, liegt die Vermutung nahe, es sei ein Haushaltsführungsschaden – und damit bestünde ein Recht auf Entschädigung. Tatsächlich ist die Auslegung im Schadensersatzrecht nicht einheitlich.
In der Rechtsliteratur geht es weniger um die Frage, ob ein Tier Aufwand verursacht. Natürlich bedeutet die Betreuung eines Haustieres in den meisten Fällen Kosten- und Zeitaufwand. Die Unterschiede in der Bewertung beziehen sich darauf, ob eine Vernachlässigung im Sinne des „Haushaltsführungsschadens“ geltend gemacht werden kann.
Auch das Tier selbst ist dafür von Bedeutung. Bei einem Nutztier, welches einem wirtschaftlichen Zweck dient, sei klar, dass es sich um einen Verdienstausfallschaden handele. Das Haustier ist zwar kein Nutztier, eine unterhaltsrechtliche Verpflichtung, wie den anderen Familienmitgliedern gegenüber (§ 843 I BGB), besteht jedoch auch nicht. Das erschwert eine Einordnung als „ersatzfähige Position“ – also als legitimer Kostenpunkt innerhalb des Haushaltsführungsschadens.
Eine Liebhaberei oder ein Wachhund?
Das Oberlandesgericht Koblenz hat am 01.03.2021 geurteilt, dass Zeit- und Kostenaufwand für Haustiere bei der Berechnung des Haushaltsführungsschadens berücksichtigt werden können. Der Einzelfall sei jedoch entscheidend (NJW-RR 2021, 1466). Primär würden Haustiere der „Liebhaberei“ und dem Vergnügen, also Hobby, dienen. Das OLG Jena entschied am 14.04.2022 (NZV 2022, 479 = NJOZ 2022, 847), dass der Zeitaufwand für ein Hobby, also z.B. die Hauskatze, nicht im Haushaltsführungsschaden berücksichtigt werden dürfe. Anders sähe es bei einem Wachhund aus, der zwar keinen wirtschaftlichen Zweck erfüllen muss, aber ein Nutztier ist.
Literatur und Rechtsprechung scheinen also noch keine einheitliche Auslegung gefunden zu haben. Ob das Kümmern ums Haustier zur Haushaltstätigkeit gehört und als Haushaltsführungsschaden geltend gemacht werden kann, wird die Gerichte weiter beschäftigen.
„Mit uns kann man‘s ja machen“, würden die Haustiere vielleicht sagen – tatsächlich ist Ihre Ansicht unterrepräsentiert, wenn es um die Frage der Familienzugehörigkeit geht. Beantwortet ist sie allemal.
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- Datum
- Aktualisiert am
- 15.12.2022
- Autor
- red/dav