
Rente: Mehr Geld durch Hinzuverdienst
Niemand möchte im hohen Alter jeden Euro umdrehen müssen. Neben dem finanziellen Anreiz sind oft auch Sinnstiftung zwei der entscheidenden Gründe, warum ältere Menschen nach Eintritt ins Rentenalter weiterhin beruflich tätig sind.
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Hinzuverdienstgrenzen bis Ende 2022
Allerdings gab es bis Ende 2022 sogenannte Hinzuverdienstgrenzen. Wer vor Erreichen des regulären Rentenalters (ab Jahrgang 1964 mit 67) in Rente gegangen ist (z.B. wegen Schwerbehinderung oder besonders langer Arbeitszeit) oder eine Erwerbsminderungsrente erhalten hat, dem konnte zusätzliches Einkommen angerechnet werden – was dazu führte, dass sich der Rentenanspruch verringerte. Wer das reguläre Rentenalter erreicht hatte, für den spielte zusätzliches Einkommen für die Altersrente keine Rolle mehr.
Aber warum galten überhaupt Obergrenzen für den Zuverdienst? Das Rentensystem basiert auf dem Prinzip der Solidarität. Das bedeutet, dass Beiträge von Erwerbstätigen dazu verwendet werden, die Renten derjenigen zu finanzieren, die nicht mehr oder nicht mehr voll erwerbstätig sind. Hinzuverdienstgrenzen sollten sicherstellen, dass Menschen, die eine Rente beziehen, nicht gleichzeitig ein hohes Einkommen aus Erwerbstätigkeit haben und somit die Solidargemeinschaft übermäßig belasten. Ebenso sollten sie den Anreiz für einen frühzeitigen Renteneintritt verringern und eher dafür sorgen, dass Menschen länger arbeiten und somit mehr in das Rentensystem einzahlen.
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Ab 2023: Hinzuverdienstgrenzen abgeschafft
Seit 2023 existieren die Grenzen für zusätzliches Einkommen neben der gesetzlichen Rente nichtmehr. Die Hauptgründe dafür sind:
- Bekämpfung des Fachkräftemangels: Durch die Abschaffung der Verdienstgrenzen soll es für Rentner attraktiver werden, weiterhin zu arbeiten und somit dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Ältere Arbeitnehmer verfügen oft über wertvolle Erfahrung und Wissen, das in vielen Branchen dringend benötigt wird.
- Flexibilisierung des Renteneintritts: Die Abschaffung der Hinzuverdienstgrenzen ermöglicht einen flexibleren Übergang in den Ruhestand. Rentner können weiterhin arbeiten und ihre Rente gleichzeitig beziehen, ohne finanzielle Einbußen befürchten zu müssen.
- Anreiz zur Erwerbstätigkeit im Alter: Durch die Abschaffung der Grenzen soll ein Anreiz geschaffen werden, im Alter erwerbstätig zu bleiben und somit die eigene finanzielle Situation aufzubessern und gleichzeitig einen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten.
Im Klartext: die Abschaffung der Hinzuverdienstgrenzen bei der Rente bedeutet, dass Rentnerinnen und Rentner seit dem 1. Januar 2023 unbegrenzt zu ihrer Rente hinzuverdienen dürfen, ohne dass diese gekürzt wird. Dies gilt für alle, die eine Altersrente beziehen, unabhängig davon, ob sie vorzeitig in Rente gegangen sind oder die Regelaltersgrenze erreicht haben.
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Hinzuverdienstgrenzen: Ausnahmen bei Erwerbsminderungsrente
Allerdings: Die Hinzuverdienstgrenzen wurden nicht für alle Rentenarten abgeschafft. Beispielsweise bei der Erwerbsminderungsrente (für Menschen, die aufgrund von Krankheit oder Behinderung nicht mehr in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten) gelten bestimmte Grenzen, die 2023 angepasst wurden. Bei einer teilweisen Erwerbsminderungsrente beträgt die Obergrenze 39.322€, bei voller Erwerbsminderungsrente 19.661€ pro Jahr. „Diese kann bei entsprechend höherem Einkommen vor Eintritt der teilweisen Erwerbsminderung auch höher ausfallen“, sagt Rechtsanwältin Frauke Redweik, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV).
Gut zu wissen: Seit 1.1.2024 können Bezieher einer Erwerbsminderungsrente durch die sogenannte Arbeitserprobung testen, ob sie wieder (mehr) arbeiten können, ohne ihren Rentenanspruch zu gefährden.
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Betriebsrente: Verringert Hinzuverdienst Anspruch?
Neben der gesetzlichen Altersrente gibt es häufig die so genannte Betriebsrente. Diese ist eine Leistung der betrieblichen Altersvorsorge und wird vom Arbeitgeber angeboten. In der Regel ist sie für Arbeitnehmer freiwillig. Was passiert aber, wenn die Betriebsrente ausgezahlt wird und nebenbei noch Erwerbseinkommen erzielt wird?
Urteil: Einkünfte auf Betriebsrente anrechenbar
Diese Frage hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 12. April 2024 (Az. 6 Sa 1198/23) grundlegend beantwortet: Die Anrechnung von Einkommen auf eine Betriebsrente ist zulässig, wenn dies in den Versorgungsbestimmungen ausdrücklich geregelt ist. Einfach gesagt: Wenn in den betrieblichen Regelungen zur Altersvorsorge festgelegt wurde, dass zusätzliches Einkommen angerechnet wird, ist das auch rechtens.
Ausgangspunkt war der Kläger, der neben seiner vorzeitig in Anspruch genommenen gesetzlichen Altersrente Arbeitseinkommen erzielte. Dies führte nach einer tarifvertraglichen Regelung zu einer Kürzung seiner Betriebsrente auf null.
Keine Ungleichbehandlung von Erwerbstätigen und Ruheständlern
Laut dem Gericht verstoße die Klausel zur Anrechnung auch nicht gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes. Eine Ungleichbehandlung von Erwerbstätigen und Ruheständlern sei bei einer Gesamtversorgungszusage gerechtfertigt, da diese auf die Aufrechterhaltung des Lebensstandards im Alter abziele.
Das Urteil gibt Arbeitgebern Rechtssicherheit bei der Gestaltung von Versorgungsordnungen. Es zeigt aber auch, dass Versorgungsregelungen präzise formuliert sein müssen, um einer gerichtlichen Überprüfung standzuhalten. Für Arbeitnehmer bedeutet dies, dass sie die Bedingungen ihrer Betriebsrente genau kennen sollten, insbesondere, wenn sie vorzeitig in den Ruhestand gehen oder weiterarbeiten wollen.
(Betriebsrenten müssen nicht gerecht sein.)
Anspruch geltend machen: Anwältinnen und Anwälte helfen
Anwältinnen und Anwälte können Ihnen in vielen Situationen helfen, Ihre Rentenansprüche durchzusetzen. Wenn Sie Fragen zu Ihrer Rente oder Probleme mit der Rentenversicherung haben, sollten Sie sich nicht scheuen, einen Anwalt zu kontaktieren. Schauen Sie direkt nach dem passenden Rechtsbeistand in Ihrer Nähe, zu finden in unserer Anwaltssuche.
- Datum
- Aktualisiert am
- 10.02.2025
- Autor
- red/dav