Lücken in der Behandlungsdokumentation führen nicht automatisch zu einem Vorwurf von Behandlungsfehlern. Vielmehr hat der Arzt in einem Prozess die Möglichkeit, diese Lücken durch andere Beweismittel zu schließen, wie etwa die Anhörung des Arztes selbst und die Vernehmung von Zeugen. Kann dann kein Behandlungsfehler festgestellt werden, muss der Arzt auch nicht haften. Die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins informiert über eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz vom 4. Juli 2016 (AZ: 5 U 565/16).
In dem Prozess warf die Klägerin ihrem Zahnarzt vor, sie nicht genügend über die Risiken des Zahnziehens informiert zu haben. Auch habe der Arzt nicht ausreichend festgestellt, ob der Zahn überhaupt gezogen werden müsse. Es wurde kein Röntgenbild angefertigt, so die Patientin.
Die Patientin hatte drei Tage nach dem Eingriff erneut zu ihrem Arzt gehen müssen, um Wurzelreste entfernen zu lassen. Dabei sei es zu einer Nervverletzung gekommen, die Wunde habe sich später entzündet.
Die Frau warf dem Arzt zum einen Behandlungsfehler vor, zum anderen, dass die Behandlungsdokumentation sehr lückenhaft sei. Daher könnten Sachverständige ihren Vorwurf nicht richtig prüfen. Insgesamt liege ein Behandlungsfehler des Arztes vor, dafür spreche auch die lückenhafte Dokumentation.
Wie wichtig ist die Behandlungsdokumentation in einem Arzthaftungsprozess?
Grundsätzlich kommt es tatsächlich auf die Dokumentation der Behandlung des Patienten an. Der Patient muss den Behandlungsfehler beweisen und zieht dazu meistens die Behandlungsdokumentation heran.
Der Arzt konnte jedoch mit Hilfe seiner Aussage sowie der Aussage seiner Assistentin das Gegenteil beweisen. Demnach war die Extraktion des Zahnes notwendig. Der Zahn habe tatsächlich gezogen werden müssen. Es könne dann auch vorkommen, dass tief ein Wurzelrest verbleibe.
Bei Entfernen dieses Wurzelrestes könne es immer zu einer Verletzung des Nervs kommen. Auch eine Wundinfektion komme immer wieder einmal vor – darüber müsse nicht gesondert aufgeklärt werden.
Das Gericht sprach von „schicksalhaften“ Begleiterscheinungen der Behandlung der Patientin. Allein wegen Lücken in der Dokumentation könne kein Behandlungsfehler des Arztes begründet werden. Da aber der Arzt nachgewiesen habe, dass seine Behandlung notwendig und im Übrigen weitere Aufklärung nicht geboten gewesen sei, hafte er nicht.
- Datum
- Aktualisiert am
- 25.08.2017
- Autor
- red