
Auch wenn eine Ehe emotional beendet und das Paar getrennt ist, können sich in der Folge noch seelische Belastungen ergeben. Das gilt auch gerade dann, wenn beide Ex-Partner noch in derselben Wohnung leben. Führt dies zu einer unbilligen Härte, kann es zu einer Zuweisung der Ehewohnung an einen der beiden Ehepartner kommen.
Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn die neue Lebensgefährtin des Ehemanns diesen wiederholt in der Ehewohnung besucht und über Nacht bleibt. Gerade bei einer beengten Wohnsituation stellt dies eine unbillige Härte dar. Die Ehewohnung kann in diesem Fall der Frau allein zugewiesen werden, selbst dann, wenn die Wohnung dem Mann gehört. Dies entschied das Oberlandesgericht Hamm am 28. Dezember 2015 (AZ: II-2 UF 186/15), wie die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.
Trennungsjahr in der Ehewohnung – welche Vorgaben gelten?
Geteilter Tisch, geteiltes Bett bedeutet nicht unbedingt geteilte Wohnung. So erging es einem Ehepaar, das 1996 geheiratet hatte und sich im Juli 2015 trennte. Er war 52, sie 64 Jahre alt. Auch nach der Trennung wohnten sie noch in der Ehewohnung, die hier ein kleines Häuschen war, das dem Mann gehört.
Dieser arbeitet als selbständiger Tischler und erzielt damit rund 1.700 Euro netto im Monat. Die Frau ist bereits Rentnerin und verfügt über ein monatliches Einkommen aus zwei Renten von rund 560 Euro. Außerdem zahlt der Mann der Frau seit August 2015 einen Trennungsunterhalt in Höhe von 275 Euro.
Im August 2015 forderte der Mann seine Frau schriftlich auf, die gemeinsame Ehewohnung bis zum 30. September 2015 zu räumen. In der Folgezeit besuchte die neue Lebensgefährtin die Wohnung und blieb zum Teil auch über die Nacht. Die Frau forderte schriftlich ihren Ex-Partner über ihren Anwalt auf, derartige Störungen zu unterlassen. Gleichwohl fanden weitere Besuche der Lebensgefährtin statt. In der Folge beantragte die Frau mit Hilfe ihres Anwalts, ihr die Wohnung zur alleinigen Nutzung zuzuweisen.
Getrenntes Paar: Wann kann man das alleinige Nutzungsrecht an der Ehewohnung erhalten?
Die Frau hatte teilweise Erfolg. Damit die Ehewohnung einem Ehepartner zugewiesen werden kann, muss eine unbillige Härte vorliegen. Dies sah das Oberlandesgericht hier gegeben. Obwohl die Ehewohnung ein Haus war, waren die Wohnverhältnisse mit nur einem Wohn-, Ess- und Küchenbereich und einem Badezimmer beengt. Es war nicht möglich, sich während der Besuche aus dem Weg zu gehen.
Dies habe eine erhebliche Herabsetzung der Lebensqualität der Frau zur Folge, so die Richter. Auch seien die Besuche unregelmäßig und unvorhersehbar gewesen, so dass die Frau nicht habe wissen können, ob die Freundin zu Besuch komme oder nicht. Auch hätte das Ehepaar über die Benutzung des Wohnzimmers gestritten. Diese Probleme und die Übernachtungsbesuche der Lebensgefährtin des Mannes gegen den erklärten Willen der Frau stellten eine unbillige Härte dar.
Die Richter entschieden, die Ehewohnung der Frau zuzuweisen, obwohl das Haus dem Mann gehörte. Hierbei berücksichtigten die Richter, dass letztlich er mit den Besuchen seiner Freundin die unbillige Härte verursacht hatte. Ebenso berücksichtigten sie das Alter der Frau und ihre beschränkten finanziellen Verhältnisse. „Der Antragsgegner (der Mann) ist dagegen jünger und wirtschaftlich leistungsfähiger“, begründeten die Richter ihre Entscheidung.
Befristete Zuweisung der Ehewohnung und Nutzungsentschädigung
Besonderes Gewicht hat in diesem Zusammenhang der Begriff der „Ehewohnung“. Gerade während des Trennungsjahrs genießt die Ehewohnung immer noch einen besonderen Schutz, da nicht endgültig ausgeschlossen werden kann, dass das Paar sich noch versöhnt. Klingt in diesem Fall zwar komisch, ist aber der juristische Grund für das Trennungsjahr.
Der Mann hatte zwar noch ausgeführt, dass die Frau, die ihm das Leben zu Hölle machte, regelmäßig seine Nachtruhe störe. Dies war jedoch nicht ausreichend begründet, so dass es für die Richter und ihre Entscheidung keine Rolle spielte.
Allerdings berücksichtigten sie in ihrer Entscheidung letztendlich doch, dass das Haus dem Mann gehörte. Deshalb befristeten die Richter die Zuweisung der Ehewohnung an die Frau bis zum Ende des Trennungsjahres im Juni 2016. Damit bleibe der Frau noch ein halbes Jahr, um sich um eine Ersatzwohnung zu kümmern.
Die Frau musste eine monatliche Nutzungsentschädigung von 250 Euro bezahlen. Das Gericht nahm in seiner Entscheidung eine Kürzung der vollen Nutzungsvergütung vor und orientierte sich nicht am objektiven Nutzwert. Es begründete dies damit, dass es sich um ein Trennungsjahr handele und die Frau geringere finanzielle Möglichkeiten habe.
Nach Trennung: Wie können Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte helfen?
Damit jeder Ehepartner über seine Rechte und seine Pflichten ausreichend aufgeklärt wird, ist es unbedingt erforderlich, dass man sich nach der Trennung anwaltlich beraten lässt. Dies ist nicht nur im Streit sinnvoll. Auch wenn man sich einvernehmlich trennt haben die Ehepartner oft nicht alle Ansprüche und Pflichten im Blick. So kann eine Trennung und Scheidung Auswirkungen auf die gemeinsame Krankenversicherung und andere Dinge haben.
Erfahrungsgemäß sind die Betroffenen oft auch emotional nicht in der Lage, objektiv mit den Folgen der Trennung umzugehen. Daher ist es wichtig, dass jeder Ehepartner jemanden an seiner Seite hat, der ausschließlich dessen Interessen im Blick hat. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte für Familienrecht findet man in der Anwaltssuche.
- Datum
- Aktualisiert am
- 14.02.2017
- Autor
- red/dpa