
In Trennungsfamilien kann sich die Frage stellen, wo das Kind oder die Kinder leben sollen: bei der Mutter oder beim Vater. Wenn sich Eltern nicht darüber einigen können, muss das Familiengericht den Aufenthalt manchmal festlegen. Dabei entscheiden die Familienrichter danach, was für das Kindeswohl am besten ist.
Um dies festzustellen, sind mehrere Kriterien wichtig, unter anderem die Kontinuität des kindlichen Aufenthalts bei einem der Elternteile. Das hat das Oberlandesgericht Brandenburg in einem Beschluss vom 12. Mai 2015 klargestellt (AZ: 10 UF 3/15). Die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet über den zugrunde liegenden Fall.
Trennungsfamilien: Was geschieht, wenn das Kind beim Vater leben will?
Die Eltern des zwölfjährigen Jungen leben getrennt. Der Junge lebt bei seiner Mutter, seinem Bruder und dem Stiefvater. Den Vater sieht er alle 14 Tage an den Wochenenden. Die Eltern haben das gemeinsame Sorgerecht. Der Vater wollte, dass der Junge künftig bei ihm lebt. Diesen Wunsch äußerte auch der Junge gegenüber dem Verfahrensbeistand und vor Gericht. Als Motivation für den Wechselwunsch äußerte der Junge, dass er beim Vater „mehr Liebe“ bekäme und er einen kurzen Weg zur Schule habe.
Vater: Antrag auf Aufenthaltsbestimmungsrecht gestellt
Der Antrag des Vaters, den Aufenthalt des Jungen allein zu bestimmen, lehnte das Gericht ab. Der Wille des Kindes sei zwar bei einem solchen Gerichtsverfahren zu beachten, jedoch nicht das alleinige Kriterium. Tatsächlich verbrachte der Junge lediglich die Wochenendfreizeit bei seinem Vater. Auf die Frage des Gerichts, ob er sich darüber im Klaren sei, dass er seine Mutter dann noch nur noch alle 14 Tage sehe, zeigte er sich sichtlich gedämpft.
Kindeswohl: Wie wichtig ist es, dass ein Kind schon lange bei einem Elternteil lebt?
Der Junge würde sein gewohntes Umfeld verlassen, so das Gericht. Auch dies sei bei der Bestimmung des Kindeswohls zu berücksichtigen. Nach Ansicht des Gerichts sprach hier viel dafür, auf Kontinuität zu setzen. Allerdings schlug das Gericht auch vor, dass der Junge künftig an den Betreuungswochenenden von Donnerstag bis Dienstag früh beim Vater wohnen solle. Dann könnten beide auch gemeinsamen Alltag erleben. Da die Eltern ein angespanntes Verhältnis hatten, schlug das Gericht vor, eine neue Umgangsregelung durch Vermittlung des Jugendamtes zu finden.
- Datum
- Aktualisiert am
- 01.06.2018
- Autor
- red/dpa