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Multiple Eltern­schaft

Abstammung: Wie viele Eltern kann ein Kind haben?

Multiple Abstammung: Wer ist die Mutter eines Kindes, wer der Vater? © Quelle: Matelly/gettyimages.de

Früher konnte man leichter bestimmen, wer die Mutter und der Vater eines Kindes waren. In Zeiten von Leihmut­ter­schaft, Samenspende und Eizell­spende ist dies jedoch schwieriger geworden nd mitunter ist nicht klar, von wem genau oder von wie vielen Menschen ein Kind abstammt. Dabei sind eindeutige Abstammungs- und Verwandt­schafts­ver­hältnisse aber wichtig zum Beispiel, um erben und vererben zu können.

Es ist eine medizi­nische Sensation, über das das Wissen­schafts­magazin New Scientist in seiner Ausgabe vom September 2016 berichtet: Danach ist in Mexiko ein Baby zur Welt gekommen, das aus dem Gen-Material von drei Eltern, zwei Frauen und einem Mann, entstanden ist.

Bei dem Kind haben US-amerika­nische Ärzte eine als „Drei-Eltern-Invitro-Fertili­sation“ bekannte Befruch­tungs­technik angewendet. Im konkreten Fall wurde DNA aus dem defekten Ei der Mutter entnommen und in ein gesundes Spender-Ei eingesetzt, dieses wurde mit dem Samen des Vaters befruchtet. Die Mutter leidet an einer seltenen Erbkrankheit und kann selbst keine gesunden Kinder bekommen.

Allerdings ist die Drei-Eltern-Invitro-Fertili­sation hochum­stritten, Kritiker geißeln sie als Weg hin zum „Designer-Baby“. Bislang erlaubt nur Großbri­tannien diese Art der künstlichen Befruchtung.

Familie und Abstammung: Wer ist die Mutter eines Kindes, wer der Vater?

Dass ein Kind mehr als zwei Eltern hat, ist zunächst ein ungewöhn­licher Gedanke und zumindest nach deutschem Recht unmöglich. Denn das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) geht von Eindeu­tigkeit aus und definiert zum Beispiel knapp: „Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat“.

Derjenige, der mit der Mutter verheiratet ist, ist der rechtliche Vater des Kindes. Rechtlicher Vater eines Kindes ist auch derjenige, der das Kind anerkannt hat oder dessen Vaterschaft ein Gericht festge­stellt hat.

Allerdings ist angesichts der Möglich­keiten, die die Reproduk­ti­ons­medizin heutzutage bietet, fraglich, ob die genannten Defini­tionen von "Mutter" und "Vater" ausreichen, um die Abstammung und die Verwandt­schafts­ver­hältnisse eines Kindes zu klären, das zum Beispiel mit Hilfe der Reproduk­ti­ons­medizin gezeugt wurde und an deren Entstehung viele Menschen beteiligt waren: Leihmütter, Eizell­spen­de­rinnen oder Samenspender.

Auch wenn viele dieser Methoden der Fortpflanzung in Deutschland verboten sind, nutzen Bundes­bürger sie und fahren dafür notfalls ins Ausland.

Leihmütter, Samenspende, Eizell­spende: Was ist in Deutschland erlaubt?

Die Leihmut­ter­schaft ist in Deutschland verboten. Das Adopti­ons­ver­mitt­lungs­gesetz verbietet es hierzulande auch, Leihmütter an Wunsch­eltern zu vermittelt. Wunsch­eltern selbst werden nicht belangt. Die Wunsch­eltern sind diejenigen, die eine Leihmutter im Ausland damit beauftragen, für sie ein Kind auszutragen.

Verbot der Leihmut­ter­schaft bestätigt

Das Verbot der Leihmut­ter­schaft hat das Oberlan­des­gericht (OLG) Braunschweig im April 2017 bestätigt und einem deutschen Elternpaar die rechtliche Eltern­schaft verweigert. Über das Urteil berichtet die Arbeits­ge­mein­schaft Famili­enrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV). Das Paar hatte einen Vertrag mit einer US-amerika­nischen Leihmutter abgeschlossen, diese hatte für das Paar Zwillinge ausgetragen. Die Wunsch­eltern dürfen bislang nicht die rechtlichen Eltern der Kinder sein, weil diese aufgrund einer in Deutschland verbotenen Methode entstanden und zur Welt gekommen sind. Wegen der Bedeutung des Falles hat das OLG eine Beschwerde beim Bundes­ge­richtshof zugelassen (Quelle: red/dpa).

Ein Arzt macht sich strafbar, wenn er sich an den medizi­nischen Vorberei­tungen für eine Leihmut­ter­schaft beteiligt und etwa Eizellen künstlich befruchtet und sie der Leihmutter einsetzt. Ein solches ärztliches Verhalten verbietet das Embryo­nen­schutz­gesetz.

Frauen, die ihre Eizellen spenden wollen, dürfen dies in Deutschland nicht tun, denn Eizell­spenden sind in Deutschland verboten. Dabei spielt es keine Rolle, ob Frauen eine ihrer Eizellen aus altruis­tischen Motiven etwa einer ihrer Verwandten spenden wollen oder aus kommer­ziellen Gründen handeln.

Männern ist es demgegenüber erlaubt, ihren Samen zu spenden und zum Beispiel an eine Samenbank zu verkaufen.

Erlaubt ist in Deutschland die künstliche Befruchtung ungewollt kinderloser Paare, diese finanzieren die gesetz­lichen Kranken­kassen in gewissem Umfang mit. Seit einiger Zeit gilt dies auch für unverhei­ratete Paare. Allerdings muss bei der künstlichen Befruchtung, der heterologen Insemi­nation, Samen und Eizelle der jeweiligen Partner verwendet werden.

Abstammung und Verwandt­schaft: Was ist soziale Eltern­schaft?

Die reproduk­ti­ons­me­di­zi­nischen Möglich­keiten, sich fortzu­pflanzen, verunsichern unser traditio­nelles Bild von Abstammung, Verwandt­schaft, Eltern­schaft und Familie. Dies geschieht aber bereits durch die starken gesell­schaft­lichen Verände­rungen, deren Folge vielfäl­tigste familiäre Konstel­la­tionen sind: Kinder wachsen in Pflege­fa­milien, Adoptiv-Familien, Regenbo­gen­fa­milien oder Patchwork-Familien auf, in denen Paare mit eigenem Nachwuchs und Stiefkindern zusammenleben.

Damit haben Kinder heutzutage oft nicht nur eine Mutter und einen Vater, sondern viele Bezugs­personen und soziale Eltern, zu denen sie starke und liebevolle Beziehungen pflegen.

Allerdings spiegelt sich diese soziale Realität bislang nicht im Recht wider. Denn etwa aus sozialen Kind-Eltern-Beziehungen folgen in der Regel keine Rechte für die Beteiligten. So haben beispielsweise Stiefeltern keine Chance, das Sorgerecht für ihr Stiefkind zu bekommen, das Sorgerecht steht allein den leiblichen Eltern­teilen zu. Nur in den Fällen, in denen ein leiblicher Elternteil das alleinige Sorgerecht innehat, können die Stiefmutter oder der Stiefvater das kleine, allerdings eher symbolische Sorgerecht für das Kind bekommen.

Das Stiefkind wiederum hat gegenüber seiner Stiefmutter oder seinem Stiefvater keine Rechte. Stirbt etwas der Stiefelternteil, zählt das Stiefkinder nicht zum Kreis der gesetz­lichen Erben und hat keinen rechtlichen Anspruch darauf, zu erben oder auf einen Pflichtteil. Dies steht nur den nur den leiblichen Kindern des Erblassers zu.

Deutsches Recht stellt nicht etwa auf die soziale, sondern auf die biologische Verwandt­schaft, Abstammung und Eltern­schaft ab - und eben das wird vielen heutigen Familien nicht gerecht. Daher plädieren Famili­en­rechts­experten seit langem dafür, das geltende Abstammungs- und Kindschaftsrecht zu reformieren und alltags­taugliche Antworten auf Fragen zu finden, die sich Familien stellen. Inzwischen hat auch die Bundes­politik das Problem erkannt und erarbeitet gemeinsam mit Fachleuten Vorschläge für ein reformiertes Abstam­mungsrecht.

Abstammung und Leihmut­ter­schaft: Rechtliche Regeln für Wunsch­eltern

Ohne eine solche Reform müssten Gerichte auch weiterhin etwa den gesetzlich unklaren Status von Familien klären, deren Kinder von Leihmüttern im Ausland ausgetragen wurden.

Hierzulande ist die Leihmut­ter­schaft verboten. Die Wunsch­eltern aber werden nicht bestraft, also diejenigen, die eine Frau im Ausland damit beauftragen, für sie ein Kind auszutragen (siehe Info-Box). Zugleich definiert das Bürgerliche Gesetzbuch als Mutter eines Kindes die Frau, die es geboren hat. Wer mit der Mutter verheiratet ist, ist rechtlicher Vater.

Diese Rechtslage führt zu einem prekären Status von Wunsch­eltern. Denn auch wenn die  Wunschmutter die genetische Mutter des Kindes ist, weil dieses aus einer ihrer Eizellen entstand – nach dem in Deutschland geltenden, im Bürger­lichen Gesetzbuch (BGB) definierten Begriff der Mutter­schaft ist sie nicht die rechtliche Mutter. Ähnliches gilt für den Wunschvater – es sei denn, das Kind wurde mit seinem Samen gezeugt, dann könnte er seine Vaterschaft gerichtlich feststellen lassen.

Ohne rechtliche Eltern­schaft können die Eltern aber nicht mit dem Kind nach Deutschland einreisen – das Kind erhält keinen Reisepass und kann nicht deutscher Staats­an­ge­höriger werden.

BGH: Wunsch­eltern können auch rechtliche Eltern sein

Allerdings hat der Bundes­ge­richtshof (BGH) in den letzten Jahren in verschiedenen Urteilen die Lage von Wunsch­eltern verbessert. 2014 etwa urteilte der BGH, dass die Entscheidung eines auslän­dischen Gerichts, das deutschen Eltern die rechtliche Eltern­schaft für ein Kind zubilligt, auch in Deutschland gelten kann – wenn ein Wunsch­el­ternteil mit dem Kind genetisch verwandt ist, die Leihmutter aber nicht (AZ: X II ZB 463/13).

Diesen Juli hat das nordrhein-westfä­lische Oberver­wal­tungs­gericht entschieden, dass ein sechsjähriger Junge, der 2010 von einer indischen Frau geboren wurde, einen deutschen Pass bekommen darf (AZ: 19 A 2/14). Der Vater, ein Deutscher, der in einer eingetragenen Lebens­part­ner­schaft in Israel lebt, wollte auch für seinen Sohn die deutsche Staats­an­ge­hö­rigkeit durchsetzen. Das billigte das Gericht dem Kind zu und verwies dabei darauf, dass ein israelisches Famili­en­gricht im vergangenen Jahr den Vater des Klägers als Erzeuger anerkannt habe.

Datum
Aktualisiert am
19.05.2017
Autor
ime
Bewertungen
2562
Themen
Adoption Eltern Kinder Samenspende Verwandt­schaft

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