Was zählt zu Glücksspiel?
Ob Roulette, Poker, Blackjack oder Spieleautomaten – die einschlägigen Angebote der Casinos dürften den allermeisten ein Begriff sein. In Deutschland ist die Definition von Glücksspielen im Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) festgehalten:
„Ein Glücksspiel liegt vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. […] Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses sind Glücksspiele“, (§ 3, Abs. 1. GlüStV).
Ziele der Regulierung von Glücksspiel in Deutschland
Die Glücksspiel-Aufsichtsbehörden haben in ihrem Jahresbericht von 2021 die Erträge des deutschen Glücksspielmarktes auf etwas über zehn Milliarden Euro beziffert. Dabei wird das Volumen von erlaubtem und unerlaubtem Spiel zusammengerechnet – mit dem Hinweis, dass Gewinne illegaler Angebote auf Schätzungen beruhen.
Da nicht unerhebliche Gefahren von Glücksspiel ausgehen können, haben sich die Bundesländer in einem Staatsvertrag auf ihre Regulierung geeinigt. Die Ziele der Regulierung sind nach § 1, GlüStV:
- Das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern
- Durch ein begrenztes, […] Glücksspielangebot den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete
und überwachte Bahnen zu lenken sowie der Entwicklung und Ausbreitung von unerlaubten
Angeboten in Schwarzmärkten entgegenzuwirken - Den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten,
- Die ordnungsgemäße Durchführung sicherzustellen, um Spieler vor betrügerischen Machenschaften zu schützen
- Gefahren für die Integrität des sportlichen Wettbewerbs […] vorzubeugen.
Glücksspielstaatsvertrag
Um diese Ziele zu verfolgen, lag das sogenannte „Glücksspielmonopol“ bei den zuständigen deutschen Länderbehörden. Andere Wettanbieter durften keine Spiele anbieten, es sei denn, ihnen wurde auf Antrag eine Konzession erteilt. In der ersten Fassung von 2008 galt daher auch die Bestimmung nach § 4, Abs. 4, GlüStV:
„Das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet ist verboten.“
EuGH erklärt deutsches Monopol für unzulässig
Weil einige private Wettanbieter dagegen klagten, befasste sich der Europäische Gerichtshof mit dem deutschen Glücksspielmodell. In Ihrer Erklärung vom 8. September 2010 befand das Gericht, dass „die deutsche Regelung die Glücksspiele nicht in kohärenter und systematischer Weise begrenzt.“ Das Monopol sei zu rechtfertigen, wenn es die Regulierungsziele auch wirklich verfolge. Weil aber die staatlichen Monopole u.a. für die Lotterien selbst die Werbetrommel rühren, stehe dies im Widerspruch zu den erklärten Zielen.
Einfach gesagt: Wer Glücksspiel eingrenzen möchte, sollte keine Werbung für Glücksspiel machen.
Staatsvertrag zur Neuregulierung des Glücksspielwesens in Deutschland
Der Staatsvertrag zur Neuregulierung des Glücksspielwesens in Deutschland, der am 1. Juli 2021 in Kraft trat, führte bedeutende Änderungen insbesondere für das Online-Glücksspiel ein:
- Lizenzierung von Online-Casinos: Vergabe von Lizenzen für Online-Casinos in Deutschland. Dies war ein bedeutender Schritt, da Selbige zuvor in Deutschland weitgehend illegal waren. Die Lizenzen werden von den Bundesländern vergeben und unterliegen strengen Vorschriften und Anforderungen, um den Spielerschutz zu gewährleisten.
- Einsatz- und Verlustlimits: Der Staatsvertrag führte die Einführung von Einsatz- und Verlustlimits für Online-Casino-Spiele ein. Spieler müssen ihre monatlichen Einsätze begrenzen, um verantwortungsbewusstes Spielen zu fördern und problematisches Glücksspiel zu verhindern. So ist das monatliche Einzahlungslimit beispielsweise auf 1.000€ begrenzt.
- Sperrdatei: Eine zentrale Sperrdatei wurde eingeführt, um problematischen Spielern den Zugang zu Online-Glücksspielangeboten zu verwehren. Personen, die sich selbst sperren lassen oder von Glücksspielanbietern aufgrund von Suchtproblemen gesperrt werden, werden in diese Datei aufgenommen.
- Werbungseinschränkungen: Strenge Einschränkungen für Glücksspielwerbung, insbesondere im Hinblick auf Werbung, die sich an Minderjährige richtet. Glücksspielwerbung darf nicht irreführend sein und muss auf verantwortungsvolles Spielen hinweisen.
- Bundesweite Aufsichtsbehörde: Mit dem Vertrag wurde eine bundesweite Behörde, die "Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL), geschaffen. Diese Behörde ist für die Überwachung der Einhaltung der Glücksspielvorschriften zuständig.
- Strafen für illegale Anbieter: Der Vertrag sieht empfindliche Strafen für illegale Glücksspielanbieter vor, die keine gültigen Lizenzen besitzen und trotzdem ihre Dienste in Deutschland anbieten.
Strafen für illegales Glücksspiel
Wer keine deutsche Lizenz für das Anbieten diverser Glücksspiele besitzt und diese trotzdem veranstaltet, macht sich in Deutschland nach Paragraf § 284 Strafgesetzbuch (StGB) wie folgt strafbar:
„Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
Rechtsanwalt Maximilian Glabasnia, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Strafrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV), warnt vor Lizenzen aus dem Ausland: „[…] viele Anbieter werben erfahrungsgemäß mit verschiedensten Lizenzen und Behauptungen gerade auf die angebliche Wirksamkeit internationaler, vor allem europäischer Lizenzen, was aber eben nicht der Fall ist.“
Schlimm genug, würde man meinen, wenn der große Gewinn ausbleibt und viel Geld verloren ist. Wer jedoch an nicht-erlaubten Glücksspielen teilnimmt, muss ebenfalls mit Strafe rechnen:
„Wer sich an einem öffentlichen Glücksspiel (§ 284) beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen bestraft.“ (§ 285, StGB)
Online-Casinos: Geld zurück bei illegalen Glücksspielen?
Das Aufbrechen des Spielmonopols durch lizensierte, private Wettanbieter hat nicht dazu geführt, dass auch wirklich viele Lizenzen vergeben wurden. Stand 22. August 2023 ist in Deutschland kein einziges Online-Casino mit deutscher Lizenz registriert, obwohl die Anbieter im Netz zahlreich sind. Die Glücksspielbehörde bietet eine „Whitelist“ zum Download an, in der alle lizensierten Spieleanbieter mit Deutscher Erlaubnis eingetragen sind. Spieleanbieter ohne Erlaubnis, die ihre Kundschaft betrügerisch abzocken, finden sich zahlreich in jeder Suchmaschine.
Da die meisten Betreiber ihre Plattformen aus dem Ausland betreiben, ihre Dienste jedoch auf dem deutschen Markt anbieten, gilt für sie deutsches Recht. Die gute Nachricht: Verträge, die zwischen Spieler und Anbieter ohne Lizenz verabredet wurden, sind ungültig. Dazu § 134 im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB):
„Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.“
Wer sein Geld im Internetcasino verspielte, hat Anspruch auf Rückforderung. Allerdings darf man nicht von der Illegalität der Seite gewusst haben, bevor man sie nutzt.
Gerichte verurteilen Casinos, Geld zurück zu erstatten
Mittlerweile hat sich rumgesprochen, dass verspieltes Geld möglicherweise nicht für immer verloren ist. Anwältinnen und Anwälte klagen tausendfach, um eine Erstattung der Spielverluste zu erwirken. So wurde einer Klägerin aus Nordrhein-Westfalen vom Landgericht Paderborn beispielweise die Summe von knapp 133.000€ Euro zugesprochen (Az. 4 O 323/20, 08.07.21), ein anderer Fall aus Braunschweig führte zum Rückerstattungsanspruch von 40.000€ (Az. 9 U 3/22, 23.02.23). Die Fälle häufen sich, in denen Casinos ihre Nutzerinnen und Nutzer entschädigen müssen.
Malta ändert Glücksspielgesetz
Viele der Klagen richten sich beispielsweise gegen Malta, hier sind etliche Glücksspielanbieter registriert. Das liegt mitunter an den für die Glücksspielbranche sehr angenehmen Regelungen - zum Beispiel bei Steuergesetzen. Als EU-Mitglied muss Malta Urteile anderer EU-Staaten vollstrecken, wenn ein europäischer Vollstreckungstitel gegen eine Glücksspielfirma vorliegt. Genau dagegen wehrt sich Malta nun: Das Glücksspielgesetz wurde im Juni 2023 erweitert, sodass Glücksspielplattformen mit Sitz auf Malta und maltesischer Lizenz in Zukunft vor Schadensersatzklagen geschützt werden sollen. Gerichte sollen laut dem „Game Amendment Bill No. 55“ keine Urteile dem Ausland durchsetzen.
Die GGL hat am 23. August 2023 eine Stellungnahme zum neuen Gesetz in Malta veröffentlicht, dort heißt es:
„Die GGL hat die Entwicklungen rund um das Thema „Bill No. 55“ aus Malta im Blick. Wir vertreten die Auffassung, dass dieses Gesetz mit europäischen Vorgaben zur Anerkennung von Entscheidungen (Verordnung (EU) 1215/2012) nicht vereinbar sein dürfte.“
Die Europäische Union ist nun am Zuge und muss prüfen, ob das neue Gesetz gegen Europäisches Recht verstößt.
Gaming: Fehlende Regulierung bei glücksspielähnlichen Inhalten?
Der Online-Spiele-Markt ist bekanntermaßen ein riesiges Geschäft, auch ganz abseits von Sportwetten oder Casinos. In diesem Zusammenhang stehen seit einiger Zeit so genannte „Lootboxen“ (zu dt. „Beute“) im Fokus. Lootboxen sind virtuelle Kisten in Computerspielen, die je nach Algorithmus verschiedene Gegenstände o.ä. enthalten und im Spiel eingesetzt werden können. Das Problem sei, dass die Boxen gekauft und untereinander für oftmals hohe Summen weiterverkauft werden. Das schaffe ein glücksspielähnliches Instrument, welches gerade im Hinblick auf Jugendschutz und Suchtverhalten mit Risiken verbunden sein kann. Bisher gibt es hierzulande keine Regulierung für die Lootbox.
Blick nach Österreich: ein Bezirksgericht verurteilte Sony im Februar dieses Jahres zur Erstattung von Zahlungen. Dabei geht es um Lootboxen im Fußballspiel „FIFA“, die das Gericht als illegales Glücksspiel klassifizierte.
Glücksspiel: Ansprüche mit Anwältinnen und Anwälten geltend machen
Wer sich gegen Glücksspielanbieter zur Wehr zu setzen möchte, sollte professionellen Rechtsbeistand in Anspruch nehmen: „Dass es aufgrund der erforderlichen Fachkenntnisse und der Tatsache, dass die Gegenseite sich regelmäßig erfahrener Anwälte bedient, empfehlenswert erscheint sein Glück nicht ohne Anwalt zu versuchen, um möglicherweise an der falschen Stelle zu sparen, liegt natürlich nahe“, erklärt Strafrechtler M. Glabasnia.
Ihnen droht eine Strafe, weil Sie ein Glücksspiel veranstaltet oder daran teilgenommen haben? Sie haben online bei illegalen Anbietern gezockt und wollen Ihr Geld zurück? Lassen Sie sich von professionellen Anwältinnen und Anwälten mit Schwerpunkt Glücksspiel und Strafrecht helfen. Kompetente Rechtsberatung zu diesen und anderen Rechtsgebieten in Ihrer Nähe unter anwaltauskunft.de.
- Datum
- Aktualisiert am
- 26.09.2023
- Autor
- red/dav