
Der Fund dreier Fliegerbomben in Köln führte Anfang Juni 2025 zur größten Evakuierung seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Solche Vorfälle zeigen: Auch 80 Jahre nach Kriegsende ist der deutsche Boden vielerorts noch nicht frei von Kampfmitteln, selbst in Wohngebieten. Für private Bauherren kann das zur gefährlichen Kostenfalle werden.
„Wer heute ein Haus bauen will, muss nicht nur an Bodenplatten und Dachziegel denken, sondern auch an das, was sich im Baugrund verbergen könnte“, warnt Dr. Florian Englert, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bau- und Immobilienrecht im Deutschen Anwaltverein (ARGE Baurecht). „Kampfmittel sind kein Randthema mehr. Sie können den Bau verzögern, verteuern oder im schlimmsten Fall Menschenleben gefährden.“
Pflicht zur Sorgfalt liegt beim Bauherrn
Was viele private Bauherren nicht wissen: Sie sind für die Kampfmittelfreiheit ihres Grundstücks selbst verantwortlich. Das gilt unabhängig davon, ob sie mit einem Architekten oder Bauträger bauen. Grundlage ist die landesrechtliche Pflicht zur gefahrlosen Ausführung von Bauvorhaben, etwa gemäß § 3 der Musterbauordnung (MBO), der in allen Landesbauordnungen ähnlich geregelt ist.
„Die rechtliche Lage ist eindeutig: Wer baut, muss sicherstellen, dass keine Gefahren für Menschen oder Sachen entstehen“, so Dr. Englert. In Gebieten mit Kampfmittelverdacht fordern die Bauaufsichtsbehörden deshalb häufig bereits vor Genehmigung eine Freigabe durch die zuständige Kampfmittelräumstelle.
Besonders betroffen sind:
- ehemalige Industrie- und Bahngelände
- frühere militärische Nutzungen
- stadtnahes Bauland in Großstädten
- Gebiete, die im Zweiten Weltkrieg Luftangriffen ausgesetzt waren
In Köln, Berlin, Hannover, Frankfurt oder Hamburg sind weite Teile des Stadtgebiets als Verdachtsflächen kartiert. Selbst in Neubaugebieten auf ehemaligen Ackerflächen ist Vorsicht geboten, denn viele Flächen wurden nach dem Krieg ohne Untersuchung bebaut.
Was private Bauherren jetzt tun sollten
Die ARGE Baurecht rät privaten Bauherren dringend, bereits bei der Grundstücksauswahl auf Hinweise für eine mögliche Kampfmittelbelastung zu achten, etwa im Altlastenkataster, im Baugrundgutachten oder durch historische Recherchen. Darüber hinaus empfiehlt sich:
- Luftbildauswertung durch Fachfirmen: ab ca. 400 Euro
- Sondierung des Baugrunds bei Verdacht: mehrere Tausend Euro möglich
- Vertragliche Regelung bei Bauträgern: Wer trägt das Risiko? Wer die Kosten?
Vermeintliche Sparmaßnahme wird schnell teuer
„Es ist ein Trugschluss, zu glauben, man könne sich die Kampfmittelprüfung sparen, um Kosten zu senken“, sagt Dr. Englert. „Kommt es zum Fund, steht nicht nur die Baustelle still. Es drohen auch Rückbau, Bußgeld- und/oder Strafverfahren oder Regressforderungen, wenn Menschen oder Nachbargrundstücke gefährdet wurden.“
Zudem schließen viele Versicherungen Schäden durch Kampfmittel bewusst aus. Ein fundierter Prüfbericht zur Kampfmittelfreiheit kann dagegen auch für die Baufinanzierung wichtig sein. Manche Banken verlangen ihn als Nachweis. Die ordnungsgemäße Kampfmittelfreigabe muss schriftlich dokumentiert und allen Baubeteiligten vorgelegt werden. Sie muss sich konkret auf die geplanten Bauarbeiten (Flächen, Tiefen, Verfahren) beziehen. Die Kosten für die Untersuchung trägt in der Regel der Bauherr, während die Beseitigung meist von der öffentlichen Hand übernommen wird.
Sicherheit vor Schnelligkeit
Die ARGE Baurecht rät privaten Bauherren, das Thema nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Die Kosten für eine Prüfung sind im Verhältnis zur Bauinvestition gering, das Sicherheitsrisiko dagegen erheblich.
„Wer ein Haus baut, muss den Boden unter den Füßen rechtlich kennen. Kampfmittel auf dem Grundstück sind kein historisches Problem, sie sind hochaktuell, wie der jüngst Fall in Köln zeigt. Sicherheit beginnt mit Aufklärung und professioneller Prüfung“, betont Dr. Florian Englert.
Pressefoto: adobe/ARGE Baurecht
- Datum
- Aktualisiert am
- 02.07.2025
- Autor
- red/dav