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Geblitzt, Alkohol oder Handy am Steuer

Bußgeld im Ausland: Wann Sie zahlen müssen

Im Ausland geblitzt: Was Sie jetzt tun können

Ein Roadtrip durch Frankreich oder mit der Famili­en­kutsche an die hollän­dische Nordsee – 45 Prozent der Deutschen fahren Aral zufolge mit dem Auto in den Urlaub. Wer es im Ausland mit den Verkehrs­regeln nicht so genau nimmt, muss auch zuhause mit einem Bußgeld­be­scheid rechnen. Das Rechts­portal anwalt­auskunft.de erklärt, was Sie dazu wissen müssen – und wann Sie womöglich ohne Ihr Auto aus dem Urlaub zurück­kommen.

Bußgeld aus dem Ausland: Wann, wo und wie muss ich zahlen?

Wer sich über ein Knöllchen für Falsch­parken oder ein Bußgeld für zu schnelles Fahren ärgert, sollte einmal einen Blick in andere europäische Länder werfen. Wer 20 km/h zu schnell unterwegs ist, zahlt in Deutschland maximal 35 Euro, in Frankreich hingegen ein Bußgeld von mindestens 135 Euro.

Ein Strafzettel in Italien für 20 km/h zu viel kostet mindestens 170 Euro. Autofahrer, die am Steuer telefo­nieren, müssen in Deutschland 60 Euro blechen, in Griechenland 100 Euro und in Dänemark 200 Euro.

Wann muss ich ein Bußgeld im Ausland in Deutschland zahlen?

Wer im EU-Ausland erwischt wird, wie er zu schnell fährt, falschparkt, betrunken oder telefo­nierend am Steuer sitzt, muss zahlen. In den meisten Fällen auch, wenn er zwischen­zeitlich nach Deutschland zurück­gekehrt ist.

„Ob in Deutschland vollstreckt wird, hängt von der Höhe der Geldbuße ab“, sagt Rechts­anwalt Jens Dötsch, Mitglied der Arbeits­ge­mein­schaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV). Die Grenze liege bei 70 Euro, das betreffe die Geldbuße plus Verfah­rens­kosten. Auch Bußgelder und Verfah­rens­kosten für mehrere kleinere Verstöße, die zusammen mindestens 70 Euro ergeben, seien vollstreckbar.

Grenze 70 Euro, in Österreich 25 Euro

Dass deutsche Autofahrer ihre Schulden im europäischen Ausland ab diesem Betrag begleichen müssen, regelt das EU-weites Abkommen zur Vollstreckung von Geldstrafen aus dem Ausland. Fast alle EU-Mitglieder haben es unterzeichnet. Griechenland gehört nicht dazu.

Es gibt eine weitere Ausnahme: „Ein Bußgeld aus Österreich kann schon ab 25 Euro vollstreckt werden, da es hier ein gesondertes Abkommen gibt“, fügt der Verkehrs­rechts­experte hinzu.

 

Wie läuft die Vollstreckung in Deutschland ab?

Ein Bußgeld aus dem Ausland einfach nicht zu zahlen, ist also keine gute Idee. Denn die auslän­dische Behörde kann ein Vollstre­ckungs­er­suchen beim Bundesamt für Justiz (BfJ) einreichen.

Privates Inkasso im Ausland: Anwälte warnen

Aufgrund der 70-Euro-Grenze bleiben kleine Regelverstöße deutscher Urlauber im Ausland oft ohne Folgen. Viele Urlaubsorte versuchen deshalb, Knöllchen und Mautzah­lungen auf dem zivilrecht­lichen Inkassoweg durchzu­setzen. Die Anwältinnen und Anwälte der Arbeits­ge­mein­schaft Verkehrsrecht warnten auf dem 56. Deutschen Verkehrs­ge­richtstag 2018 in Goslar, dass das private Inkasso die Schutz­vor­schriften im Bußgeld­ver­fahren aushebeln kann. Denn die Inkasso­ge­bühren sind meist hoch und die Rechts­be­helf­mög­lich­keiten für Verbraucher schwer zu durchschauen.

So das Amt erkennt, dass das Ersuchen des anderen EU-Staats rechtens ist, kontaktiert es den Halter des betref­fenden Wagens. Innerhalb von 14 Tagen kann dieser Stellung nehmen. Erfolgt dann kein Einspruch, ist die Vollstreckung rechts­kräftig. Erfolgt daraufhin keine fristge­rechte Zahlung, wird – notfalls mithilfe des Gerichts­voll­ziehers – vollstreckt. Dieses Verfahren gleicht dann dem Vorgehen bei Geschwin­dig­keits­über­tre­tungen auf deutschen Straßen.

Werden auch Bußgelder aus Nicht-EU-Ländern in Deutschland vollstreckt?

Nein, in Nicht-EU-Ländern wie der Schweiz oder Norwegen besteht kein entspre­chendes Abkommen. Bußgelder aus diesen Ländern werden in Deutschland nicht vollstreckt.

Zu schnell, zu stark alkoho­lisiert, am Steuer telefoniert: Was kann ich gegen eine Strafe im Ausland tun?

Rechts­an­wältin Daniela Mielchen, ebenfalls Mitglied der Arbeits­ge­mein­schaft Verkehrsrecht, erklärt, was passiert, wenn man doch Einspruch einlegt: „Dann prüft das Amtsge­richt am Wohnort, ob die Voraus­set­zungen für die Vollstre­ckung erfüllt sind; hiergegen kann die Zulassung der Rechts­be­schwerde zum Oberlan­des­ge­richt beantragt werden.“ Der Erlös aus der Vollstre­ckung bleibt übrigens in Deutschland und wird nicht an das betref­fende EU-Land überwiesen.

Das BjF kann ein Vollstre­ckungs­er­suchen aber auch zurück­weisen. Das passiert dann, wenn gegen die formellen Wege verstoßen wird.

Verkehrs­rechts­expertin Mielchen kennt die Fehler, die bei der Vollstreckung durch auslän­dische Behörden immer wieder passieren und wodurch das Ersuchen unzulässig wird. Im Gespräch mit anwalt­auskunft.de nennt sie diese vier Punkte:

  1. Ersuch in nicht verständlicher Sprache: Das BfJ weist Schriftverkehr aus dem Ausland zurück, die nicht in deutscher beziehungsweise in einer für den Betroffenen verständlichen Sprache verfasst ist.
  2. 70-Euro-Grenze unterboten: Auch in diesem Fall kann das BfJ den Ersuch zurückweisen – mit Ausnahme bei österreichischer Post, wie oben beschrieben.
  3. Halfterhaftung vs. Fahrervergehen: Ebenfalls unzulässig kann die Vollstreckung sein, wenn ein deutscher Fahrzeughalter zuvor im Ausland erfolglos Einspruch mit der Begründung eingelegt hat, nicht selbst der Fahrer gewesen zu sein. Zum Beispiel weil im betreffenden Land – anders als in Deutschland – eine Halterhaftung besteht. Das trifft auf Frankreich oder die Niederlande zu. Allerdings muss der Halter beweisen können, dass er nicht selbst hinter dem Steuer saß.
  4. Fehlende Rechtebelehrung: Der Betroffene muss im eigentlichen Bußgeldverfahren über seine Rechte belehrt werden, wie etwa dem Zeugnis- und Aussageverweigerungsrecht. Geschieht das nicht, kann man um eine Vollstreckung herum kommen.

Den Tatvorwurf selbst prüft das Amt nicht. Wenn Autofahrer also Einwände gegen den Tatvorwurf erheben, sollten sie eine Anwältin oder einen Anwalt für Verkehrsrecht kontak­tieren. Diese können auch einschätzen, ob sich ein Widerspruch lohnt. Experten aus ganz Deutschland finden Sie über die Anwaltssuche. Unter „Rechte anderer Länder“ können Sie das Land eingeben, in dem das Bußgeld verhängt wurde.

Wann lohnt sich ein Widerspruch?

„Rechts­mittel gegen ein Bußgeld im Ausland können sich vor allem dann lohnen, wenn man das Tatortland regelmäßig besucht“, sagt Dötsch. Reist man wieder ein, ohne das Bußgeld bezahlt zu haben, kann es auf offener Straße vollstreckt werden. „Die Behörden können zum Beispiel auch das Auto einziehen“, warnt der Rechts­anwalt aus Andernach.

Auch für jene, die in der nächsten Zeit nicht mehr in das Tatland reisen wollen, lohnt sich ein Anwalt. „Wenn der Bescheid nicht ordnungsgemäß ergeht oder die Fahrer­ei­gen­schaft im Tatland nicht geprüft wird, darf in Deutschland nicht vollstreckt werden“, erklärt der Verkehrs­rechts­experte. So komme man zumindest um die Zahlung in Deutschland herum.

Rechts­an­wältin Mielchen rät Betrof­fenen, die einen Bußgeld­be­scheid erhalten haben und dagegen vorgehen wollen, unbedingt schnell einen Verkehrs­rechtsspe­zia­listen zu konsul­tieren: „Umgehend, um die Rechts­be­helfs­fristen des jewei­ligen EU-Landes einzu­halten.“ Denn Einwände gegen den eigent­lichen Tatvorwurf und die Ahndung, in diesem Fall also die Geschwin­dig­keitsüber­schreitung, können nur in dem im EU-Ausland geführten Verfahren vorge­bracht werden. Und nicht im späteren Vollstre­ckungs­ver­fahren.

Verkehrs­vergehen im Ausland: Kann ich den Führer­schein verlieren?

Fährt man im EU-Ausland zu schnell, hat das mitunter erhebliche Auswir­kungen auf den Geldbeutel, nicht aber auf das Punktekonto in Flensburg. Punkte sowie ein mögliches temporäres Fahrverbot können nur bei Vergehen auf deutschen Straßen verhängt werden.

Auch den Führer­schein zu verlieren, ist im Ausland nicht möglich. Wer ein Fahrverbot in Frankreich, Österreich oder einem anderen europäischen Land erhält, darf in Deutschland weiter fahren. Die deutschen Behörden vollstrecken nur Bußgelder aus dem Ausland.

Bußgeld im Ausland direkt zahlen: Wann lohnt es sich?

Ein Bußgeld kann die Urlaubskasse enorm belasten. Manchmal kann es sich aber lohnen, sich an anderer Stelle einzuschränken und das Bußgeld gleich vor Ort zu zahlen.

„Dies lohnt sich vor allem, wenn man das Tatortland mit dem genutzten Fahrzeug oder als festge­stellter Halter erneut besuchen will“, sagt Rechts­anwalt Dötsch.

Rechts­kräftige Bußgeld­be­scheide und Gerichts­ent­schei­dungen blieben in dem jeweiligen Land mehrere Jahre vollstreckbar. Ein Strafzettel in Italien verjährt beispielsweise erst nach maximal fünf Jahren.

Wer also wieder in das Land einreist und in eine Verkehrs­kon­trolle gerät, muss dann unter Umständen zahlen. Selbst wenn der Fahrer oder Halter mit den Flugzeug einreist oder in dem Land umsteigt, können die Behörden das Bußgeld vollstrecken.

Fragen zum Verkehrsrecht? Anwältinnen und Anwälte helfen

Sie wurden bei einer Verkehrssünde im Ausland erwischt und möchten gegen den Bußgeld­be­scheid vorgehen? Bei diesen und anderen verkehrs­recht­lichen Fragen beraten die DAV-Verkehrs­rechts­anwälte Sie gerne. Kompetente Ansprech­partner in ganz Deutschland finden Sie in unserer Anwaltssuche.

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Datum
Aktualisiert am
07.12.2018
Autor
ndm/red
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Themen
Auto Bußgeld Europa Straßen­verkehr

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