Eine Witwe oder ein Witwer haben keinen Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente, wenn bei der Eheschließung der Tod eines Ehepartners absehbar war und vor allem geheiratet wurde, um den anderen abzusichern. Das könne man in der Regel bei einer Ehedauer von weniger als einem Jahr annehmen, stellte das Hessische Landessozialgericht fest. Es lehnte eine Witwerrente nach siebenmonatiger Ehe ab, wie die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltsvereins (DAV) mitteilt.
Kurze Ehedauer – Rentenversicherung verweigert Witwenrente
Der 1960 geborene Mann und seine Frau heirateten im Juni 2008. Nachdem die Frau bereits 2003 an Brustkrebs erkrankt war, trat die Krankheit 2008 wieder auf. Zwischenzeitig hatte sie wieder als Stewardess gearbeitet. Ab Oktober 2008 wurde sie stationär in einem Hospiz behandelt, wo sie auch starb.
Der Mann beantragte eine Witwerrente. Nachdem sich die Rentenversicherung über den Befund der Frau informiert hatte, lehnte sie den Rentenantrag ab. Sie begründet dies mit der kurzen Ehedauer. Zum Zeitpunkt der Eheschließung habe die Versicherte bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit gelitten. Die Lebenserwartung habe weniger als ein Jahr betragen.
In seinem Widerspruch gegen den Bescheid wies der Mann auf die mehr als 20jährige ehegleiche Gemeinschaft mit der Frau hin. Das Paar habe eine gemeinsame Wohnung gehabt, Urlaube hätten sie ausschließlich gemeinsam verbracht, der gesamte Freundeskreis sei von einem Ehepaar ausgegangen. Nachdem die Rentenversicherung den Widerspruch aufrecht erhielt, klagte der Mann.
Keine Witwenrente nach kurzer Ehe
Ohne Erfolg. Die Richter in Darmstadt verweigerten dem Mann die Witwerrente. Bei einer kurzen Ehedauer müsse die Hinterbliebenenrente abgelehnt werden. Anders sei dies nur, wenn wegen besonderer Umstände nicht davon auszugehen sei, dass die Heirat allein oder überwiegend den Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung bezwecken sollte, es sich also nicht um eine so genannte Versorgungsehe handele.
Solche besonderen Umstände könnten unter anderem sein:
- der nicht vorhersehbare Tod des Ehepartners
- die Nachholung einer nach ausländischem Recht gültig geschlossenen Ehe, die nach deutschem Recht nicht gültig war
- das Vorhandensein gemeinsamer leibliche Kinder
- das Vorliegen einer Schwangerschaft
- die Erziehung eines minderjährigen Kindes des Verstorbenen durch den Hinterbliebenen
- eine Heirat zur Sicherung in der erforderlichen Betreuung oder Pflege des anderen Ehegatten.
Diese Aufzählung sei nicht abschließend. Dies alles gelte allerdings im vorliegenden Fall nicht. Die Lebenserwartung habe zum Zeitpunkt der Hochzeit prognostisch weniger als ein Jahr betragen. Dies hätten der Witwer und seine Ehefrau gewusst und habe die Entscheidung zur Hochzeit maßgeblich bestimmt. Auch hätten die Eheleute bei der Anmeldung der Hochzeit unter Hinweis auf die schwere Erkrankung um eine bevorzugte Bearbeitung gebeten.
Eine langjährige Lebensgemeinschaft sei kein besonderer Umstand. Dies lege eher die Vermutung nahe, dass es eine freie Entscheidung gegen eine Heirat gewesen sei. Frühere konkrete Heiratspläne konnten nicht bewiesen werden (AZ:16 L 2 R 140/13).
Urteil: Für Anspruch auf Witwenrente bei kurzer Ehedauer nur unter besonderen Umständen
Im Januar 2018 unterstrich das Landessozialgericht Hessen in einem Urteil, dass der Anspruch auf Witwenrente bei Ehen mit einer Dauer von unter einem Jahr stark eingeschränkt ist (Az.: L 5 R 51/17). Im verhandelten Fall ging es um ein Paar aus dem hessischen Kassel, welches bereits von 1980 - 2000 verheiratet war, sich aber zunächst scheiden ließ. Einige Zeit später zog das Paar allerdings wieder zusammen. Zehn Tage, nachdem bei dem krebskranken Mann Metastasen in Leber und Lymphknoten festgestellt wurden, heirateten die Beiden dann im Krankenhaus ein zweites Mal.
Die Frau hatte argumentiert, zu diesem Zeitpunkt habe sie nicht gewusst, wie schlecht es um ihren Mann stehe. Auch sei schon bei der Verlobung im Oktober 2010 der 31. Oktober 2012 als Hochzeitstermin ausgemacht worden, es handele sich um den 33. Kennenlerntag des Paares.
Die Rentenversicherung lehnte die von der Witwe beantragte Hinterbliebenenrente dennoch ab - zurecht, wie das Landessozialgericht urteilte. Zumindest der Ehemann habe von der Schwere seiner Erkrankung gewusst und auf eine Eheschließung im Krankenhaus gedrängt. Dies spreche dafür, dass er vorrangig die Versorgung seiner pflegebedürftigen Frau angestrebt habe, so das Gericht.
- Datum
- Aktualisiert am
- 08.06.2018
- Autor
- red/dpa