
Der Fall: Kein Nachlass trotz monatlicher Einnahmen
Der Verstorbene hatte monatliche Einkünfte von 1.720 Euro. Seine Konten wiesen zum Todeszeitpunkt allerdings nahezu kein Guthaben auf. Es schien deshalb nicht ausgeschlossen, dass er gewisse Beträge verschenkt hat. Der Erbe wollte aber selbst keine Nachforschungen hierüber anstellen und bot dem Pflichtteilsberechtigten an, ihm seine Auskunftsansprüche gegenüber der Bank abzutreten.
OLG: Erbe muss Auskunft von der Bank einholen
Das OLG Stuttgart entschied, dass ein Pflichtteilsberechtigter sich hierauf nicht verweisen lassen muss: Besteht der Verdacht, dass ein Erblasser im maßgeblichen Zehn-Jahres-Zeitraum Zuwendungen von seinem Bankkonto (oder seinem Depot) schenkungsweise an Dritte erbracht hat, ist der Erbe verpflichtet, selbst von seinem Auskunftsrecht gegenüber der Bank Gebrauch zu machen, um eventuelle Zuwendungsempfänger zu ermitteln. Der Pflichtteilsberechtigte muss sich nicht auf einen abgetretenen Auskunftsanspruch verweisen lassen.
Vielmehr muss der Erbe die Einsichtnahme in die (vollständigen) Kontoauszüge, Sparbücher oder vergleichbare Bankunterlagen für einen Zehn-Jahres-Zeitraum vornehmen und die Zusammenstellung der einen bestimmten Betrag übersteigenden Verfügungen über die ermittelten Konten erstellen, soweit diesen Schenkungen oder sonstige Zuwendungen zu Grund liegen (könnten). Damit verbundene Bankkosten in Höhe von rund 1.500 Euro sind vom Erben zu tragen und diesem zumutbar.
Erbe kommt Nachforschungspflichten nicht nach: Zwangsgeld
Zudem muss der Erbe jedem Hinweis nachgehen, wenn sich Verwandte über den Erhalt oder das Fehlen von Schenkungen äußern. Er muss dann jeden in Frage kommenden Verwandten befragen. Einen Anspruch auf Vorlage schriftlicher Erklärungen jener Verwandten hat der Pflichtteilsberechtigte im Rahmen seines geltend gemachten Auskunftsanspruchs allerdings nicht. Kommt der Erbe seinen Nachforschungspflichten nicht nach, kann er durch Zwangsgeld vom Gericht hierzu gezwungen werden.
Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss vom 26. Januar 2016 (Az: 19 W 78/15)
Quelle: www.dav-erbrecht.de
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- dpa/red