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Vermachen vs. vererben

Vermächtnis: Wie kann ich Geld oder Gegenstände vermachen?

Eine Hand voll Geld © Quelle: Ruecker/gettyimages.de

Ein Erblasser kann in seinem Testament nicht nur Erben einsetzen, sondern bestimmten Personen auch einzelne Gegenstände oder Geldbeträge zuweisen. In diesem Fall spricht man von einem Vermächtnis. Die Deutsche Anwalt­auskunft erklärt den Unterschied zwischen vermachen und vererben und zeigt auf, wie ein gültiges Vermächtnis im Testament gestaltet sein muss.

Vermachen und vererben werden im Sprach­ge­brauch häufig synonym verwendet. Rechtlich ist der Unterschied zwischen den Begriffen allerdings groß. Das ist vor allem für jene wichtig, die ein Testament erstellen.

Was ist ein Vermächtnis?

„Ein Erbe ist Rechts­nach­folger des Verstorbenen“, erklärt Dr. Wolfram Theiss, Rechts­anwalt und Vorsit­zender der Arbeits­ge­mein­schaft Erbrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV). Der Erbe erwerbe alles, was dem Erblasser gehört habe. Dazu können auch Verpflich­tungen und Schulden zählen.

Ein Vermächt­nis­nehmer – die Person, der ein Vermächtnis nach §1939 Bürger­liches Gesetzbuch (BGB) zugewiesen wird – erwirbt hingegen nur einen schuld­recht­lichen Anspruch auf einen Geldbetrag oder Gegenstand. Das kann auch eine Immobilie oder ein Grundstück sein. Weitere Pflichten sind damit meist nicht verbunden.

Der Ablauf ist folgender: Nachdem das Testament eröffnet wird, stellt das Nachlass­gericht die Erbfolge fest und ermittelt gegebe­nenfalls den oder die Vermächt­nis­nehmer. Dieser muss an den Erben oder den Testaments­voll­strecker herantreten und den vermachten Gegenstand fordern. Der Erbe ist verpflichtet, ihn heraus­zugeben. Ein Vermächt­nis­nehmer ist hingegen nicht verpflichtet, das Vermächtnis anzunehmen. Er kann es ausschlagen.

Wo lauern die Fallstricke, wenn ich im Testament jemand etwas vermachen möchte?

Ein Vermächtnis im Testament zu verfügen, ist sehr kompliziert. „Diese Verfügungen sind im Testament häufig falsch formuliert“, sagt Rechts­anwalt Theiss. Meist sei dann unklar, was gemeint sei, und das Testament müsse ausgelegt werden. „Dabei besteht natürlich immer das Risiko, dass das Vermögen später nicht so aufgeteilt wird, wie der Erblasser es vorgesehen hat“. Über ein Vermächtnis ließen sich viele Dinge erbrechtlich regeln, die zunächst als nicht regelbar erscheinen – wenn es richtig formuliert würde.

Vermächt­nis­nehmer: Wer soll das Vermächtnis erhalten?

Zunächst muss der Erblasser festlegen, wer das Vermächtnis erhalten soll. Das versteht sich von selbst – im Idealfall legt er aber auch fest, was passieren soll, wenn der Vermächt­nis­nehmer beim Erbfall selbst schon verstorben ist. Für diesen Fall kann der Erblasser zum Beispiel einen Ersatz­ver­mächt­nis­nehmer einsetzen. Er kann auch verfügen, dass das Vermächtnis dann hinfällig wird oder an den Erben des Vermächt­nis­nehmers geht. Das passiert nicht automatisch.

Vermächt­nis­ge­genstand: Was wird vermacht?

Auch mit Blick auf den Vermächt­nis­ge­genstand müssen Erblasser genaue Verfügungen treffen, damit es später nicht zu Unklar­heiten kommt. Das ist zum Beispiel wichtig, wenn es um den Geldbetrag auf einem Konto geht. Was würde es für den Vermächt­nis­nehmer bedeuten, wenn das Konto beim Erbfall nicht mehr bestehen würde: Erhält er den Gegenwert des Kontostandes zum Zeitpunkt der Testaments­er­stellung oder geht er leer aus?

Vermachter Gegenstand nicht mehr im Nachlass oder belastet: Vorkeh­rungen treffen

Gleiches gilt, wenn der Erblasser einem Vermächt­nis­nehmer einen Gegenstand zuwendet, der beim Erbfall nicht mehr im Nachlass ist. Dann stellt sich die Frage, ob der Erbe den Gegenstand, zum Beispiel ein Kunstwerk, verschaffen muss. In diesem Fall spricht man von einem Verschaf­fungs­ver­mächtnis.

Geht es um eine Immobilie, stellt sich eine ähnliche Frage, wenn das Haus oder die Wohnung beim Tod des Erblassers belastet ist. Muss der Vermächt­nis­nehmer dann das Darlehen übernehmen? Dies kann und sollte der Erblasser festlegen. Geklärt werden muss auch, wer die Kosten für Notar und die Änderung des Grundbuchs trägt, wenn ein Grundstück vermacht wird: der Vermächt­nis­nehmer oder der Erbe.

Erst Pflichtteil, dann Vermächtnis

Möglich ist auch ein Quoten­ver­mächtnis. Damit kann der Erblasser einem Vermächt­nis­nehmer eine bestimmte Quote seines Vermögens vermachen. Das allerdings ist kompliziert und kann schnell zu Streit zwischen Erben und Vermächt­nis­nehmer führen, wenn das Testament dazu keine klaren Anweisungen enthält.

Pflicht­teils­an­sprüche nach der gesetz­lichen Erbfolge gehen einem Vermächtnis übrigens vor. Was das bedeutet, erklärt Rechts­anwalt Theiss: „Der Erbe ist im Außenver­hältnis zum Pflicht­teils­be­rech­tigten Allein­schuldner des Pflichtteils. Ist er aber mit einem Vermächtnis belastet, kann er die Erfüllung des Vermächt­nisses soweit verweigern, dass die Pflicht­teilslast von ihm und dem Vermächt­nis­nehmer verhält­nismäßig getragen wird“. Komplett verweigern kann er die Erfüllung des Vermächt­nisses nicht. Es gibt aber eine Haftungs­be­grenzung für den Erben.

Was vermacht wird, muss besteuert

werden Vermächtnisse müssen auch besteuert werden, sobald die Freibeträge ausgeschöpft sind. Die Steuerlast hängt von der Höhe der Freibeträge und der Steuersätze ab, die sich wiederum nach den Steuer­klassen richten. Die Steuersätze betragen zwischen sieben und 50 Prozent. Der Freibetrag für Ehepartner beträgt 400.000 Euro, der für Kinder ebenfalls. Enkel haben einen Freibetrag in Höhe von 200.000 Euro.

Richtig formuliert kann man deshalb auch große Geldbeträge steuerfrei vermachen. Ein Erblasser kann zum Beispiel einem Kind eine Million Euro vermachen mit der Auflage, an seine drei Kinder je 200.000 Euro abzugeben. So fallen keine Steuern an.

Möglich ist es auch folgende Formulierung, die den Freibetrag direkt mit ins Testament aufnimmt: „Meine Kinder und Enkel sollen je einen Geldbetrag erhalten, der dem erbschaft­steu­er­lichen Freibetrag zu dem Zeitpunkt meines Ablebens entspricht.“

Wann ist das Vermächtnis zu erfüllen?

Was viele Erblasser nicht bedenken, ist, einen Zeitpunkt festzulegen, an dem das Vermächtnis „fällig“ wird. „Das ist zwar nicht verpflichtend“, sagt der Rechts­anwalt aus München. Dann habe der Erbe aber nur drei Monate Zeit, den Nachlass zu ordnen, zu sichten und das Vermächtnis heraus­zugeben. Das ist sehr wenig, auch angesichts der emotionalen Belastung nach einem Todesfall. Erblasser können festlegen, wann der Vermächt­nis­nehmer das Vermächtnis geltend machen darf, zum Beispiel „frühestens ein Jahr nach dem Todesfall“.

Wer soll mit dem Vermächtnis belastet sein?

Zwar ist es in der Regel eine gute Sache, etwas vermacht zu bekommen – allerdings nur für den Vermächt­nis­nehmer. Für die Erben ist es eher ungünstig, schließlich schmälert ein Vermächtnis die Erbschaft. Deswegen können Erblasser bei Bedarf festlegen, welcher Erbe mit dem Vermächtnis belastet sein soll, also wer einen Teil seines Erbes zugunsten des Vermächt­nis­nehmers abgeben muss. Das ist vor allem bei einer Erbenge­mein­schaft sinnvoll.

Was passiert, wenn ein Vermächtnis verfügt wurde, aber der Staat erbt?

Auch wenn der Staat erbt, muss das Vermächtnis ausgekehrt werden: Der Vermächt­nis­nehmer hat einen Anspruch darauf. Wenn der Nachlass aber überschuldet ist, geht der Vermächt­nis­nehmer leer aus.

Welche weiteren Formen des Vermächt­nisses sind möglich?

Weiterhin ist ein sogenanntes Wahlver­mächtnis möglich. Dabei vermacht der Erblasser Gegenstände, überlässt dem Vermächt­nis­nehmer aber die Auswahl. Ein Beispiel: Die Tochter darf sich aus der Kunstsammlung zwei Gemälde aussuchen. Die Auswahl kann auch einem Dritten überlassen werden.

Bei einem Zweckver­mächtnis kann der Erblasser einem Dritten die Entscheidung überlassen, wer was bekommen soll. Er muss in diesem Falle nur den Zweck, zu welchem die Zuwendung erfolgen soll, bestimmen. So ist es möglich, dass der Erblasser in seinem Testament zum Beispiel anordnet, dass drei seiner fünf Enkel Geldver­mächtnisse erhalten, um ihr Studium zu finanzieren.

Testament mit Vermächtnis? Anwaltliche Beratung sinnvoll

Rechts­anwalt Theiss rät jedem, der ein Testament erstellt, sich dazu anwaltlich beraten zu lassen. Das gilt insbesondere, wenn man etwas vermachen möchte. Ist ein Vermächtnis im Testament nicht richtig formuliert, wird es kompliziert und ist vielleicht sogar unmöglich, den Willen des Erblassers auszulegen. Einen Rechts­anwalt für Erbrecht, der Sie zu den richtigen Formulie­rungen im Testament – und allen anderen erbrecht­lichen Fragestel­lungen – beraten kann, finden Sie in unserer Anwaltssuche.

Datum
Aktualisiert am
19.05.2017
Autor
vhe
Bewertungen
13418
Themen
Erbschaft Erbstreit Familie Geld Immobilie

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