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Totenfürsorgerecht

Kein Zugang zum Leichnam des Vaters: Schmer­zengeld?

Quelle: Benoit/EyeEm/gettyimages.de
Totenfürsorgerecht: Oft Gegenstand von Streitigkeiten.
© Quelle: Benoit/EyeEm/gettyimages.de

Ob ein Verstorbener aufgebahrt wird, entscheidet entweder vorrangig der Verstorbene selber oder aber nachrangig die nahen Angehörigen, die das sogenannte Totenfür­sor­gerecht ausüben. Dazu gehört auch die Entscheidung darüber, ob und wer den Leichnam vor dessen Beerdigung sehen darf. Wer das Totenfür­sor­gerecht alleine oder zusammen ausüben darf, ist immer wieder Gegenstand von Streitig­keiten. Die Arbeits­ge­mein­schaft Erbrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Landge­richts (LG) Bielefeld.

Der Fall: Ehefrau verwehrt Sohn Zugang zur Leiche

Die zweite Ehefrau des Verstorbenen verweigert dessen Sohn aus erster Ehe, vor der Beerdigung den Verstorbenen noch einmal zu sehen. Der Sohn möchte sich von seinem Vater von Angesicht zu Angesicht verabschieden. Als dieses ihm aber verweigert wird, verklagt er seine Stiefmutter auf Schmer­zensgeld. Der Sohn meint, dass das Totenführ­sor­gerecht ihm und der aktuellen Ehefrau gemeinsam zusteht.

LG: Der Verstorbene bestimmt über das Totenführ­sor­gerecht

Sowohl das erstin­stanzliche Amtsgericht als auch das Landgericht verneinen dies und sprechen ihm daher kein Schmer­zensgeld zu: Nach ständiger höchst­rich­ter­licher Rechtsprechung ist beherr­schender Grundsatz des Totenfür­sor­ge­rechts die Maßgeb­lichkeit des Willens des Verstorbenen.

Wille des Verstorbenen nicht erkennbar: Nächste Angehörige bestimmen über Leichnam

Wenn und soweit ein Wille des Verstorbenen nicht erkennbar ist, sind nach gewohn­heits­recht­lichem Grundsatz die nächsten Angehörigen des Verstorbenen berechtigt und verpflichtet, über den Leichnam zu bestimmen und über die Art der Bestattung sowie die letzte Ruhestätte zu entscheiden. Bereits das Reichs­gericht hat insoweit den Grundsatz aufgestellt, dass beim Tod eines Ehegatten der überlebende Ehegatte vor dessen nahen Angehörigen (Kinder und Geschwister des Verstorbenen) das Totenführ­sor­gerecht alleine ausüben kann.

Ehefrau darf entscheiden, Sohn bekommt kein Schmer­zensgeld

Da ein davon abweichender Wille des Verstorbenen hier vom Sohn nicht behauptet worden ist, standen im vorlie­genden Fall der zweiten Ehefrau allein das Recht und die Pflicht zu, über die Art und Weise der Bestattung zu entscheiden. Davon umfasst ist auch die Frage, ob der Leichnam offen aufgebahrt wird und wer diesen betrachten darf. Es besteht keine Vermutung dafür, dass es stets dem Willen des Verstorbenen entspricht, dass nahe Angehörige den Leichnam vor der Beerdigung betrachten können. Auch handelt es sich bei der Versagung des Zugangs zum Leichnam nicht um eine unzulässige Maßnahme, wie es zum Beispiel bei einem Pressen der Asche der Verstorbenen zu Diamanten der Fall wäre.

Ebenfalls hat die Ehefrau in rechtlicher Hinsicht ihr Totenfür­sor­gerecht auch nicht überspannt. Ob dies bei der Durchführung einer gänzlich anonymen Beerdigung der Fall gewesen wäre – wofür einiges sprechen dürfte – braucht das Landgericht im vorlie­genden Fall nicht zu entscheiden, da der Sohn an der Beerdigung seines Vaters teilge­nommen hat. Einen besonders schweren, ein Schmer­zensgeld rechtfer­ti­genden Eingriff vermochte das Landgericht daher im vorlie­genden Fall nicht zu erkennen.

Landgericht Bielefeld am 24. Februar 2016 (AZ: 21 S 10/15)

Quelle: www.dav-erbrecht.de

Datum
Aktualisiert am
16.03.2017
Autor
dpa/tmn
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Themen
Bestattung Erbstreit Familie

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