
Manche Inhaber möchten die gesetzlichen Ladenöffnungszeiten umgehen und lassen sich dabei etwas einfallen. Das Ladenöffnungsgesetz verbietet, die Türen an Sonntagen zu öffnen. Aber es gibt Ausnahmen - etwa für Tankstellen. Warum also nicht eine Ladesäule für E-Autos auf dem Parkplatz installieren und den Supermarkt in eine Tankstelle verwandeln?
Das dachte sich zumindest die Betreiberin eines Berliner Supermarkts. Auf dem Parkplatz konnten die E-Fahrzeuge an der Ladesäule für zumindest eine Stunde kostenfrei laden – auch an Sonn- und Feiertagen. Die Unternehmerin meinte also, dass sie ihr Geschäft auch sonntags öffnen dürfe. Das sah das Bezirksamt aber anders und untersagte die Sonntagsöffnungen. Zu Recht, wie das Verwaltungsgericht Berlin am 3. Juni 2021 (AZ: 4 L 162/21) entschied. Es liege kein Betrieb einer Tankstelle im Sinne des Berliner Ladenöffnungsgesetzes vor. Zum Vergleich zwischen Tankstellen und Supermärkten erklärt Rechtsanwältin Dr. Angela Rapp aus dem Ausschuss Verwaltungsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV): „Nach dem Berliner Ladenöffnungsgesetz sind Supermärkte ebenso wie Tankstellen Verkaufsstellen, also Orte, an denen Waren gewerblich angeboten werden. Auch der Verkauf von Benzin oder Diesel an Zapfsäulen ist ein Verkauf von Ware, diese hat nur eine andere Form.“
Ladesäule macht Geschäft nicht zur Tankstelle
Die Antragstellerin betreibt einen Bio-Supermarkt. Auf dem Parkplatz hat die Kundschaft die Möglichkeit, kostenfrei E-Fahrzeuge aufzuladen. Die Klägerin berief sich daher auf eine Ausnahme im Ladenöffnungsgesetz. Demnach dürfen Tankstellen auch an Sonn- und Feiertagen öffnen. Insgesamt bestehen für Tankstellen einige Ausnahmen, wie Frau Dr. Rapp ausführt: „Tankstellen gehören anders als Supermärkte zu den ‚besonderen Verkaufsstellen‘, die auch an Sonn- und Feiertagen und am 24. Dezember geöffnet haben dürfen.“ Das Bezirksamt untersagte der Antragstellerin dennoch die Öffnung. Sie könne sich nicht auf die Ausnahme berufen.
Urteil: Keine Ausnahme nach dem Ladenöffnungsgesetz
Nach Meinung des Gerichtes hat die Behörde zu Recht die Ausnahme verneint, denn die Antragstellerin betreibt keine Tankstelle. Dabei konnte offenbleiben, ob eine Ladestation für E-Fahrzeuge überhaupt unter den Begriff der Tankstelle im Sinne des Ladenöffnungsgesetzes fällt. Denn jedenfalls stelle sich das Angebot der Klägerin nur als untergeordnete Nebenleistung zum eigentlichen Betrieb des Supermarktes dar. Die Antragstellerin konnte außerdem nicht glaubhaft machen, dass sie die Lademöglichkeit gewerblich anbot. Die Anwältin aus Berlin stellt heraus: „Oft wird verkannt, dass Tankstellen nicht geöffnet haben dürfen, weil sie Tankstellen sind, sondern nach dem Wortlaut des Gesetzes nur, soweit sie bestimmte Waren anbieten, nämlich: Ersatzteile für Kraftfahrzeuge, soweit dies für die Erhaltung oder Wiederherstellung der Fahrbereitschaft notwendig sind, sowie Betriebsstoffe und Reisebedarf. Auch das Gericht bemängelte, dass dies angesichts dessen, dass Tankstellen in Berlin weit mehr verkauften als sie dürften, nicht immer klar werde.“
Ausblick auf zukünftige Entwicklungen
Zu den Regelungen zu Ladestationen für E-Autos stellt die Anwältin klar: „Hier ist noch vieles nicht geklärt. Sowohl das OLG Dresden wie auch das VG Leipzig (beide Entscheidungen hat das VG Berlin zitiert) haben nicht ausgeschlossen, dass ‚Strom-Tankstellen‘ Tankstellen im Sinne der Ladenschlussgesetze sein können. Uneinig sind sie sich allerdings, wann eine solche vorliegt. Zweck der Ausnahme für Tankstellen ist, die Mobilität der Kraftfahrzeugreisenden auch zur Nachtzeit und an Feiertagen zu erhalten, indem sie ihren Kraftstoff- und Reisebedarf decken können. Hierin muss die Prägung der Verkaufsstelle bestehen. Aber um E-Fahrzeuge zu laden, muss man nur eine entsprechende Station mit Stromanschluss zur Verfügung stellen. Kann das eine Verkaufsstelle überhaupt prägen? Daher werden Verwaltungsgerichte auch zukünftig skeptisch sein, ob E-Ladestationen nur dazu dienen sollen, eine eigentlich andere Verkaufsstelle zu einer ‚Strom-Tankstelle‘ zu machen.“
In der Gesamtschau des Streitfalls war dies nur eine untergeordnete Nebenleistung zum eigentlichen Betrieb des Supermarkts. Auch richtete sich das Angebot kostenfrei ausschließlich an Kunden und diente damit in erster Linie der Kundenbindung.
Mehr zum Thema Mobilität und E-Ladesäulen finden Sie in diesem Beitrag.
RAin Dr. Angela Rapp ist Mitglied im DAV-Ausschuss Verwaltungsrecht und Fachanwältin für Verwaltungsrecht in Berlin.
- Datum
- Aktualisiert am
- 19.01.2022
- Autor
- red/dav