Der Mann arbeitete bei einem Transportunternehmen als Fahrer. Als sein Arbeitgeber sein Fahrzeug drosselte, um Geschwindigkeitsüberschreitungen und unnötigen Spritverbrauch zu vermeiden, schrieb er seinem Chef eine SMS und fragte, warum der Bus gedrosselt sei, und „Ich lass den Bus ab sofort dann stehn...“ Das tat er auch und hinterlegte Papiere und Schlüssel. Am nächsten Tag, dem 27. Februar 2014, kündigte ihm sein Arbeitgeber außerordentlich fristlos zum 26. Februar 2014.
Der Mann war vom 26. Februar bis zum 31. März arbeitsunfähig erkrankt.
Der gekündigte Fahrer der Meinung, Anspruch auf Lohn bis zum 31. März zu haben, und klagte. Er habe mit seinem Chef telefonisch am 28. Februar vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis doch noch bis zum 31. März 2014 fortbestehen werde.
Die Richter der ersten Instanz gaben dem Mann Recht. Zwar habe das Arbeitsverhältnis mit der außerordentlichen Kündigung vom 27. Februar 2014 am 28. Februar geendet. Die Kündigung sei rechtswirksam. Die mündliche Vereinbarung mit seinem Arbeitgeber über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. März 2014 habe er nicht nachweisen können. Trotzdem habe er Anspruch auf das März-Entgelt. Laut Gericht war nämlich seine Erkrankung Anlass für die Kündigung. Damit habe er Anspruch auf die Fortzahlung seines Lohnes bis zum 31.März. Das ‚Gesetz über die Zahlung des Arbeitsentgelts an Feiertagen und im Krankheitsfall’ sieht vor: „Der Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts wird nicht dadurch berührt, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit kündigt.“
Das sahen die Richter des Landesarbeitsgerichts jedoch anders. Nach ihrer Überzeugung kündigte der Arbeitgeber dem Fahrer aufgrund der SMS und der damit verbundenen Arbeitsverweigerung.
Der Arbeitgeber dürfe auch während einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit zu kündigen. Er könne sogar wegen einer lang anhaltenden oder wegen vieler Kurzerkrankungen eine sozial gerechtfertigte Kündigung aussprechen. In diesen Fällen habe das auch nicht zwingend die Erhaltung des Entgeltfortzahlungsanspruchs zur Folge, wenn der Arbeitnehmer bei Zugang der Kündigung gerade arbeitsunfähig sei.
Dieser Anspruch bleibe dem Arbeitnehmer nur dann erhalten, wenn der Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit zum Anlass nehme, eine Kündigung auszusprechen. „Anlass“ sei jedoch nicht gleichbedeutend mit dem Kündigungsgrund. Die Krankheit sei dann Anlass der Kündigung, wenn sie die Entscheidung des Arbeitgebers beeinflusse, gerade jetzt den Kündigungsgrund auszunutzen und zu kündigen. Im vorliegenden Fall habe er jedoch gerade nicht aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit die Kündigung ausgesprochen.
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 20. Mai 2015 (AZ: 7 Sa 694/14)
- Datum
- Aktualisiert am
- 27.07.2015