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Berufs­un­fä­higkeit von Inhabern kleiner Betriebe

(red/dpa). Wer berufs­unfähig ist, hat Anspruch auf eine Berufs­un­fä­hig­keitsrente. Bei Selbst­ständigen stellt die Versicherung manchmal sehr hohe Anforde­rungen an die Berufs­un­fä­higkeit. Dies ist jedoch nicht immer gerecht und richtig.

Das zeigt der Fall eines Inhabers eines kleinen Restaurants beziehungsweise Imbisses. Von einem solchen Einmann­betrieb kann nicht verlangt werden, den Betrieb umzustruk­tu­rieren und Personal einzustellen. Hat der Inhaber das meiste in Eigenleistung erbracht, können solche Betriebe nach einer Umstellung nicht mehr wirtschaftlich erfolgreich betrieben werden.

Auch kann vom Inhaber nicht verlangt werden, in einen Beruf zurück­zu­kehren, den er 25 Jahre lang nicht mehr ausgeübt hat. Damit verpflichtete das Gericht die Versicherung zur Zahlung der Berufs­un­fä­hig­keitsrente. Über diese Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts in Koblenz informiert die Arbeits­ge­mein­schaft Sozialrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV).

Berufs­un­fä­higkeit in einem Einmann­betrieb

Dem gelernten Konditor gehörte seit 1983 ein Restaurant/Imbiss. Dort arbeitete er in der Küche als Koch mit einem Zehn-Stunden-Tag. Im Service unterstützte ihn eine Halbtagskraft. 2007 wurde er berufs­unfähig. Unter anderem wurden ihm mehrere Stents eingesetzt. Die Versicherung wollte jedoch keine Berufs­un­fä­hig­keitsrente zahlen. Sie meinte, er könne Personal einstellen und seinen Betrieb entsprechend umorga­ni­sieren. Im Zweifel könne er auch wieder als Konditor arbeiten. 

Umorga­ni­sation von kleinen Betrieben nicht zumutbar

Auch Inhaber von Kleinbe­trieben können berufs­unfähig werden. Als Einmann-Unternehmen gelten auch Firmen, in denen „ein Mann“ von ein oder zwei Hilfskräften unterstützt wird. In der Regel haben solche Inhaber einen Arbeitstag von über 10 Stunden. Im vorlie­genden Fall stand für das Gericht fest, dass „ein Gastwirt, der selbst kocht, einkauft, zusätzlich bei der Bedienung hilft und auch die Reinigung seiner Gerätschaften selbst vornimmt“, seine Gastwirt­schaft nicht allein vom Büro aus leiten kann. Die anderen Tätigkeiten könne der Mann jedoch aus gesund­heit­lichen Gründen nicht mehr ausführen.

Eine Umorga­ni­sation würde bedeuten, dass man Personal einstellen müsste. Im vorlie­genden Fall wäre es jedoch beispielsweise nach Einstellung eines Koches nicht mehr möglich, die Gaststätte wirtschaftlich zu betreiben und ein hinrei­chendes Einkommen für den Inhaber zu erwirt­schaften.

Fazit für Selbst­ständige

Übersteigen die möglichen Personal­kosten die wirtschaftliche Leistungs­fä­higkeit, muss der Betrieb nicht umorga­nisiert werden. Man hat dann Anspruch auf eine Berufs­un­fä­hig­keitsrente. Das Gericht lehnte auch ab, dass der Mann nach 25 Jahren wieder als Konditor arbeiten muss. Schließlich habe sich im Laufe dieser Jahre die Technik in der Backstube erheblich verändert.

Wichtig ist diese Rechtslage für alle Selbst­ständigen mit einem kleinen Unternehmen. Klar ist nämlich, dass eine Umorga­ni­sation des Betriebes nicht immer verlangt werden kann. Wer seinen Betrieb in wesent­lichen Teilen allein führt und sich lediglich in einem Teilbereich einer Hilfskraft bedient, kann letztlich nicht ersetzt werden. Oberlan­des­gericht Koblenz am 1. Juni 2012 (AZ: 10 U 960/11) Quelle: www.dav-sozialrecht.de

Rechts­gebiete
Arbeitsrecht Sozialrecht Sozial­ver­si­che­rungsrecht

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