Wer für das Alter vorsorgen will, denkt heutzutage an eine private Zusatzrente und ein Testament, immer häufiger aber auch an eine Vorsorgevollmacht. Zumindest setzen immer mehr Bundesbürger eine Vorsorgevollmacht auf. Aktuell sind 2,7 Millionen dieser Dokumente registriert, doch da man sie nicht offiziell erfassen lassen muss, dürfte ihre tatsächliche Zahl wesentlich höher liegen.
Offensichtlich schätzen immer mehr Menschen die Vorteile, die Vorsorgevollmachten mit sich bringen. Ihr Nutzen liegt darin, dass man mit ihnen ein sogenanntes Betreuungsverfahren verhindern kann. In einem Betreuungsverfahren stellt ein Gericht einem Menschen, der etwa zu krank ist, um seine Angelegenheiten selbst zu regeln, einen Betreuer an die Seite. Das kann ein Verwandter sein, oft übernimmt aber auch eine völlig fremde Person diese Aufgabe. Mit einer Vorsorgevollmacht lässt sich das vermeiden. Denn in ihr bestimmt man selbst, wer einen rechtlich vertreten und für einen entscheiden soll.
Vorsorgevollmachten: Missbrauch nimmt zu
Die meisten Menschen legen in ihrer Vollmacht einen Bevollmächtigten fest, damit dieser im Falle des Falles gesundheitliche oder finanzielle Fragen für sie regelt. Dabei räumen sie dem Bevollmächtigten viele Befugnisse ein. Das ist meistens unproblematisch, aber nicht immer. Denn Bevollmächtigte können ihre Befugnisse auch ausnutzen, eigenmächtig oder sogar kriminell handeln. Dann räumt etwa der Enkel das Konto seiner demenzkranken Oma leer oder die Tochter überschreibt das Haus ihrer Mutter einfach auf ihren Namen.
„Wie oft Bevollmächtige nur zu ihrem eigenen Vorteil handeln und Vorsorgevollmachten missbrauchen, lässt sich schwer sagen. Es gibt keine konkreten Zahlen“, sagt der Berliner Rechtsanwalt Dr. Dietmar Kurze von der Arbeitsgemeinschaft Erbrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). „Aber nach meinem Eindruck nehmen die Fälle von Missbrauch zu.“
Der Missbrauch von Vorsorgevollmachten ist möglich, weil es sich bei ihnen zwar nicht um Blankoschecks handelt, aber um Dokumente mit sehr weitreichenden Folgen und vielen Rechten für die Bevollmächtigten. Dabei lässt sich das Handeln von Bevollmächtigten nicht immer kontrollieren - entweder weil man als Vollmachtgeber dazu nicht mehr fähig ist oder weil etwa Verwandte fehlen, die das Tun überwachen. Auch Betreuungsgerichte fallen in der Regel als Kontrollinstanzen aus.
Wie kann man sich vor dem Missbrauch einer Vorsorgevollmacht schützen?
Doch den Missbrauch einer Vorsorgevollmacht kann man aktiv verhindern und sich davor schützen. Das geht am besten, bevor man eine Vorsorgevollmacht aufsetzt. Zwar kann man auch gegen den missbräuchlichen Umgang mit einer Vorsorgevollmacht vorgehen, wenn dieser gerade stattfindet, doch ist es sehr viel einfacher, präventiv vorzugehen.
Deshalb sollte man den Schritt, eine Vorsorgevollmacht aufzusetzen, besonders gut planen. Man sollte sich dabei zunächst sorgfältig überlegen, wen man als Bevollmächtigen einsetzen will, denn die richtige Personenwahl kann bereits Ärger ersparen. In jedem Fall sollte man einen Bevollmächtigten wählen, dem man vertraut, der diese Aufgabe wirklich übernehmen will und dazu fähig ist sowie die nötige Zeit dafür hat.
Nicht nur mit der richtigen Person, sondern vor allem mit klar festgelegten Inhalten kann man verhindern, dass eine Vorsorgevollmacht missbraucht wird. „Man sollte auf jeden Fall die Aufgaben des Bevollmächtigten genau regeln und definieren, wie er diese erfüllen soll“, rät Rechtsanwalt Dr. Kurze. Dazu kann auch gehören, festzulegen, dass ein Bevollmächtigter beispielsweise nur begrenzt oder gar nicht auf das Vermögen oder die Immobilien des Vollmachtgebers zugreifen darf.
Denkbar ist beispielsweise auch, Umgangsregeln in die Vorsorgevollmacht aufzunehmen, die garantieren, dass der Vollmachtgeber und seine Familie oder seine Freunde sich sehen können, denn: „Bevollmächtigte haben viele Rechte, sie können Verwandten sogar den Zugang zum Vollmachtgeber versperren“, so Dr. Dietmar Kurze.
Vorsorgevollmachten: Sollte man einen Kontrollbevollmächtigen einsetzen?
Ein weiterer Tipp, der den Missbrauch einer Vorsorgevollmacht verhindern kann: Vollmachtgeber sollten einen zweiten Bevollmächtigten in ihrer Vorsorgevollmacht bestimmen. Der zweite Bevollmächtigte könnte sich dann beispielsweise um andere Lebensbereiche kümmern, aber auch etwa die Rechnungslegung des ersten Bevollmächtigten kontrollieren.
Dazu könnte ein Vollmachtgeber aber auch einen Kontrollbevollmächtigen bestimmen, also eine neutrale Person, die idealerweise nicht zur Familie des Vollmachtgebers gehört. Auf solche Aufgabe haben sich in den letzten Jahren zunehmend Rechtsanwälte spezialisiert.
Die Beispiele machen deutlich, dass Vollmachtgeber sehr frei darin sind, ihre Wünsche und individuellen Vorstellungen in die Vollmacht zu bringen, inhaltliche Vorgaben gibt es für Vorsorgevollmachten kaum. Daher sollte man sich von einem auf Vorsorgevollmachten spezialisierten Rechtsanwalt beraten lassen und mit ihm eine Vorsorgevollmacht formulieren, die auf die eigene Lebenssituation passt. Ein Rechtsanwalt kann auch die formalen Vorgaben nennen, die Vorsorgevollmacht erfüllen müssen, um wirksam zu sein.
Missbrauch von Vorsorgevollmachten: Warum Sie sich immer an eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt wenden sollten
1. Nur eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt kann Sie beraten und Ihnen zeigen, welche formalen Kriterien und andere Vorgaben Sie bei Ihrer Vorsorgevollmacht beachten müssen, damit das Dokument wirksam ist.
2. Eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt können Ihnen Wege aufzeichnen, über die Sie Ihre Vorsorgevollmacht so aufsetzen können, dass ein Missbrauch zu Ihren Lasten ausgeschlossen ist.
3. Wenn Sie konkret davon betroffen sind, dass Ihr Bevollmächtigter Ihre Vorsorgevollmacht missbraucht, kann Ihnen eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt helfen, dagegen vorzugehen und Sie in einem Verfahren vertreten.
Informationen und Beratungen über das Thema Vorsorgevollmachten finden Sie über unsere große Anwaltssuche. Dort finden Sie Rechtsanwältinnen und Rechtsanwältin ganz in Ihrer Nähe.
- Datum
- Aktualisiert am
- 24.09.2015
- Autor
- ime