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Lebewesen

Tierschutz und Tierrechte: Welche Rechte haben Tiere?

Tierschutz und Tierrechte - was sind die rechtlichen Regeln? © Quelle: Liliendahl/corbisimages.de

Tiere galten juristisch gesehen lange Zeit als „Gegenstände“, doch diese Zeiten sind vorbei. Seit 2002 nennt das Grundgesetz den Tierschutz als Staatsziel. Doch was bedeutet das für Tiere und welche Rechte leiten sich für sie daraus ab?

Wir knuddeln sie, bürsten ihr Fell, gehen mit ihnen spazieren und lieben sie wie ein Famili­en­mitglied – Tiere. In deutschen Haushalten leben rund 12 Millionen Katzen und über sieben Millionen Hunde. Kaum schätzen lässt sich die Zahl der vielen anderen Haustiere wie Fische, Kaninchen oder Meerschweinchen, die die Bundes­bürger in ihren Wohnungen halten.

Die Tierliebe im Land ist groß und nahezu jeder empört sich über Tierquälerei, Tierversuche und die Massen­tier­haltung. Allerdings - diese Liebe ist begrenzt, zumindest widerspricht sie den Essgewohn­heiten vieler Bundes­bürger eklatant. Deren Fleisch­konsum ist zwar gesunken und der Anteil der Vegetarier gestiegen, der aktuell bei zehn Prozent der Bevölkerung oder 7,8 Millionen Vegetariern liegt.

Dennoch essen 85 Prozent der Deutschen fast täglich Fleisch und bringen es so auf rund 60 Kilogramm pro Jahr. Besonders Männer sind diesem Nahrungs­mittel zugetan, sie essen pro Woche im Durchschnitt über ein Kilo Fleisch.

Tiere: Welche rechtlichen Regeln gelten für sie?

Im Zivilrecht standen Tiere bis 1990 auf einer juristischen Stufe mit leblosen Dingen. Danach schrieb der Gesetzgeber im § 90 a des Bürger­lichen Gesetz­buches (BGB) aber ausdrücklich fest, Tiere seien Lebewesen, keine Dinge. Dies hat nicht nur eine moralische Implikation, sondern auch finanzielle Folgen: So kann ein Hundehalter, dessen Tier bei einem Unfall verletzt wurde, vom „Täter“ zum Beispiel nicht mehr nur den materiellen Wert des Tieres fordern, sondern auch die Behand­lungs­kosten.

Im Jahr 2002 wurde der Tierschutz als Staatsziel im Grundgesetz verankert und dazu Artikel 20a erweitert. „Diese Gesetzes­än­derung brachte zwar nicht die rechtliche Gleich­stellung von Mensch und Tier. Sie war aber trotzdem wichtig, weil sie eine Debatte über die Nutzung von Tieren durch den Menschen auslöste“, sagt der auf Tierrecht spezia­li­sierte Rechts­anwalt Andreas Ackenheil aus dem rheinland-pfälzischen Klein-Winternheim.

Den konkreten Schutz von Tieren definiert das Tierschutz­gesetz. Dort heißt es: „Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verant­wortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbe­finden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.“

Tierquälerei: Welche Strafen drohen?

Um diesen Zweck umzusetzen, definiert das Tierschutz­gesetz zum Beispiel verschiedene Straftat­be­stände, Tierquälerei etwa oder die willkürliche und grundlose Tötung eines Tieres. Dies kann eine Freiheits­strafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe nach sich ziehen.

Darüber hinaus enthält das Tierschutz­gesetz zahlreiche praktische Regeln. Die Paragraphen  fünf und sechs etwa sehen vor, dass Veterinäre Tiere in bestimmten Fällen betäuben müssen oder sie nur nach medizi­nischer Indikation operieren dürfen. Auch regelt das Gesetz Erlaub­nis­pflichten: Jeder, der gewerblich Tiere züchtet, mit ihnen handelt, sie ausbildet oder in einer Einrichtung wie einem Tierheim hält, braucht dazu eine Erlaubnis des Veteri­näramtes.

Häufig wirkt das Tierschutz­gesetz aber nur in Kombination mit Rechts­ver­ord­nungen, was besonders in der Hundehaltung deutlich wird. So regelt die Tierschutz-Hunde­ver­ord­nung, wie Hundehalter oder Hundezüchter ihre Tiere halten müssen oder dass beispielsweise Hundewelpen nicht vor der achten Lebenswoche von ihrer Mutter getrennt und verkauft werden dürfen.

Regeln zur Haltung von Wildtieren in Zirkussen

Die Haltung von Wildtieren in Zirkussen ist gesetzlich erlaubt. Zwar wurde im Juli 2013 das Tierschutz­gesetz geändert und darin eingefügt, dass eine Einschränkung der Wildtier­haltung möglich ist - allerdings erst dann, wenn die Tiere „nur unter erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden“ gehalten oder transportiert werden können. In der Praxis ist dies schwer nachweisbar. Deshalb hat der Bundesrat im März 2016 erneut einen Versuch unternommen, ein Verbot durchzu­setzen, die Stellungnahme der Bundes­re­gierung steht noch aus. Derweil erlassen immer mehr Kommunen städtische Verbote und vermieten keine Flächen mehr an Zirkusse, die Wildtiere halten. Allerdings ist die Stadt Düsseldorf am 6. Februar 2017 mit ihrem Wildtier­verbot gescheitert. Zumindest hat das Verwal­tungs­gericht Düsseldorf entschieden, dass ein Zirkus mit Wildtieren auf einer kommunalen Fläche in Düsseldorf auftreten treten darf. Denn der Zirkus hatte seinen Antrag auf Mietung der Fläche bereits 2015 gestellt, also in der Zeit vor dem Verbot. Rückwirkend darf dieses also nicht angewendet werden (AZ: 18 L 213/17).

Unterscheidet das Tierschutz­gesetz zwischen Haustieren und Nutztieren?

Das Tierschutz­gesetz definiert verschiedene Kategorien von Tieren und stattet diese jeweils mit einem bestimmten rechtlichen Schutz aus. Dabei unterscheidet das Gesetz zwischen Haus- und Heimtieren, Nutztieren und Wildtieren. Zu den Nutztieren zählen alle in der Landwirt­schaft genutzten Tierarten, für sie gilt die Tierschutz-Nutztier­hal­te­ver­ordnung.

„Wildtiere sind gegenüber Nutztieren rechtlich herrenlos, da sie keiner Person als Eigentum gehören solange sie in freier Wildbahn leben“, erklärt Rechts­anwalt Andreas Ackenheil. Theoretisch könnte sich jeder Mensch ein Wildtier aneignen – es sei denn, das Wildtier unterliegt einem Fangverbot nach dem Tierschutz­gesetz, dem Jagdrecht oder der Bundes­ar­ten­schutz­ver­ordnung. Auch das Naturschutz­gesetz und das Artenschutzrecht enthalten Vorgaben zum Schutz von Tieren.

Tierschutz­gesetz: Regeln für die Massen­tier­haltung und Tierversuche

Tierversuche und Massen­tier­haltung sind rechtlich bis heute nicht verboten. Den Einsatz von Tieren zu wissen­schaft­lichen Zwecken und für Tierversuche regelt das Tierschutz­gesetz beispielsweise in den §§ 7, 8 und 9.

„Demnach dürfen Tiere nur zu Tierver­suchen eingesetzt werden, wenn es aus bestimmten Gründen unerlässlich ist, also zum Beispiel zur Vorbeugung, Erkennung oder Behandlung bestimmter Krankheiten oder Leiden“, sagt Rechts­anwalt Ackenheil. „Bei der Frage, ob Tierversuche unerlässlich sind, muss man zwingend den aktuellen Stand der Wissen­schaft im betref­fenden medizi­nischen Segment berück­sichtigen.“

Standards für die Massen­tier­haltung definiert das Tierschutz­gesetz in § 2. Danach muss etwa ein Bauer ein Tier in einem Agrarbetrieb „… seiner Art und seinen Bedürf­nissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhal­tens­gerecht unterbringen“, wie es im Gesetz heißt.

„Die Praxis der Massen­tier­haltung sieht jedoch meist ganz anders aus. Hier bestimmen Tierfa­briken das Bild, Tiere werden meist aus Kosten­gründen auf engstem Raum gehalten“, sagt Rechts­anwalt Ackenheil.

Welche Rechte haben Tiere?

Das Tierschutz­gesetz soll Tiere vor Misshandlung oder wenig artgerechter Haltung schützen und anerkennt damit, dass Tiere Interesse an einer guten Behandlung haben und dies beanspruchen dürfen.

Doch besondere Rechte verleiht das das Tierschutz­gesetz den Tieren nicht. Daher fordert etwa der Rechts­anwalt Ackenheil: „Tieren sollten die im interna­tionalen Tierschutz geltenden fünf Freiheiten gewährt werden: Die Freiheit von Hunger, Durst und Unterernährung; die Freiheit von Angst und Not sowie psychischem und thermischen Unbehagen, Schmerz, Verletzung oder Krankheit. Außerdem sollten Tiere die Freiheit bekommen, ein normales Verhalten zeigen zu dürfen.“

Mit diesen Forderungen geben sich viele Tierfreunde und Tierschutz­ak­ti­visten aber nicht zufrieden. Sie wollen Tiere nicht nur schützen, sondern ihnen Bürger­rechte zuerkennen, ähnlich denen, die Menschen innehaben, Tiere sollen als Rechts­subjekte eingestuft werden.

Dieses Denken beflügelt hat etwa das sogenannte Great Ape Project, das mit seiner Forderung nach Bürger­rechten für Menschenaffen in der Vergan­genheit erstaun­lichen legislativen Einfluss hatte. So stellte Neuseeland 1999 per Gesetz die Großen Menschenaffen unter besonderen Rechts­schutz, in Spanien startete vor einigen Jahren eine parlamen­ta­rische Initiative, um national den besonderen Status von Menschenaffen anerkennen zu lassen. Die Initiative scheiterte jedoch nicht zuletzt am Widerstand der katholischen Kirche, die darin eine „antichristliche Verschwörung“ vermutete, ein gegen Vernunft und Natur gerichtetes Projekt.

Zu den Triebfedern der tierrecht­lichen Diskurse gehören Tierrechts­ak­ti­visten wie der hochum­strittene Australier Peter Singer. Außerdem publizieren Wissen­schaftler immer neue Erkenntnisse über die Ähnlichkeit von Mensch und Tier, besonders Mensch und Menschenaffen.

Viele Menschen stellen sich deshalb die Frage: Muss man ein Mensch sein, um eine Person mit Gefühlen, Wünschen, einem Willen und Gedächtnis zu sein? „Die aktuellen Bemühungen gehen in die Richtung, vergleichbare, aber von den Menschen­rechten unabhängige Rechte für nicht-menschliche Personen zu definieren“, sagt Andreas Ackenheil.

Datum
Aktualisiert am
25.04.2017
Autor
ime
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Themen
Tiere Tierrechte Tierschutz

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