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Kindesunterhalt

Bundes­ge­richtshof entscheidet über Samenspende und Vaterschaft

Wann hat ein Kind Anspruch auf Unterhalt? © Quelle: Quelle: alexandraribeiro/corbisimages.com

Ein Kind, das durch eine Samenspende erzeugt wurde, hat Anspruch auf Unterhalt, wenn der Mann der Samenspende zugestimmt hat.

In einer mit Spannung erwarteten Entscheidung hat der Bundes­ge­richtshof (BGH) am 24.9.2015 die Entscheidung verkündet, dass ein Mann, der mit der Mutter eines Kindes nicht verheiratet war und auch nicht der leibliche Vater des Kindes ist, sondern durch künstliche Befruchtung (hetero­lo­gische Insemi­nation) mit seiner Einwil­ligung während des Zusammen­lebens entstanden ist, Unterhalt bezahlen muss (AZ: XII ZR 99/14).

Hart für den Beklagten: Er muss rückständigen Unterhalt in Höhe von 17.000 Euro an das klagende Kind bezahlen und weiteren Unterhalt bis zur Volljäh­rigkeit und eventuell auch darüber hinaus.

Der Sachverhalt: Die Mutter der Klägerin (Kind) und der Vater (Beklagter) führten mindestens zwischen 2000 und 2007 eine intime Beziehung, ohne in einem gemeinsamen Haushalt gelebt zu haben. Der Beklagte war zeugungs­unfähig. Weil sich die Mutter der Klägerin ein Kind wünschte, stimmte der Beklagte einer hetero­lo­gischen Insemi­nation zu, die der Hausarzt bei der Mutter der Klägerin am 23. Juli 2007 durchführte mit fremden Sperma, das der Beklagte selbst besorgt hatte.

Dieser erste Versuch einer Befruchtung führte allerdings nicht zu einer Schwan­ger­schaft. Der Beklagte hatte am Tag der hetero­lo­gischen Semination einem vom Hausarzt vorgelegten „Notfall-/Vertre­tungs­schein“ handschriftlich vermerkt: „Hiermit erkläre ich, dass ich für alle Folgen einer eventuell eintre­tenden Schwan­ger­schaft aufkommen werde und die Verant­wortung übernehmen werde!“.

Der Kläger trug vor dem Oberlan­des­gericht Stuttgart vor, dass es nach dem ersten Versuch der hetero­lo­gischen Semination zwei weitere Versuche gegeben habe, der vom  Januar 2008 habe schließlich zum Erfolg geführt. Die Klägerin wurde am 18. Oktober 2008 geboren. Der Beklagte bestritt, dass er mit den weiteren Versuchen der hetero­lo­gischen Semination einver­standen gewesen sei. Unstreitig bezahlte der Beklagte aber die Erstlings­aus­stattung und Kindes­un­terhalt von Oktober bis Dezember 2008 und ließ sich zur Geburt gratulieren.

Wann steht einem Kind Unterhalt zu?

Die Klägerin machte vor dem Landgericht Stuttgart (AZ: 2 O 86/13) einen vertrag­lichen Unterhalts­an­spruch geltend, der sich der Höhe nach an dem gesetz­lichen geschuldeten Unterhalt orientierte. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, dagegen legte die Klägerin Berufung ein.

Das OLG Stuttgart hob das Urteil des LG Stuttgart auf und verurteilte den Beklagten zur Zahlung von Unterhalt mit der Begründung, er habe – im Gegensatz zur Mutter der Klägerin – nicht glaubhaft dargelegt, dass er von den weiteren Insemi­na­ti­ons­ver­suchen im Dezember 2007 und Januar 2008 nichts gewusst habe und es zu einem Zerwürfnis gekommen sei, zumal er nach der Geburt der Klägerin wie ein Vater aufgetreten sei und die amtliche Geburts­an­meldung eines Kindes im Standesamt unterschrieben habe. Zudem habe er die Erstaus­stattung bezahlt und dreimal monatlichen Unterhalt.

Das OLG Stuttgart ging davon aus, dass es sich bei der Insemi­nation bei einem nichtehe­lichen Paar um die Übernahme der Eltern­schaft durch Willensakt handele und einer Adoption ähnlich sei.

Das Gericht verweist auf die Entscheidung des BGH zur hetero­lo­gischen Insemi­nation bei Eheleuten (BGHZ 129,297ff). Der BGH hat bereits entschieden, dass ein Ehemann, der sein Einver­ständnis zur hetero­lo­gischen Insemi­nation erteilt, regelmäßig zugleich einen von famili­en­recht­lichen Besonder­heiten geprägten berech­tigten Vertrag zugunsten des Kindes gemäß § 328 BGB schließe und zur Zahlung von Kindes­un­terhalt verpflichtet sei. Dies gelte in gleicher Weise für einen nicht verhei­rateten Mann, der eine Einwil­ligung erteilt, zumal im vorlie­genden Fall außerdem schriftlich erklärt worden war, für die Folgen einer ev. auftre­tenden Schwan­ger­schaft aufzukommen.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Revision eingelegt mit dem Begehren, die Abweisung der Klage zu erreichen.

Bundes­ge­richtshof: Vaterschaft „mit Willenakt"

Der BGH hat nunmehr entschieden, dass der Beklagte Unterhalt bezahlen muss. Der BGH hat die Urteils­gründe des OLG Stuttgart bestätigt. Der Beklagte habe die Vaterschaft „mit Willensakt“ übernommen und damit zu erkennen gegeben, dass er wie ein Vater für das Kind sorgen wolle. Er wies auf den geänderten § 1600 Abs. 5 BGB hin, nach dem eine Anfechtung der Vaterschaft weder durch die Mutter noch den Vater möglich ist, wenn ein Kind durch künstliche Befruchtung mit Willen beider Elternteile entstanden ist.

Konsequenz: Nicht nur leibliche oder rechtliche Väter (Kind wird während der Ehe geboren), sondern auch Männer, die einer hetero­lo­gischen Semination zugestimmt haben, sind unterhalts­pflichtig, egal, ob sie mit der Mutter des Kindes verheiratet waren oder nicht.

Datum
Aktualisiert am
25.09.2015
Autor
Viola Lachenmann
Bewertungen
528
Themen
Familie Kinder Künstliche Befruchtung Samenspende Vaterschaft

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