
Klassenarbeiten sorgen immer wieder für Streit zwischen Lehrern, Eltern und Schülern. Deshalb fragen sich viele Mütter und Väter, welche Rechte sie dem Lehrer und der Schule gegenüber haben und wie sie diese Rechte zum Wohle ihres Kindes, des Schülers, durchsetzen können.
Welche Rechte Mütter und Väter haben, hängt davon ab, in welchem Bundesland sie wohnen. Denn Schulrecht ist Ländersache, einheitlich geltende Regeln gibt es nicht. Daher muss man etwa die Frage, ob eine Klassenarbeit wiederholt werden kann oder sogar muss, wenn sie schlecht ausgefallen ist, für jede Region gesondert prüfen.
Das Schulrecht im bevölkerungsreichsten Land Nordrhein-Westfalen regelt die Frage der Wiederholbarkeit von Klassenarbeiten zum Beispiel nicht. „Deshalb können Eltern dort auch nicht beanspruchen, dass eine Klassenarbeit wiederholt wird“, erklärt Dr. Frank Schulze aus Münster, Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Mitglied im Deutschen Anwaltverein (DAV).
Darf Lehrer in Klassenarbeit Aufgaben stellen, die er im Unterricht nicht mit den Schülern durchgegangen ist?
Trotz dieser Regeln im Schulrecht müssen Mütter und Väter eine schlechte Zensur in der Klassenarbeit ihres Kindes nicht immer hinnehmen. Zumindest dann nicht, wenn der Lehrer Aufgaben gestellt hat, die die Schüler nicht lösen konnten, weil der Lehrer dabei Lernstoff abgefragt hat, den er im Unterricht nicht mit den Schülern durchgegangen ist.
Oder wenn die Fragen unangemessen schwer waren. Ein schlechter Notenspiegel kann dafür ein Indiz sein. „In solchen Fällen können Eltern vom Lehrer verlangen, dass er diesen Teil der Klassenarbeit nicht bewertet und nicht in die Note einfließen lässt“, erklärt der Rechtsanwalt Dr. Frank Schulze.
Ob der Lehrer sich nicht an den Lernstoff gehalten hat, können Mütter und Väter leicht überprüfen und nachweisen. Sie müssen nur die Klassenarbeit mit dem Lehrplan oder den Unterrichtsinhalten in der Klasse vergleichen. Über diese können Eltern sich etwa mit einem Blick in Hefte ihres Kindes informieren. Mütter und Väter können den Unterrichtsstoff aber auch von der Schulleitung feststellen lassen, indem diese die Eintragungen ins Klassenbuch auswertet. Ihr Recht können Mütter und Väter im Gespräch mit dem verantwortlichen Fachlehrer durchsetzen, auch ein Gespräch mit dem Schulleiter kann sich lohnen.
Schulrecht, Schüler und Klassenarbeiten: Können Eltern das Zeugnis oder eine Note ihres Kindes anfechten?
Rechtlich anfechten kann man das Zeugnis eines Schülers in der Regel zum Beispiel dann, wenn eine Note darauf auf eine Klassenarbeit zurückzuführen ist, die etwa aus den oben genannten Gründen nicht hätte bewertet werden dürfen. „Man könnte in solchen Fällen ins Feld führen, dass der Schüler nicht die gleichen Chancen auf eine gute Note gehabt hat wie ein Schüler etwa in der Nachbarklasse, dessen Klassenarbeit womöglich anders abgelaufen ist“, sagt der Verwaltungsrechtsexperte Dr. Frank Schulze.
Allerdings ist die Rechtsprechung in der Frage, wann man ein Zeugnis anfechten kann, uneinheitlich. Zumindest gibt es eine Rechtsposition, der zu Folge man ein Schulzeugnis nur dann anfechten kann, wenn es für die Versetzung eines Schülers entscheidend ist.
Schulrecht und Klassenarbeiten: Müssen Klassenarbeiten angekündigt werden?
Auch hier haben die einzelnen Bundesländer ihre ganz eigenen Vorgaben. NRW hat dazu keine Vorgaben im Schulgesetz, aber in entsprechenden Verwaltungsvorschriften. Diesen zu Folge müssen Lehrer den Schülern Klassenarbeiten ankündigen. Den zeitlichen Vorlauf solcher Ankündigungen legen die Vorschriften nicht fest. Dennoch sind diese Vorschriften hilfreich, zumindest schützen sie die Schüler vor bösen Überraschungen und geben Müttern und Vätern eine Handhabe, um sich zu beschweren, wenn Lehrer Klassenarbeiten nicht ansagen.
Der Lehrer hat eine Arbeit nicht zurückgegeben und will schon wieder eine neue schreiben – ist das erlaubt?
In NRW sollen Lehrer Klassenarbeiten nach spätestens drei Wochen zurückgeben. Wenn der Lehrer dies aus zeitlichen Gründen aber nicht schafft, kann er die Schüler durchaus eine „neue“ Klassenarbeit schreiben lassen, bevor er den Schülern die „alte“ zurückgibt. „Über dieses Vorgehen können sich Eltern aber beschweren und auch hier auf die Verletzung der Chancengleichheit verweisen“, sagt Rechtsanwalt Dr. Frank Schulze. „Denn wenn ein Schüler nicht die Chance hat, zu wissen, wie seine Noten stehen, kann dies verhindern, dass es sich besonders auf die aktuelle Arbeit konzentriert und sich dafür anstrengt.“
Schule, Schüler und Schulleitung: Wie viele Klassenarbeiten müssen Kinder schreiben?
In der Regel legen die Fachministerien der Länder fest, wie viele Klassenarbeiten Kinder schreiben müssen. Dabei gilt die Anzahl für das jeweilige Land und für eine bestimmte Schulform. „In NRW ist vorgesehen, dass Kinder in der Mittelstufe pro Tag eine Klassenarbeit schreiben und eine mündliche Prüfung in einer modernen Fremdsprache absolvieren können“, sagt Dr. Frank Schulze. „Zwei Klassenarbeiten oder Klausuren an einem Tag darf es aber nicht geben.“
Gefehlt wegen Krankheit: Dürfen Kinder eine Klassenarbeit nachschreiben?
Die Rechtslage in NRW sieht vor, dass Kinder Klassenarbeiten nachschreiben können oder sogar sollen, wenn sie krank waren und die Klassenarbeit deshalb versäumt haben.
Allerdings: Kommen Kinder nach einer Krankheit wieder in die Schule und der Lehrer lässt sie an diesem Tag eine Klassenarbeit schreiben, müssen die Schüler diese Klassenarbeit nur mitschreiben, wenn sie trotz Krankheit üben und lernen konnten. „Ein gebrochener Fuß hindert ein Kind nicht daran, sich auf eine Arbeit vorzubereiten“, sagt Dr. Schulze. „Anders sieht es aber aus, wenn das Kind Fieber hatte und das Bett hüten musste.“ In diesem Fall hätte das Kind sich nicht auf die Klassenarbeit vorbereiten können und müsse diese auch nicht mitschreiben.
Am besten ist es, wenn Mütter und Väter sich mit der Schulleitung besprechen und dort durchsetzen, dass das Kind die Arbeit nicht mitschreiben muss.
- Datum
- Aktualisiert am
- 15.05.2017
- Autor
- ime