Welche Arbeitnehmer können die „Rente mit 63“ nutzen?
Wer als Arbeitnehmer in den Ruhestand gehen möchte, muss derzeit arbeiten, bis er 65 Jahre und fünf Monate alt ist. Künftig steigt das Renteneintrittsalter auf 67 Jahre.
Wer vor dem offiziellen Rentenbeginn in den Ruhestand gehen will, muss teils drastische, lebenslange Abschläge bei seinem Altersruhegeld hinnehmen. Die Deutsche Rentenversicherung zieht für jeden Monat, den man früher als gesetzlich vorgesehen in die Rente geht, 0,3 Prozent ab.
„In Zahlen bedeutet das: Wenn jemand eine Vollrente von 1.500 Euro beziehen würde und drei Jahre früher in den Ruhestand geht, verringert sich die spätere Rente um 162 Euro auf 1338 Euro“, erklärt der Rechtsanwalt Christian Wagner von der Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV).
Abschlagsfrei in Rente gehen kann man vor dem gesetzlichen Renteneintrittsalter nur ausnahmsweise, und zwar wenn man die Voraussetzungen für die sogenannte „Altersrente für besonders langjährig Versicherte“ erfüllt. Diese „Rente mit 63“ erhalten Arbeitnehmer dann, wenn sie zu den Jahrgängen 1950, 1951 und 1952 gehören, noch nicht in Rente sind und bei der Deutschen Rentenversicherung 45 Beitragsjahre vorweisen können.
Demgegenüber haben aber Arbeitnehmer, die 1953 oder später geboren sind, schlechtere Konditionen, um abschlagsfrei in den Genuss der neuen Rente zu kommen. Ein Beispiel: Wer 1957 geboren wurde, kann mit 63 Jahren und 10 Monaten Rentner werden, Personen des Jahrgangs 1964 mit 64 Jahren und 10 Monaten. „Selbst wer bei seinem Geburtstag die 45 Arbeitsjahre erreicht, hat mitunter Pech“, sagt Rechtsanwalt Christian Wagner. „Die Deutsche Rentenversicherung entscheidet über den abschlagsfreien Rentenbeginn nicht nur anhand der Arbeitsjahre, sondern auch über das Geburtsdatum.“
Rente mit 63: Welche Zeiten gelten als Versicherungszeiten?
Um die abschlagsfreie Rente mit 63 zu nutzen, müssen Arbeitnehmer in der Regel bereits mit 18 Jahren angefangen haben zu arbeiten und auf insgesamt 45 Versicherungsjahre kommen. Zu den Versicherungszeiten zählen:
- Pflichtbeiträge, die ein Versicherter in einer Beschäftigung oder als Selbständiger geleistet hat
- Beschäftigungszeiten aus einem Minijob
- Zeiten des Zivil- oder Wehrdiensts
- Zeiten der unentgeltlichen Pflege von Angehörigen
- Zeiten der Kindererziehung bis zum zehnten Lebensjahres eines Kindes
- Phasen, in denen jemand Krankengeld, Schlechtwettergeld, Insolvenzgeld, Winterausfallgeld oder Übergangsgeld erhalten hat
- Freiwillige Leistungen von Selbstständigen in die gesetzliche Rentenversicherung
Rente mit 63: Wie wertet die Rentenversicherung Zeiten der Arbeitslosigkeit?
Zeiten, in denen jemand in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn arbeitslos gemeldet war, können für künftige Rentner ein Problem darstellen, denn: „Die Rentenversicherung wertet Phasen, in denen jemand Arbeitslosenhilfe oder Arbeitslosengeld II bezogen hat, nicht als Versicherungszeit, sie werden also nicht auf die Rente mit 63 angerechnet“, erklärt der Sozialrechtsexperte Christian Wagner. Allerdings gibt es Ausnahmen von dieser Regel.
Muss man, wenn man die Voraussetzungen für die „Rente mit 63“ erfüllt, in den Ruhestand gehen?
Nein das muss man nicht. Es lohnt sich allerdings kaum, weiterzuarbeiten. Zwar erhält der Versicherte für weitere zwei Jahre Gehalt, muss aber auch voll arbeiten. Er erwirbt auch weitere Rentenansprüche. Aber diese sind so gering, dass man die durch den zweieinhalb Jahre kürzeren Ruhestand verlorenen Rentenzahlungen fast nicht mehr aufholen kann. Man muss also genau überlegen und durchrechnen, ob sich die Weiterarbeit nach dem gesetzlichen Renteneintrittsalter wirklich lohnt.
Rente mit 63: Kann man hinzuverdienen?
Ja, man kann zu seiner Rente hinzuverdienen. Wer bereits das gesetzliche Renteneintrittsalter von derzeit 65 und demnächst 67 Jahren erreicht hat, kann zu seiner Altersrente unbegrenzt hinzuverdienen. Das gilt auch für diejenigen, die die Rente mit 63 erhalten.
Allerdings: Wer noch nicht das offizielle Renteneintrittsalter erreicht hat, aber schon eine Vollrente erhält und sich etwas dazu verdienen will, muss bestimmte Hinzuverdientsgrenzen beachten. „In solchen Fällen darf ein Rentner pro Monat maximal 450 Euro dazu verdienen“, sagt Rechtsanwalt Wagner.
Überschreitet jemand die Hinzuverdienstgrenze von 450 Euro, erhält er keine Vollrente mehr, sondern, je nachdem wie viel er verdient, eine Teilrente von zwei Dritteln, der Hälfte oder einem Drittel der Vollrente. Wo die Hinzuverdienstgrenzen für die Teilrenten liegen, ist individuell ausgestaltet und hängt vom Verdienst vor Rentenbeginn ab. Wer sehr viel verdient und die höchste Hinzuverdienstgrenze überschreitet, verliert den Rentenanspruch.
Als Hinzuverdienst wertet die Deutsche Rentenversicherung Arbeitsentgelt aus abhängiger Beschäftigung, Arbeitseinkommen aus selbständiger Tätigkeit und vergleichbares Einkommen, etwa Vorruhestandsgeld.
Rente mit 63 und Altersteilzeit
Probleme mit der Rente mit 63 können bei einer vereinbarten Altersteilzeit entstehen, wenn sie vertraglich über das 63. Lebensjahr hinaus vereinbart wurde. Ob Arbeitnehmer die Altersteilzeit vorzeitig beenden können, um abschlagsfrei in den Ruhestand gehen zu können, hängt davon ab, was im Tarif- oder Arbeitsvertrag steht. Manche Arbeitgeber lassen sich vielleicht darauf ein, den Beschäftigten früher aus dem Arbeitsvertrag zu entlassen, einen rechtlichen Anspruch darauf hat man aber nicht.
Rente mit 63: Voraussetzungen prüfen
Versicherte sollten in jedem Fall frühzeitig prüfen, ob sie die Bedingungen für die Rente mit 63 erfüllen. Das ist wichtig, denn wenn jemand schon einen Rentenbescheid für eine andere Rente vielleicht mit Abschlägen erhält, ist ein Wechsel zurück in die Rente mit 63 nicht mehr möglich.
Arbeitnehmer, die sich nicht sicher sind, ob sie die Bedingungen für die Rente mit 63 erfüllen, sollten sich von einem Fachanwalt für Sozialrecht beraten lassen. Dieser kann sagen, ob die Voraussetzungen erfüllt sind und kann im Falle des Falles ein sogenanntes Kontenklärungsverfahren durchführen. Denn manchmal fehlen für die Rente mit 63 einige Monate, die etwa durch nicht gemeldete Pflegezeiten, Minijobs oder Krankengeld aufgefüllt werden können. Damit kann der Arbeitnehmer dann ohne Abschläge in den verdienten Ruhestand mit 63 Jahren gehen.
Rente mit 63: Arbeitsverhältnis kündigen
Wer die Voraussetzungen für die Rente mit 63 erfüllt, sollte nicht vergessen, bei der Firma, in der er arbeitet, zu kündigen oder einen Aufhebungsvertrag zu schließen. Denn das Arbeitsverhältnis endet bei der Rente mit 63 nicht automatisch.
- Datum
- Aktualisiert am
- 26.04.2017
- Autor
- ime