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Unwirksame Kündigung nach zehn Abmahnungen

(red/dpa). Bevor der Arbeitgeber einem Mitarbeiter kündigen darf, muss er in den meisten Fällen zuvor eine Abmahnung als ‚Warnschuss’ aussprechen. Aber auch ein Zuviel an Abmahnungen kann eine Kündigung verhindern.

Der Mann arbeitete in einem Lebens­mit­telmarkt als Filial­leiter. Nach zehn Abmahnungen innerhalb von acht Monaten kündigte ihm der Arbeitgeber. Bei einer vorher­ge­henden Kontrolle hatte der Kontrolleur festge­stellt, dass erneut verdorbenes Obst und Gemüse zum Verkauf angeboten worden war und der Warenaufbau mangelhaft war.

Zehn Abmahnungen – Warnfunktion abgeschwächt

Die Richter der ersten Instanz gaben der Kündigungs­schutzklage des Mannes statt: Aufgrund der hohen Zahl der Abmahnungen wegen immer gleich­artiger Pflicht­ver­let­zungen sei deren Warnfunktion abgeschwächt gewesen. Der Arbeitgeber hätte daher die letzte Abmahnung vor der Kündigung besonders eindringlich gestalten müssen, um dem Mitarbeiter klar zu machen, dass eine weitere Pflicht­ver­letzung zur Kündigung führen würde.

Der Arbeitgeber legte Berufung ein. Er wies unter anderem darauf hin, dass der Verkaufs­leiter bei Übergabe der beiden letzten Abmahnungen betont habe, dass dies die letzten Abmahnungen seien. Sollte es erneute zu Qualitäts­mängeln kommen, würde der Supermarkt dem Filial­leiter kündigen.

Auch bestritt der Arbeitgeber, er hätte dem Mitarbeiter statt einer Beendi­gungs­kün­digung nur eine Änderungs­kün­digung aussprechen müssen. Zwar habe man ihm im Rahmen eines Vergleichs­vor­schlags das Angebot gemacht, ihn zukünftig als ‚Verkäufer/Kassierer’ zu beschäftigen. Dieser Vorschlag habe sich jedoch nur auf den Fall bezogen, dass man den bestehenden Rechts­streit einver­nehmlich beilege.

Kündigung sozial nicht gerecht­fertigt

Die Richter des Landes­ar­beits­ge­richtes Rheinland-Pfalz kamen zu dem Ergebnis, die Kündigung sei sozial ungerecht­fertigt und damit nicht wirksam. Sie sei unverhält­nismäßig gewesen, weil die Möglichkeit bestanden hätte, den Mitarbeiter auf einem anderen Arbeitsplatz zu geänderten Arbeits­be­din­gungen weiter­zu­be­schäftigen. Eine solche Weiter­be­schäf­ti­gungs­mög­lichkeit müsse der Arbeitgeber dem Mitarbeiter anbieten. Vor diesem Hintergrund könne auch offen bleiben, ob der Arbeitgeber bei Übergabe der Abmahnung tatsächlich darauf hingewiesen habe, dass bei der nächsten gleich­artigen Pflicht­ver­letzung die Kündigung folge.

Kein Weiter­be­schäf­ti­gungs­an­spruch wegen zweiter Kündigung

Der Antrag des Mannes auf Weiter­be­schäf­tigung sei aufgrund der zweiten Kündigung, die der Arbeitgeber ausgesprochen habe, dennoch unbegründet, schloss das Gericht. Zwar habe ein Arbeit­nehmer einen vorläufigen Weiter­be­schäf­ti­gungs­an­spruch, wenn die Richter in einem Instanz­urteil  entschieden, dass die Kündigung unwirksam sei. Dieser Anspruch erlösche aber dann, wenn der Arbeitgeber – wie hier – eine zweite Kündigung ausspreche. Durch diese entstehe eine zusätzliche Ungewissheit darüber, ob das Arbeits­ver­hältnis weiter bestehe. Das gelte, solange über die Kündigungs­schutzklage gegen diese zweite Kündigung noch nicht entschieden sei.

Landes­ar­beits­gericht Rheinland-Pfalz vom 15. Oktober 2014 (AZ: 4 Sa 335/13)

Rechts­gebiete
Arbeitsrecht

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