Heftigen Streit mit Vorgesetzen sollte man vermeiden. Allerdings: Nicht jede unüberlegte Reaktion führt zur fristlosen Kündigung. Hat der Arbeitgeber einen Anteil an der Eskalation des Streits, liegt etwa im Verlassen des Arbeitsplatzes kein Kündigungsgrund. So sah es das Arbeitsgericht Berlin und analysierte sehr genau, welche Aufgabe ein Arbeitgeber bei einem Konflikt hat.
Streit ums Pausenbrötchen
Eine Floristin arbeitete als Angestellte bei der Betreiberin mehrerer Blumengeschäfte. Bei 40 Wochenstunden verdient sie 1.360 Euro. Eine Pausenregelung gab es nicht.
Laut Arbeitsvertrag durfte auch der Mann ihrer Chefin die Floristin Anweisungen erteilen. Als dieser sie dabei antraf, wie sie im hinteren Raum des Blumengeschäftes ein Brötchen aß, kam es zum Streit. Da die Floristin alleine im Geschäft war, sollte sie wieder nach vorne gehen. Den Streit schilderten die Parteien unterschiedlich. Die Floristin meinte, der Mann habe sie angeschrien. Sie habe auf ihrem Recht auf eine Pause bestanden und gesagt, das Geschrei müsse sie sich nicht bieten lassen. Daraufhin habe er ihr mit fristloser Kündigung gedroht. Der Mann erklärte dagegen, die Frau habe den Laden verlassen wollen, wenn sie ihr Brötchen nicht essen dürfte. Sie habe ihre Schürze wütend auf den Verkaufstresen geschmissen. Daraufhin habe der Mann ihr gesagt, dass er ihr fristlos kündigen würde, wenn sie jetzt ginge. Das sei ihr egal, habe sie entgegnet. Noch vor Ort schrieb er die fristlose Kündigung und gab sie der Mitarbeiterin.
Keine „beharrliche“ Arbeitsverweigerung im Streit
Das Gericht fand die fristlose Kündigung auf Grundlage beider Streit-Versionen nicht rechtens. „Dem Betrachter könne Angst und Bange bei der Aussicht werden, in einer solchen Gemengelage hochgradig gefühlsgeprägter Erlebnisschilderungen etwa nach ‚Wahrheit’ suchen zu sollen“, stellte das Gericht fast ratlos fest. Aber nur fast. Denn selbst nach der Schilderung des Mannes der Chefin war die fristlose Kündigung nicht gerechtfertigt: Im Zuge einer „dialogischen Konfrontation“ habe der Arbeitgeber die Pflicht, den Konflikt nicht eskalieren zu lassen. Nach der Schilderung des Mannes der Arbeitgeberin habe die „wutentbrannte“ Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch keine Möglichkeit der besonnenen Entscheidung gehabt. Der Arbeitgeber hätte sie „in Ruhe lassen“ müssen und nicht den Streit weiter verschärfen dürfen. Dafür dass dies nicht geschehen sei, spreche schon die Ausstellung der fristlosen Kündigung. In dieser Situation den Arbeitsplatz zu verlassen – ob auf Aufforderung oder nicht –, sei keine „beharrliche Arbeitsverweigerung“. Nur eine solche rechtfertige aber eine fristlose Kündigung.
Fazit
Der Kündigungsgrund der „beharrlichen Arbeitsverweigerung“ kann also nicht allein in einer Kurzschlussreaktion und im Weggang vom Arbeitsplatz gesehen werden.
Arbeitsgericht Berlin am 25. Mai 2012 (AZ: 28 Ca 4449/12)
- Datum
- Aktualisiert am
- 05.06.2014