Wer die Leichen oder Urnen der Eltern umbetten lässt, ohne das alleinige Totenfürsorgerecht zu besitzen, stört die Totenruhe. Die Geschwister haben in diesem Fall Anspruch auf Schmerzensgeld. Das Totenfürsorgerecht folgt auch nicht aus dem Umstand, dass man das Grabnutzungsrecht hat. Die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Landgerichts Ulm.
Die zerstrittenen vier Schwestern
Vier Schwestern stritten sich nach dem Tod der Eltern, auf welchem Friedhof deren Urnen bestattet werden sollten. Die Mutter war zuerst gestorben, und der Vater hatte ihre Urne am gemeinsamen Wohnort beisetzen lassen. Die Schwestern waren so zerstritten, dass sie sich auch über die Grabpflege nicht einigen konnten. So konnte es passieren, dass eine Schwester den Blumenschmuck der anderen vom Elterngrab entfernte. Nach dem Tod des Vaters wurde dessen Urne neben der seiner Frau beigesetzt. Zwei Schwestern hatte der Vater eine transmortale Vollmacht zur Gesundheitsfürsorge, Betreuung und zu weiteren Rechtsbereichen erteilt. Eine Schwester beantragte, das Grab der Eltern auf sie als Grabnutzungsberechtigte umzuschreiben. Weiter veranlasste sie die Umbettung beider Urnen auf einen Friedhof in ihrem 24 Kilometer entfernten Wohnort. Die anderen Schwestern verklagten diese, die Eltern wieder zurückzubetten und ihnen Schmerzensgeld zu zahlen. Die beklagte Schwester war der Meinung, die Eltern hätten es so gewollt. Außerdem erleichtere dies auch die Grabpflege.
Rückbettung und Schmerzensgeld
Das alleinige Totenfürsorgerecht leite sich nicht aus dem Grabnutzungsrecht für das ursprüngliche Elterngrab ab, so das Gericht. Aus dem Grabnutzungsrecht ergebe sich nicht einmal ein Umgangsrecht mit der Leiche.
Darüber hinaus sei nicht bewiesen, dass die Eltern eine Umbettung gewollt hätten. Daher hätten die Schwestern nicht einmal gemeinschaftlich eine Umbettung veranlassen dürfen. Der Willen der Verstorbenen – auch der vorverstorbenen Mutter – wiege mehr als der Willen der Kinder. Die Totenruhe müsse möglichst ungestört bleiben, „gleich ob es sich um eine Urne oder eine bestattete Leiche handelt“. Die beklagte Frau müsse die Rückbettung vornehmen lassen und den Schwestern je 500 Euro Schmerzensgeld zahlen. Ihre Schwestern hätten die Störung der Totenruhe und den Verlust des Ortes ihrer Trauer um die Eltern nicht verhindern und ihr Totenfürsorgerecht nicht mehr wahrnehmen können.
Es sei auch zumutbar, die Grabpflege 24 Kilometer entfernt vorzunehmen.
Der Tipp der DAV-Erbrechtsanwälte:
Dieser Streit hätte verhindert werden können, wenn der Erblasser zusätzlich zu seiner Vorsorgevollmacht einen Grundvertrag errichtet und darin den Ort der letzten Ruhe genannt hätte.
Landgericht Ulm am 20. Januar 2012 (AZ: 2 O 356/11)
Quelle: www.dav-erbrecht.de
- Datum
- Aktualisiert am
- 20.12.2013