Dabei reicht es aus, wenn man erst nach dem pathologischen Befund die Reise storniert. Allein wegen der Untersuchung bei Verdacht einer möglichen schweren Erkrankung muss man die Reise noch nicht stornieren. Das Amtsgericht Lahr gab einer Frau Recht, die erst nach dem Befund „Brustkrebs“ die Reise storniert hatte.
Verletzung der Obliegenheit bei Reiserücktritt?
Nachdem Ende des Jahres 2011 in der linken Brust der Frau ein Knoten entdeckt worden war, diagnostizierten die Ärzte eine gutartige Zyste. Mitte Mai 2012 ging die Patientin wegen ihrer Schmerzen erneut zum Arzt. Dieser stellte wiederum einen Knoten fest, der am 21. Mai entfernt wurde. Acht Tage später erhielt die Patientin die Diagnose „Brustkrebs“. Sofort stornierte sie die Reise.
Die Stornierungsgebühr betrug 75 Prozent, rund 2.600 Euro. Hätte die Frau die Reise zwischen dem 21. und dem 27. Mai, also bis zum zehnten Tag vor Reiseantritt storniert, hätten die Stornokosten lediglich 55 Prozent des Reisepreises, also rund 1.900 Euro betragen. Die Reiserücktrittsversicherung zahlte auch nur diesen Betrag. Sie meinte, die Frau wäre verpflichtet gewesen, unverzüglich nachdem sie ins Krankenhaus gekommen war, die Reise zu stornieren.
Die Frau klagte und forderte von der Versicherung den gesamten Betrag der Stornierungskosten.
Reiserücktrittsversicherung muss Stornokosten komplett bezahlen
Das Gericht gab der Frau Recht. Wer eine Reise stornieren wolle, müsse dies unverzüglich tun, sobald der Rücktrittsgrund feststehe. Damit sollten die Stornokosten möglichst niedrig gehalten werden. Eine Verletzung dieser Obliegenheitspflicht liege hier jedoch nicht vor.
Zwar sei die Erkrankung an Brustkrebs eine „unerwartet schwere Erkrankung“, jedoch habe der Befund erst am 29. Mai vorgelegen. Bis dahin habe es keine eindeutigen Erkenntnisse über die Beschwerden gegeben. Es sei auch von einer möglichen Zyste die Rede gewesen.
Krankenhausaufenthalt nicht unbedingt Rücktrittsgrund
Auch der Aufenthalt im Krankenhaus, um den Knoten entfernen zu lassen, sei kein Grund für den Rücktritt von der Reise. Es sei bei dem Krankenhausaufenthalt lediglich darum gegangen, die Ursache für die Schmerzen herauszufinden und festzustellen, ob der Knoten gutartig oder bösartig ist.
Erst mit dem Befund vom 29. Mai habe objektiv festgestanden, dass es sich bei den Beschwerden der Frau um eine „unerwartete und schwere Erkrankung handelt, die den Reiseantritt nicht zuließ“, erläutert das Gericht. Die Versicherung musste also die kompletten Stornierungskosten übernehmen.
Amtsgericht Lahr am 25. Januar 2013 (AZ: 5 C 268/12)
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