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Mit Stoffturn­schuhen im Restaurant arbeiten

(red/dpa). Dass Lohn auch im Krankheitsfall weiter gezahlt wird, ist nahezu selbst­ver­ständlich – und auf jeden Fall eine große Errungen­schaft. Allerdings gibt es auch Grenzen. Wer sich willentlich selbst verletzt, kann nicht unbedingt auf eine Lohnwei­ter­zahlung hoffen. Aber in welchem Fall gilt das?

Nicht für jemanden, der in einem Restaurant arbeitet und auf glatten Sohlen ausrutscht, entschied das Landes­ar­beits­gericht Köln. Er erhält bei Arbeits­un­fä­higkeit seinen Lohn weiter. Selbst wenn der Arbeitgeber auf die „rutschigen Schuhe“ hingewiesen hat, ist die Arbeits­un­fä­higkeit nicht selbst­ver­schuldet. 

Stoffturn­schuhe im Restaurant

Die Mitarbeiterin in einem Restaurant rutschte während der Arbeit aus und verletzte sich. Fast einen Monat war sie krankge­schrieben. Der Chef war der Ansicht, er müsse den Lohn während der Krankheit nicht selbst tragen. Am Tag vor dem Unfall habe man die Mitarbeiterin zweimal auf ihre falschen Schuhe – Stoffturn­schuhe – mit zu glatten Sohlen hingewiesen. Da sie dem Hinweis aber nicht nachge­kommen sei, habe sie ihre Arbeits­un­fä­higkeit selbst zu verant­worten. 

Enge Grenzen bei Nichtzahlung des Lohns im Krankheitsfall

Das sah das Gericht anders: Zwar müsse der Arbeitgeber den Lohn nicht zahlen, wenn die Arbeits­un­fä­higkeit in besonders grober Weise selbst herbei­geführt worden sei. An die Voraus­set­zungen seien aber strenge Anforde­rungen zu stellen. Ein solcher Fall liege beispielsweise vor, wenn sich jemand willentlich selbst verletze. Davon könne hier jedoch keine Rede sein. Völlig ungeeignet bei einer Arbeit in einem Restaurant wären hochhackige Schuhe oder ähnliches Schuhwerk. Bei den Stoffturn­schuhen dagegen „handelt es sich nicht etwa per se um ein ungewöhn­liches und schon auf den ersten Blick ungeeignetes Schuhwerk“, so das Gericht. Ihm ist sogar klar: „Vielmehr handelt es sich bei solchen Stoffturn­schuhen um ein insbesondere in der jüngeren Generation sehr weit verbreitetes Schuhma­terial, das gerade im Alltag massenhaft getragen wird“.

Alltags­schuhe führen nicht zur selbst­ver­schuldeten Arbeits­un­fä­higkeit

Im Verhalten des Arbeit­gebers erkannte das Gericht auch einen Widerspruch: Das Sicher­heits­risiko müsse auch er als nicht besonders hoch angesehen haben. Ansonsten hätte er die Mitarbeiterin am Vortag aufgefordert, sofort die Schuhe zu wechseln und hätte sie nicht noch fünf Stunden weiter­ar­beiten lassen. 

Landes­ar­beits­gericht Köln am 19. April 2013 (AZ: 7 Sa 1204/11)

Rechts­gebiete
Arbeitsrecht

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