Der Polier eines Tiefbauunternehmen wurde auch auf auswärtigen Baustelle eingesetzt. Für einen dieser Einsätze war er zusammen mit drei weiteren Mitarbeitern des Unternehmens für die Zeit vom 15. bis 18. April 2013 in einer Ferienwohnung untergebracht. Am 17. April 2013 fuhr der Mann jedoch kurzfristig abends nach Hause und kehrte am nächsten Morgen zurück auf die Arbeitsstelle. In seinem Arbeitszeitwochenbericht war für das betreffende Datum das Feld "Übernachtung" mit "ja" angekreuzt. In der Rechnung der Ferienwohnung war die Übernachtung nicht aufgeführt.
24 Euro zuviel – Spesenbetrug?
Das Unternehmen zahlte dem Polier für den April 2013 eine Auslösung in Höhe von 240 Euro auf der Grundlage eines vom Arbeitgeber ausgefüllten Stundenzettel für den betreffenden Monat. Hier waren in der Rubrik "Übernachtung" 24 Euro für den 17. April und 12 Euro für den 18. April eingetragen. Der Mitarbeiter erhielt die Spesen für den auswärtigen Einsatz also in einer Höhe, als hätte er alle drei Nächte in der Ferienwohnung verbracht. Als sein Arbeitgeber erfuhr, dass der Mitarbeiter eine Nacht zuhause verbracht hatte, kündigte er ihm wegen Spesenbetrugs. Der Polier habe 24 Euro zuviel abgerechnet.
Kündigungsschutzklage erfolgreich
Der Mann klagte mit Erfolg gegen die Kündigung. Er habe an dem betreffenden Tag einen Anruf seiner Ehefrau erhalten mit der Bitte, kurzfristig nach Hause zu kommen, um sie und die Tochter zu trösten. Der gemeinsame Hund habe eingeschläfert werden müssen, erklärte er.
Keine Anhaltspunkte für eine vorsätzliche Täuschung
Vor diesem Hintergrund hielten es die Richter in beiden Instanzen für möglich, dass der Mann versehentlich eine falsche Angabe gemacht habe. Der Arbeitgeber habe nicht näher begründet, „warum ein Irrtum oder Versehen des Klägers vor dem Hintergrund dieser Ausnahmesituation ausgeschlossen sein solle“. Es fehle an jeglichem ernsthaften Anhaltspunkt für ein täuschendes oder verheimlichendes Verhalten. Reiche der Mitarbeiter seine Spesenabrechnung so ein, wie die Übernachtungen ursprünglich geplant gewesen seien, sei zwar eine „vorsätzliche rechtswidrige Bereicherungsabsicht“ nicht auszuschließen, doch angesichts der besonderen familiären Umstände sehr unwahrscheinlich.
Der Vorwurf des Spesenbetruges komme also nicht in Betracht. Deswegen sei auch die hilfsweise ordentliche Kündigung unwirksam: Es gebe keinen verhaltensbedingten Kündigungsgrund. Ein fahrlässiges Verhalten des Mitarbeiters hätte der Arbeitgeber zunächst mit einer Abmahnung ahnden müssen und nicht direkt mit einer Kündigung. Daher sei auch die ordentliche Kündigung, die der Arbeitgeber hilfsweise ausgesprochen habe, unverhältnismäßig und damit unwirksam.
Gericht: Spesenbetrug rechtfertigt fristlose Kündigung
Die Richter wiesen aber auch darauf hin, dass ein erwiesener Spesenbetrug einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung darstelle: „Ein Arbeitnehmer, der bei Spesenabrechnungen bewusst falsche Angaben macht oder deren Unrichtigkeit zumindest für möglich hält und billigend in Kauf nimmt, verletzt in erheblicher Weise seine vertraglichen Pflichten.“ Ein Spesenbetrug könne selbst dann als Grund zur fristlosen Kündigung ausreichen, wenn es sich um einen einmaligen Vorfall und um einen geringen Betrag handele, so die Richter weiter. Spreche ein Arbeitgeber eine Kündigung wegen Spesenbetrugs aus, müsse er allerdings auch die Umstände, die den ‚wichtigen Grund’ darstellten, beweisen können.
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 3. Juli 2014 (AZ: 2 Sa 556/13)
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