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Hartz-IV: Fahrtkosten für Facharzt­besuch ersetzbar

(dpa/red). Hartz IV-Empfänger erhalten einen Regelsatz. Mehrbedarf kann aber in bestimmten Fällen geltend gemacht werden. Zu prüfen ist dann immer, ob die Voraus­set­zungen dafür vorliegen. Vor dem Sozial­gericht in Mainz ging es darum, ob auch Fahrtkosten zu einem entfernter gelegenen Facharzt einen solchen Mehrbedarf darstellen.

Unter gewissen Voraus­set­zungen tun sie das. Vor allem, wenn man auf einen Spezia­listen angewiesen ist. Darauf wies das Sozial­gericht Mainz in einem Verfahren hin, wie die Arbeits­ge­mein­schaft Sozialrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) berichtet. Daraufhin erkannte das Jobcenter diesen Bedarf am 11. Oktober 2013 an, so dass es nicht mehr der gericht­lichen Entscheidung bedurfte.

Von Mainz nach Frankfurt

Der spätere Kläger war in seinem Heimatland verfolgt und gefoltert worden. Als er Klage erhob, lebte er in Mainz. Der Mann litt an einer schweren Trauma­störung und befand sich in regelmäßiger fachärzt­licher Behandlung in Frankfurt. Dorthin fuhr er mit öffent­lichen Verkehrs­mitteln. Die erhöhten Fahrtkosten von jeweils 9,35 Euro wollte er als "Sonder­leistung" ersetzt bekommen. Das Jobcenter lehnte dies ab. Der Mann könne zu einem Facharzt am Wohnort wechseln. Darüber hinaus seien Fahrtkosten bereits abschließend durch die pauschal gewährte Regelleistung abgedeckt. Er müsse die Kosten hierfür aus den Regelleis­tungen ansparen. 

Außerge­wöhnliche Situationen begründen einen Anspruch

Das Sozial­gericht wies in der mündlichen Verhandlung das Job-Center jedoch unter anderem darauf hin, dass Fahrtkosten zwar grundsätzlich in der Regelleistung als Bedarf enthalten sind, dies jedoch nur in durchschnitt­licher Höhe. Mittlerweile erkenne das Gesetz durchaus an, dass es außerge­wöhnliche Lebens­si­tua­tionen gebe, in denen nicht nur einmalig, sondern laufend ein besonderer Bedarf entstehe. In diesem Fall müsse das Jobcenter zusätzliche Leistungen gewähren. Zu Gunsten des Mannes sei insbesondere zu berück­sichtigen, dass er aus medizi­nischen Gründen weiter regelmäßig seine Ärzte in Frankfurt aufsuchen müsse. Aufgrund der Art seiner Krankheit falle es ihm sehr schwer, Vertrauen zu neuen Ärzten aufzubauen. Seine Ärzte seien zudem Spezia­listen für die Therapie von Folter­opfern. Diese Besonder­heiten verursachten dem Mann laufend überdurch­schnittlich hohe Fahrtkosten. Aufgrund des Hinweises des Sozial­ge­richts erklärte sich das Jobcenter im Wege eines gericht­lichen Vergleichs zur Übernahme der Fahrtkosten bereit. 

Vergleich vor dem Sozial­gericht Mainz (AZ: S 15 AS 1324/10), mitgeteilt am 12. November 2013

Quelle: www.dav-sozialrecht.de

Rechts­gebiete
Sozial­hil­ferecht Sozialrecht

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