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Fußgän­gerzone: Schritt­ge­schwin­digkeit für elektrische Rollstühle

(dpa/red). In Fußgän­gerzonen herrscht oft Gedränge. Menschen kommen sich da schon mal in die Quere. Wer haftet, wenn ein Fußgänger über einen Rollstuhl­fahrer fällt? Und wie schnell darf ein elektrischer Rollstuhl eigentlich fahren?

Auf diese Fragen hat das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main Antworten geliefert: Elektrische Rollstühle müssen in Fußgän­gerzonen Schritt­ge­schwin­digkeit fahren, also 4 bis 7 km/h. Stürzt ein Fußgänger bei einem Zusammenstoß, muss der Rollstuhl­fahrer nur haften, wenn feststeht, dass er den Unfall verursacht hat. Eine Haftung wegen einer sogenannten Betriebs­gefahr kommt nicht in Betracht. Diese gebe nur bei Fahrzeugen, die über 20 km/h fahren können, erläutert die Arbeits­ge­mein­schaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV).

Sturz über motori­sierten Rollstuhl

Ein pensio­nierter Beamter stürzte in einer Fußgän­gerzone über einen elektrischen Rollstuhl. Er erlitt mehrere Verlet­zungen an der Schulter. Die Behandlung kostete das Land rund 12.000 Euro. Nach dem Willen des Landes sollte der Rollstuhl­fahrer diese übernehmen. Er habe den Unfall verursacht. Er sei mit dem Rollstuhl zu dicht an den Fußgänger herange­fahren. Zeugen hätten bestätigt, dass der Rollstuhl­fahrer den Mann „über den Haufen“ gefahren habe und er auch zu schnell unterwegs gewesen sei. 

Rollstuhl­fahrer wohl nicht Schuld

Das Land scheiterte in zwei Instanzen. Die Gerichte konnten kein Verschulden des Rollstuhl­fahrers feststellen. Dieses hätte das Land nachweisen müssen. Es müsse zwar keine absolute Gewissheit bestehen, aber ein brauchbarer Grad an Gewissheit. Die Zeugen hätten das Geschehen erst während des Sturzes bemerkt und hätten keine Angaben über die Situation zuvor machen können. Damit sei es auch denkbar, dass der Fußgänger an der Fußraste des Rollstuhls hängen geblieben und deshalb gestürzt sei. Dafür spreche, dass er beim Sturz keine Schutz­reflexe gezeigt habe. 

Keine Betriebs­gefahr durch elektrischen Rollstuhl

Auch könne der Rollstuhl nur 6 km/h fahren und somit nicht mehr als die gebotene Schritt­ge­schwin­digkeit. Damit scheide eine überhöhte Geschwin­digkeit aus. Da die Spitzen­ge­schwin­digkeit deutlich unter 20 km/h liege, scheide auch eine Haftung wegen Betriebs­gefahr aus.

Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main am 2. Mai 2014 (AZ: 11 U 88/13)

Quelle: www.verkehrsrecht.de

Rechts­gebiete
Verkehrsrecht Verkehrs­ver­wal­tungsrecht

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