Anwältin/Anwalt suchen!

Merkzettel

Es befinden sich noch keine Anwälte in Ihrer Merkliste.

Tipps&Urteile

Ein idealer Kandidat

(red/dpa). Erhält von zwei Bewerbern um eine Stelle der jüngere den Job, kann der Verdacht von Alters­dis­kri­mi­nierung entstehen. Allein aus der Tatsache des Alters­un­ter­schiedes lässt sich jedoch noch nicht auf Diskri­mi­nierung schließen, entschied das Landes­ar­beits­gericht Schleswig-Holstein.

Der erfundene Mitbewerber

Der 50-jährige Mann bewarb sich auf eine Stellen­aus­schreibung, in der Service­techniker bzw. Service­in­ge­nieure im Innendienst gesucht wurden. Er verfügte über die nach der Ausschreibung notwendigen Kenntnisse. Einige der geforderten Praxis­er­fah­rungen lagen aber bereits mehrere Jahre zurück. Außerdem schickte der Mann zusätzlich die Testbe­werbung einer von ihm erfundenen, 18 Jahre jüngeren Person ab, die auch über die nach der Ausschreibung notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen verfügte. Dafür hatte er sich einen in Teilen ähnlichen Lebenslauf ausgedacht, Briefkopfbögen von Schulen und teils existie­renden, teils erfundenen Firmen genutzt, Zeugnisse erstellt sowie ein altes Foto von sich verwendet. Die gewünschten Praxis­er­fah­rungen dieser Testperson waren wesentlich aktueller und teilweise auch spezieller als seine eigenen.

Das Unternehmen lud den fiktiven Bewerber umgehend zum Vorstel­lungs­ge­spräch ein – und erhielt eine Absage. Dem „echten“ Bewerber wiederum schickte das Unternehmen einige Zeit später eine allgemeine Absage.

Der Mann klagte auf Zahlung einer Entschä­digung von mindestens 10.500 Euro wegen Alters­dis­kri­mi­nierung.

Keine Anhalts­punkte für Alters­dis­kri­mi­nierung

Ohne Erfolg. In zweiter Instanz wies das Gericht die Klage ab. Die Richter sahen keine Anhalts­punkte, dass der Bewerber wegen seines Alters abgelehnt worden sei. Nur die Tatsache, das ein Alters­un­ter­schied bestehe, reiche nicht aus. Notwendig sei eine größtmögliche Vergleich­barkeit der Personen, der Bewerbungs­si­tuation und das Fehlen anderer Aspekte. Im vorlie­genden Fall habe der Arbeitgeber vielmehr seine Entscheidung auf die aktuelleren Erfahrungen des fiktiven Bewerbers im Bereich der elektro­nischen Entwicklung und den von ihm viele Jahre durchge­führten Kunden­support gestützt.

Testver­fahren mit fiktiven Bewerbern zulässig

Inszenierte Testver­fahren zur Klärung von Diskri­mi­nie­rungs­fällen seien zwar zulässig, müssten aber einen Auslöser haben, die Strafgesetze beachten und dürften nicht rechts­miss­bräuchlich sein. Die Richter zweifelten, ob all das beachtet wurde, doch sei dies letztendlich nicht mehr entscheidend. Ließen konkrete Tatsachen, die im Arbeitsleben üblicherweise von Bedeutung seien, dem Arbeitgeber Raum für eine andere Entscheidung, bestehe keine Vermutung für eine Alters­dis­kri­mi­nierung. Das sei hier der Fall.

Landes­ar­beits­gericht Schleswig-Holstein am 09. April 2014 (AZ:  3 Sa 401/13)

Rechts­gebiete
Arbeitsrecht

Zurück