Ein Erblasser kann z. B. seinen Ehegatten zum sogenannten Vorerben und eines seiner Kinder als sogenannten Nacherben einsetzen. Beide sind Erben des Erblassers; nur eben zeitlich nacheinander, nicht nebeneinander. Der erste Erbe darf während der Zeit seiner Erbschaft nicht alles mit dem Nachlass des Erblassers machen. So kann er etwa ohne eine besondere Zustimmung des zeitlich nachfolgenden Erben nicht über die Grundstücke des Erblassers verfügen. Die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet über eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm.
Der Fall
Der Verstorbene hatte 1985 vor einem Notar ein Testament errichtet. In diesem setzte er seine Ehefrau zur Alleinerbin und ein bestimmtes seiner Kinder als Nacherben ein. Die Ehefrau sollte aber zudem berechtigt sein, in ihrem eigenen Testament jemand anderen als das vom Vater bedachte Kind als nachfolgenden Erben über seinen Nachlass zu bestimmen. Einzige Bedingung: Es müsste vom Vater ein Kind oder ein Nachkomme dessen sein.
Der Vater hinterließ der Ehefrau mehrere Grundstücke. In der Folgezeit verkaufte sie diese Grundstücke weiter. Das im Testament vom Erblasser als nachfolgenden Erben eingesetzte Kind stimmte dem ausdrücklich zu und so wurde beim Grundbuchamt die Eigentumsumschreibung auf die Käufer beantragt. Das Grundbuchamt lehnte die Umschreibung jedoch ab, weil noch unbekannte Erben der jetzigen Veräußerung zustimmen müssten. Der Meinung des Grundbuchamtes ist das OLG Hamm entgegen getreten:
Wer muss alles zustimmen?
Im hier vorliegenden Fall war zu klären, ob die (erfolgte) Zustimmung des vom Erblasser bedachten Kindes genügt. Das Grundbuchamt war der Ansicht gewesen, weil die Ehefrau noch selbständig jemand anderen als nachfolgenden Erben bestimmen könnte, dass im Grunde alle in Betracht kommenden unbekannten Ersatzerben zustimmen müssten. Dieses wären nicht nur die geborenen Kinder des Erblassers sondern auch die noch eventuell nicht geborenen Nachkommen derer. Für eben jene müsste ein Pfleger bestellt werden, der ebenfalls die Zustimmung zum Verkauf der Grundstücke hätte erteilen müssen.
Dieses Problem löste das Oberlandesgericht anders: Nach dem Gesetz ist es nicht möglich, es seinem ersten Erben zu überlassen, einen anderen nachfolgenden Erben einzusetzen. Der Erblasser kann nämlich nur höchstpersönlich seine Erben bestimmen. Der Sinn dieser Vorschrift besteht darin, dass der Erblasser persönlich die Verantwortung für den Inhalt aller wesentlichen Teile seines letzten Willens übernehmen muss. Die durch den Ehemann der Ehefrau eröffneten Möglichkeit, selber einen nachfolgenden Erben für seinen Nachlass nach ihr zu bestimmen, ist deshalb nach dem OLG Hamm schlicht unwirksam.
Das Testament kann nach dem OLG aber dahingehend umgedeutet werden, dass der vom Erblasser eingesetzte letzte Erbe nur dann bedacht sein soll, wenn der erste Erbe nicht über den Nachlass des Erblassers anders verfügt. Der Erblasser erlaubt also dadurch generell seinem ersten Erben, dafür zu sorgen, dass er alleiniger Erbe des Erblassers ohne einen nachfolgenden Erben bezüglich dessen Nachlass wird. Dies ist von der Rechtsprechung schon lange anerkannt.
Auch eine solche Umdeutung ändert aber nichts daran, dass das vom Erblasser eingesetzte Kind derzeit der einzig in Betracht kommende nachfolgende Erbe ist. Dies gilt so lange, wie die Ehefrau hier noch nicht in einem eigenen Testament jemand anderen als Erben eingesetzt hat. Daher genügt es derzeit zur Umschreibung der Eigentumsverhältnisse an den Grundstücken, wenn alleine das vom Erblasser bedachte Kind der Verfügung der Ehefrau zustimmt, um sie wirksam sein zu lassen.
OLG Hamm am 22. Mai 2014 (AZ: 15 W 102/13)
Quelle: www.dav-erbrecht.de
- Datum
- Aktualisiert am
- 15.10.2014