Wer wiederholt die Business Lounge besucht, ohne tatsächlich fliegen zu wollen, riskiert nicht nur den Flug, sondern auch, Schadensersatz zu zahlen. Das Amtsgericht München begründet dies damit, dass der Kunde sich vertragswidrig verhält.
35 mal in der Businesslounge – mit nur einem Ticket
Der Mann kaufte am 5. März 2011 bei der großen deutschen Fluggesellschaft mit Sitz in Köln ein flexibles One-Way Business Class-Flugticket von München nach Zürich zum Preis von insgesamt 744,46 Euro. Laut der Vertragsbedingungen der Fluggesellschaft kann ein Business Class-Ticket – auch nach bereits erfolgtem Eincheckvorgang für einen bestimmten Flug – kostenlos umgebucht werden.
Der Mann checkte mit diesem Ticket im Zeitraum vom 28. November 2011 bis 9. Dezember 2012 insgesamt 35 Mal ein und ließ sich jeweils eine Bordkarte für den von ihm ausgewählten Flug ausstellen. Er begab sich dann zum Abflugbereich des Flughafens München und besuchte die Businesslounge der Fluggesellschaft. Dies ist ein abgetrennter Wartebereich, den die Fluggesellschaft exklusiv unter anderem ihren Business Class-Kunden zur Verfügung stellt. Dort hat man eine freie Auswahl an Speisen und Getränken. Anschließend ließ der Mann sein Ticket – ohne den Flug anzutreten – umbuchen.
Fluggesellschaft platzt der Kragen
Am 11. Dezember 2012 stornierte die Fluggesellschaft das Flugticket und erstattete dem Münchner den Flugpreis abzüglich der sogenannten Ticket-Service-Charge in Höhe von 35 Euro. Gut zwei Wochen später, am 29. Dezember 2012, kaufte sich der Münchner bei der Fluggesellschaft ein neues Business Class-Flugticket. Er ließ sich für denselben Tag erneut eine Bordkarte für einen Flug ausstellen, besuchte die Lounge und ließ den Flug anschließend wiederum umbuchen. Daraufhin ließ die Fluglinie auch dieses Flugticket stornieren und erstattete den Flugpreis.
Im Juni 2013 forderte die Fluggesellschaft den Nicht-Passagier zur Zahlung von 1.980 Euro auf. Sie war der Ansicht, der Mann habe die Lounge unberechtigt genutzt. Schließlich habe er gar nicht fliegen wollen. Die Lounge werde nur zur Überbrückung von Wartezeiten vor und zwischen den Flügen zur Verfügung gestellt. Für jeden unberechtigten Besuch verlangte die Fluggesellschaft 55 Euro. In der Abfluglounge würden dem Kunden umfassende Leistungen angeboten, unter anderem eine internationale Getränkeauswahl, Frühstücks-, Mittags- und Abendessenbüffets, diverse Zwischenmahlzeiten, Sanitäreinrichtungen wie Duschen sowie Konferenzräume. Hierdurch entstehe ein hoher finanzieller Aufwand. Der Münchener weigerte sich jedoch zu zahlen. Schließlich enthalte das Ticket keinerlei Einschränkungen hinsichtlich der Anzahl der Umbuchungen.
1.980 Euro Schadensersatz
Das Gericht gab der Fluggesellschaft Recht. Es verurteilte den Münchener zur Zahlung von Schadensersatz. Er habe nicht nur die Pflicht, den vereinbarten Flugpreis zu zahlen, er müsse es auch der Fluggesellschaft ermöglichen, ihrerseits die vertraglich geschuldete Leistung zu erbringen, nämlich die Beförderung. Eine Vertragspartei verstoße gegen die allgemeine Treuepflicht, wenn sie die Erfüllung des Vertrages ernsthaft verweigere oder von vornherein die Gegenleistung gar nicht entgegennehmen wolle. Die Fluggesellschaft gestalte die Business Class-Tickets bewusst offen und flexibel. Sie wolle ihren Geschäftskunden auch kurzfristig und auch mehrmals die Möglichkeit der Umplanung zu gewähren. Wenn der Mann meine, diese Serviceleistung bewusst vertragswidrig ausnutzen zu müssen, sei dies ein pflichtwidriges Verhalten.
Bei der Höhe des Schadensersatzanspruchs orientierte sich das Gericht an den „fehlgeschlagenen Aufwendungen“. Das sind solche Investitionen, die der Vertragspartner im Vertrauen auf die Vertragstreue des anderen Partners macht und die sich dann als nutzlos erweisen, da der Vertrag wegen des treuwidrigen Verhaltens des Vertragspartners nicht vollständig durchgeführt werden kann. Das Gericht schätzte den Wert der in der Businesslounge angebotenen Leistungen auf 55 Euro je Besuch.
Amtsgericht München am 27. Februar 2014 (AZ: 213 C 31293/13)
- Datum
- Aktualisiert am
- 23.09.2014