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Behördliche Mietober­grenzen für Hartz-IV-Bezieher können falsch sein

(red/dpa). Bezieher von Arbeits­lo­sengeld II (Hartz-IV) erhalten einen Zuschuss zur Miete oder die Behörde übernimmt die vollständige Zahlung. Bei der Ermittlung der Miete orientieren sich die Behörden an Tabellen. An diese sind allerdings bestimmte Voraus­set­zungen geknüpft, damit sie überhaupt angewendet werden können. Es lohnt sich, diese Miettabellen im Einzelfall zu überprüfen.

Dies hat ein Fall gezeigt, den das Landes­so­zi­al­gericht Nieder­sachsen-Bremen zu entscheiden hatte. So hatte das Gericht ein von der Stadt Göttingen angewendetes Gutachten zur Ermittlung der angemessenen Unterkunfts­kosten für Bezieher von Grundsi­che­rungs­leis­tungen für unzulässig erklärt. Die dort festge­legten Mietober­grenzen waren so niedrig angesetzt, dass das Gutachten nicht als Grundlage für die Leistungs­ge­währung dienen kann. Die Betroffenen konnten daher eine Nachzahlung zur Miete verlangen, erläutert die Arbeits­ge­mein­schaft Sozialrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV).

Kürzung des Mietzu­schusses durch die Gemeinde

In dem Fall wohnt eine dreiköpfige Familie in einer 68 qm großen Wohnung in Göttingen. Dafür zahlt sie monatlich 520 EUR Miete einschließlich der Nebenkosten. Die Stadt Göttingen hat aber lediglich 470 EUR übernommen. Grundlage dieser Kürzung war ein vom Landkreis Göttingen in Auftrag gegebenes Gutachten. In diesem Gutachten waren durch Befragung ermittelte Bestands­mieten zusammen­ge­rechnet worden. Der jeweilige Wohnungs­standard wurde nicht ermittelt.

Gutachten für Mietober­grenzen falsch - Nachzahlung für Hartz-IV-Bezieher

Das Gericht hat den Grundsi­che­rungs­träger zur Nachzahlung der Differenz zu den tatsäch­lichen Mietkosten in Höhe von 50 EUR monatlich verurteilt. Das Gutachten sei keine verlässliche Grundlage zur Feststellung der Mietober­grenzen. Es enthalte keine nachvoll­ziehbare Definition, was untersucht worden sei. Auch gebe es keine Differen­zierung, um welche Art von Wohnungen es sich handelt. Des Weiteren sei deren Ausstattung, Beschaf­fenheit und Lage nicht berück­sichtigt worden. Die Erfassung des gesamten Wohnungs­marktes setze aber voraus, dass unter anderem nach Wohnungs­standards differenziert werden. Nur dann werde zuverlässig nachvoll­ziehbar, ob eine Wohnung einfachen, mittleren oder gehobenen Standard aufweise. Es reiche also nicht aus, den einfachen Wohnungs­standard des Quadrat­me­ter­preises zu definieren. Der Quadrat­me­terpreis könne je nach Wohnlage einen unterschied­lichen Standard der Wohnung abdecken. Daher müssten die Tabellenwerte des Wohngeld­ge­setzes zu Grunde gelegt werden zuzüglich eines Aufschlages von 10 %. Im konkreten Fall läge dieser Fall noch höher als die tatsächlich bezahlte Miete (568,70 EUR).

Nachzahlung der Miete

Eine Nachbes­serung sei auch nicht möglich. Es fehle die vom Gericht für erforderlich gehaltene Basis. Diese könne rückwirkend auch nicht mehr erhoben werden. Eine belastbare und nachvoll­ziehbare Mietober­grenze könne nur durch eine Neuerhebung auf der Grundlage eines völlig neuen Konzeptes erfolgen. Der Landkreis Göttingen sei verpflichtet, die tatsäch­lichen Mietkosten bis zu den Werten aus der Tabelle des Wohngeld­ge­setzes plus 10 % Sicherungs­zu­schlag zu übernehmen.

Landes­so­zi­al­gericht Nieder­sachsen-Bremen am 29. April 2014 (AZ: L 7 AS 330/13)

Quelle: www.dav-sozialrecht.de

Rechts­gebiete
Sozialrecht

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