Apotheker sind nicht mehr frei in ihrer Medikamentenabgabe. Sie können, auch wenn der Arzt kein Produkt ausdrücklich verschrieben hat, nicht frei wählen. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg Stuttgart hat entschieden, dass bei "produktneutralen Verschreibungen" Apotheker nur die rabattierten Impfstoffe ausgeben dürfen. Dafür haben die gesetzlichen Krankenkassen mit pharmazeutischen Unternehmen Rabattverträge abgeschlossen, wie die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.
Impfstoffe mit Rabatt
Die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) und die Kassenärztliche Vereinigung (KV) hatten sich mit einer Anordnung an alle Apothekerinnen und Apotheker gewandt: Auch bei Rezepten, auf denen kein bestimmter Impfstoff angegeben ist, sondern nur die Impfindikation ("produktneutrale Verschreibungen"), sollten sie lediglich die rabattierten Impfstoffe auswählen. Dagegen wandte sich eine Apothekerin. Hintergrund des Streits war, dass wegen der von allen gesetzlichen Krankenkassen abgeschlossenen Rabattverträge für die Versicherten kein Anspruch auf Versorgung mit anderen, von diesen Verträgen nicht erfassten Impfstoffen besteht. Verordnet der behandelnde Arzt gleichwohl ohne zwingende medizinische Begründung einen anderen Impfstoff, entfällt nicht nur der Vergütungsanspruch des verordnenden Arztes, sondern auch derjenige des Apothekers. Die Apothekerin meinte, sie könne nicht gezwungen werden, bestimmte verschreibungspflichtige Impfstoffe ohne die erforderliche Verschreibung abzugeben.
Erfolg in der ersten Instanz
Vor dem Sozialgericht in Stuttgart bekam die Apothekerin Recht. Das Sozialgericht verbot der AOK die Behauptung, als Inhaberin einer Apotheke sei die Frau verpflichtet, im Fall einer produktneutralen Verschreibung ohne genaue Bezeichnung des Impfstoffs den rabattierten Impfstoff auszuwählen. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung drohte das Sozialgericht der AOK ein Ordnungsgeld in Höhe von 100.000 Euro an.
Landessozialgericht auf Seiten der AOK
Das Landessozialgericht entschied jedoch anders: Diese Anordnung sei rechtmäßig. Der Umsatz der Apothekerin mit den betroffenen Impfstoffen falle im Verhältnis zum Gesamtumsatz nicht derart ins Gewicht, dass eine Existenzgefährdung drohe. Demgegenüber bestehe ein überwiegendes Allgemeininteresse an einer Stärkung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung. Diesem Zweck dienten auch die Impfstoffrabattverträge.
Landessozialgericht Baden-Württemberg am 27. März 2014 (AZ: L 4 KR 3593/13 ER-B)
Quelle: www.dav-sozialrecht.de
- Datum
- Aktualisiert am
- 16.04.2014