
Bei der Wohnungssuche ist oft Schnelligkeit geboten, freie Wohnungen oder WG-Zimmer in guter Lage sind hart umkämpft. Nicht immer klappt es mit der persönlichen Besichtigung. Einen Mietvertrag zu unterschreiben, ohne sich vorher über den Zustand der Wohnung oder die dazu gehörige Einrichtung zu informieren, kann ein Risiko für den Mieter sein, wie ein aktuelles Beispiel zeigt.
Mietmängel: arglistige Täuschung?
Nachdem die Mieterin aus Schleswig-Holstein in die neue Wohnung einzog, fielen Ihr etliche Mietmängel auf, die zuvor von der Vermieterin nicht erwähnt wurden. Weil sie die Mietmängel als „arglistige Täuschung“ geltend machen wollte, klagte die Mieterin auf rückwirkende Mietminderung in Höhe der bereits geleisteten Monatsmiete und Kautionszahlung. Die Vermieterin wiederum klagte auf Zahlung ausstehender Mieten. Das Amtsgericht Lübeck gab der Mieterin in erster Instanz Recht (Az. 24 C 1764/20), woraufhin die Vermieterin in Berufung ging.
Landgericht: Keine Täuschung durch Vermieterin
Das Landgericht Lübeck kippte das Urteil des Amtsgerichts, da der Vermieterin keine Täuschungshandlung nachzuweisen sei. Laut Urteil vom 07. Juli 2022 (Az. 14 S 23/21) wurde das Inserat der Wohnung so bebildert, dass diese im Wesentlichen den aktuellen Gegebenheiten entsprächen. Die Bilder würden lediglich einen ersten Eindruck der Wohnung vermitteln, ohne dabei vorsätzlich Mietmängel zu vertuschen. Eine Täuschung würde voraussetzen, dass „die Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums durch Vorspiegelung falscher - oder Unterdrückung wahrer – Tatsachen“ erfolgte (§263 StGB, §123, BGB).
Mietmängel wären bei Wohnungsbesichtigung erkennbar gewesen
Die nach Einzug aufgefallenen Mängel hätten bei einer Wohnungsbesichtigung vorab erkannt werden können. Da die Mieterin zwei mögliche Besichtigungstermine nicht in Anspruch nahm, die Wohnung also nie von innen sah, sei Ihr vorzuwerfen, kein wirkliches Interesse an dem konkreten Zustand der Wohnung gehabt zu haben. Über Etwas, für das man kein Interesse zeige, könne man nicht getäuscht werden.
Grob fahrlässige Unkenntnis – kein Recht auf Mietminderung
Bei den von der Mieterin aufgezeigten Mängeln handelte es sich weder um falsch angegebene Wohnflächen, Schimmelbefall oder Lärmbelästigung, sondern um „leicht ersichtliche Mängel“, wie die Abnutzung von Möbelstücken. All das hätte die Mieterin vor der Vertragsunterzeichnung begutachten und erkennen können. Weil Sie laut dem Landgericht Lübeck jedoch eine „grob fahrlässige Unkenntnis“ von den Mängeln der Mietsache hatte, stehe Ihr das Recht auf Mietminderung nicht zu (§536 b, BGB).
Rücktritt vom Mietvertrag
Eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses lief ins Leere – doppelt Pech für die Frau, deren Unterschrift auf dem Mietvertrag eine rechtlich bindende Mindestvertragslaufzeit von einem Jahr besiegelte. Für die Mietkosten muss Sie aufkommen.
Sie haben Ärger mit der Mietwohnung oder Ihrer Wohngemeinschaft? Sie sind Vermieter und Anwaltauskunft findet den passenden Rechtsbeistand.
- Datum
- Aktualisiert am
- 01.11.2022
- Autor
- red/dav