
Am Montag hat die Weltgesundheitsorganisation WHO entschieden, dass sie wegen der rasanten Ausbreitung des Zika-Virus in Mittel- und Südamerika den globalen Gesundheitsnotstand ausruft. Der Organisation nach könnten weltweit bis zu vier Millionen Menschen an dem Virus erkranken.
Bislang galt das Zika-Virus als vergleichsweise harmlos, doch seit einiger Zeit steht es im Verdacht, den ungeborenen Kindern infizierter Frauen schwer zu schaden. Das von Mücken übertragene Virus soll bei Embryonen Fehlbildungen des Schädels (Mikrozephalie) verursachen. Allein in Brasilien kamen in den letzten Monaten fast 4.200 Babys mit solchen Fehlbildungen zur Welt, diese können zu geistigen Behinderungen führen. Impfungen oder medizinische Prophylaxen gibt es gegen das Virus aktuell nicht.
Schwangere: Können sie ihre Reise wegen des Zika-Virus kostenlos stornieren?
Wie die Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin, so rät auch das Auswärtige Amt Schwangeren davon ab, in Länder Mittel- und Südamerikas zu reisen. Auf der Website des Amtes heißt es: „Schwangere sollten generell von vermeidbaren Reisen in Zika-Endemie-Gebiete absehen“. Sei eine Reise unvermeidbar, sollten sich Schwangere vor Mückenstichen etwa durch helle Kleidung schützen, wie es in einem Merkblatt für Beschäftigte und Reisende zur Zika-Virus-Infektion heißt.
Medien berichten, dass viele große Reiseveranstalter auf die Situation reagieren. Das Reiseunternehmen Thomas Cook zum Beispiel bietet schwangeren Frauen eine kostenlose Umbuchung an, wenn sie vor dem 30. April nach Mexiko, Barbados, in die Dominikanische Republik oder auf die Kapverdischen Inseln fliegen wollten. Auch das Reiseunternehmen TUI bietet Schwangeren an, ihre geplante Reise kostenlos umzubuchen oder zu stornieren.
Hierbei handelt es sich um Angebote aus Kulanz. Fraglich ist aber, ob schwangere Urlauberinnen in der gegenwärtigen Situation auch einen rechtlichen Anspruch auf eine kostenlose Stornierung oder Umbuchung ihrer Reise in betroffene Regionen haben.
Wo ist das Zika-Virus verbreitet?
Inzwischen taucht das Zika-Virus auch in Europa auf. Nach Angaben des Universitätskrankenhauses im dänischen Aarhus etwa liegt dort seit kurzem ein infizierter Patient. Auch Deutschland, Großbritannien und die USA melden Infektionsfälle. Aber noch liegt der Fokus der Erkrankungen durch das Zika-Virus in Ländern Mittel- und Lateinamerikas. Dort hat sich der von Mücken übertragene Erreger in kurzer Zeit in 21 Ländern verbreitet, doch bilden Kolumbien und besonders Brasilien Schwerpunkte. In dem Land sollen aktuell 500 000 Menschen erkrankt sein.
Reise kostenlos stornieren oder umbuchen: Welche Regeln sieht das Reiserecht vor?
In der Regel sind die Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes die Grundlage dafür, dass Urlauber eine geplanten Reisen in ein Land kostenfrei stornieren oder diese umbuchen dürfen. Aber es müssen zu diesen Reisewarnungen weitere Informationen hinzukommen, die mit diesen zusammen eine „eindeutige Gefahrenlage“ in einem Land belegen.
Erst wenn die Gefahren in einem Land ausreichend belegt sind, haben Reisende einen Anspruch auf die kostenfreie Stornierung ihres geplanten Urlaubs. Denn dann sie können sich auf den Umstand der „höheren Gewalt“ berufen, nur er rechtfertigt kostenfreie Stornierungen.
Als „höhere Gewalt“ gelten Ereignisse, die von außen kommen und in keinem betrieblichen Zusammenhang zum Reiseveranstalter stehen. Unter „höhere Gewalt“ fallen zum Beispiel Epidemien, Naturkatastrophen oder politische Unruhen in einem Land.
Allerdings weisen Reiserechtsexperten darauf hin, dass es derzeit keine Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes gibt. „Außerdem muss man bei Fällen ‚höherer Gewalt‘ prüfen, wie stark diese eine Reise tatsächlich beeinträchtigen“, sagt der Rechtsanwalt Paul Degott aus Hannover, Mitglied im Deutschen Anwaltverein „DAV). „Erst wenn eine Reise durch diese Umstände stark beeinträchtigt ist oder sogar unmöglich wird, kann man sich auf den Umstand der ‚höheren Gewalt‘ berufen und von der Reise zurücktreten.“
Ob das bei dem Zika-Virus der Fall sei, sei noch nicht ausgemacht, sagt der Reiserechtsexperte Degott. Er verweist auch darauf, dass der Virus in manchen Ländern Lateinamerikas stärker verbreitet sei als in anderen. Daher sei es kaum möglich, pauschal alle Reisen kostenfrei zu stornieren, die nach Mittel- oder Südamerika geplant seien.
- Datum
- Aktualisiert am
- 11.02.2016
- Autor
- ime