In der Frage der Rückzahlung staatlicher Leistungen wie Hartz IV hat das Sozialgericht Gießen ein wichtiges Urteil gefällt. In dem von der Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilten Fall haben die hessischen Sozialrichter entschieden: Das Jobcenter kann sich nicht an den ehemals Hilfebedürftigen wenden, sondern muss von dem Rentenversicherungsträger die Erstattung der Hartz-IV-Leistungen verlangen (Urteil vom 17. November 2015, AZ: S 220 AS 590/14 PKH).
Welche Regeln gelten bei Hartz IV und Erwerbsminderungsrenten?
Der Fall im Einzelnen: Der 1984 geborene Mann erhielt unter anderem von Dezember 2012 bis April 2013 vom Jobcenter Hartz IV in Höhe von 2.952 Euro. Im April 2013 bewilligte ihm der Rentenversicherungsträger Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Nachzahlung für die Zeit von Dezember 2012 bis April 2013 betrug 3.695,61 Euro. Den Differenzbetrag von 743,61 Euro zahlte der Rentenversicherungsträger an den Mann aus.
Das Jobcenter hatte die Bewilligung des Arbeitslosengeldes II (Hartz IV) aufgehoben und einen Erstattungsanspruch gegen den Mann geltend gemacht. Aufgrund der Rentengewährung habe ihm kein Hartz IV zugestanden. Dagegen klagte der Mann.
Rückwirkend zuerkannte Erwerbsminderungsrente: Hartz IV nicht an Jobcenter zurückzahlen
Die Klage hatte Erfolg. Nach Auffassung des Gerichts folge allein aus der nachträglichen Feststellung der vollen Erwerbsminderung durch den Rentenversicherungsträger nicht, dass das Arbeitslosengeld II zu Unrecht bewilligt worden sei. Insgesamt habe der Mann schließlich Anspruch auf die Beträge. Zwar nicht gegen das Jobcenter, aber gegenüber der Rentenversicherung.
Letztlich hatte das Jobcenter die Ansprüche gegenüber dieser erfüllt. Das Jobcenter habe sich aber nicht aussuchen können, wem gegenüber es einen Erstattungsanspruch habe. Vielmehr müsse es den Ausgleich von der Rentenversicherung verlangen, also die Zahlung der Rente an das Jobcenter, soweit im selben Zeitraum Hartz IV gezahlt worden sei. Das gelte in diesem Fall besonders, da der jetzige Rentenbezieher keine Doppelleistungen erhalten habe, sondern lediglich die Differenz zwischen Rentenanspruch und Hartz IV.
Streit um Hartz-IV-Leistung: Kosten eines Gerichtsverfahrens
Wer bedürftig ist, kann Beratungshilfe verlangen. Er muss also kein Kostenrisiko bei der Durchsetzung seiner Ansprüche eingehen. Bei der Beantragung hilft ein im Sozialrecht versierter Anwalt in der Nähe.
- Datum
- Aktualisiert am
- 18.07.2016
- Autor
- red/dpa