
Abmahnanwälte arbeiten in der Regel im Auftrag eines anderen. Wenn sie den in der Abmahnung nicht erwähnen, kann der Empfänger die Abmahnung theoretisch unmittelbar entsorgen. Das Schreiben ist unwirksam – würden Juristen sagen, wenn sie ihre Mandanten versuchen, aus Abmahnungen herauszuboxen.
Gleichermaßen würden sie aber auch empfehlen, die Abmahnung nicht einfach ungeprüft zu den Akten zu legen. Darauf zu hoffen, auf das erste folge kein weiteres Schreiben „ist eine Frage Ihrer persönlichen Nervenstärke“, sagt Ulrich Schellenberg. Der Rechtsanwalt ist Vizepräsident des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Nach drei Jahren verjährt eine Abmahnung. Er habe zwar den Eindruck, dass in vielen Fällen Forderungen versandt und dann nicht weiter verfolgt würden. Schellenberg beruft sich auf die sogenannten Abmahnwellen, in denen auf Masse versucht wird, Geld von denen einzusammeln, die einfach bezahlen. Allerdings würden Mahnbescheide hin und wieder sehr wohl weiterverfolgt – „das ist durchaus ein Risiko“, sagt der Anwalt. Man müsse das Thema ernst nehmen.
Gehackte IP-Adresse
Nicht jeder Urheberrechtsverstoß wird dem angelastet, der ihn verursacht hat. Nicht jeder Abgemahnte hat sich strafbar gemacht. Neben WG-Mitbewohnern, den eigenen Kindern oder Feriengästen kommen auch Hacker als Schadensverursacher in Frage. Der Nachweis ist schwer zu erbringen – der Weg führt über die IP-Adresse, liegt aber nicht in der Verantwortung des Abgemahnten, sagt Dr. Astrid Auer-Reinsdorff. Die Rechtsanwältin ist Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Informationstechnologie und Vize-Präsidentin des DAV: „Die Beweislast trägt der Abmahnende. Der muss beweisen, dass sein Adressat mit einer bestimmten IP-Adresse unterwegs war und nicht etwa ein Hacker.“
Unterlassungserklärung nicht blind unterschreiben
Einer Abmahnung liegt im Regelfall auch eine Unterlassungserklärung bei. Schellenberg warnt davor, die ungeprüft zu unterschreiben: „Wenn sie einmal unterschrieben ist, kriegen Sie das nicht mehr aus der Welt.“ In der Folge bedürfe es manchmal nur eines dummen Zufalls, um wiederholt abgemahnt zu werden. Der dumme Zufall kann auch absehbar sein: Einige Abmahnanwälte lassen sich Unterlassungserklärungen unterschreiben, die unverhältnismäßig weit gefasst sind. „In solchen Verträgen ist dann die Rede vom ‚sämtlichen Repertoire des Verlags‘“, sagt Rechtsanwältin Auer-Reinsdorff. Ihr Kollege Schellenberg warnt: „Gegen die folgende Vertragsstrafe können Sie sich nicht mehr gut wehren, weil sie einst die Unterlassungserklärung unterschrieben haben.“
Checkliste: Wie reagieren, wenn der Ernstfall eintritt und die Abmahnung auf dem Tisch liegt? Ein schneller Überblick.
- Prüfen Sie, wer sich hinter dem Absender verbirgt. Handelt es sich um einen zugelassenen Rechtsanwalt? Herausfinden können Sie das über das Bundesweite Amtliche Anwaltsverzeichnis der Bundesrechtsanwaltskammer.
- In der Abmahnung muss der Auftraggeber des Rechtsanwalts benannt sein. Ist dem nicht so, ist das Schreiben unwirksam.
- Prüfen Sie, ob Sie den abgemahnten Verstoß gegen das Urheberrecht tatsächlich selbst begangen haben. Vielleicht steckt auch ein Hacker dahinter.
- Unterschreiben Sie die beigefügte Unterlassungserklärung auf keinen Fall ungeprüft.
Abmahnung: Warum Sie sich immer an einen Anwalt oder eine Anwältin wenden sollten
- Nur ein Anwalt oder eine Anwältin kann die beigefügte Unterlassungserklärung überprüfen und gegebenfalls eine eigene, rechtssichere aufsetzen.
- Nur ein Rechtsbeistand weiß, inwiefern der geforderte Schadensersatz angemessen ist und wie man dagegen vorgehen kann.
Wenn Sie eine Abmahnung erhalten haben, finden Sie in unserer großen Suche Ihren Anwalt oder Ihre Anwältin - auch in Ihrer Nähe.
- Datum
- Aktualisiert am
- 10.09.2015
- Autor
- kgl